Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
draußen wimmelt’s von Niggernutten. Da hätt längst mal jemand mit aufräumen sollen.«
»Meinen Sie, daß Julia Bertrand Sie befördern kann?«
»Schwingen Sie sich gefälligst aus meinem Büro.«
Ich deutete mit dem Finger auf ihn. »Sehen Sie lieber zu, daß sie bis heute nachmittag um fünf auf freiem Fuß ist. Und unterschätzen Sie nicht den Ernst der Lage, Rufus.«
»Leck
mich«, sagte er, als ich hinausging.
Ich sprach mit dem Sheriff und der Staatsanwaltschaft. Rufus hatte seine Sache gut gemacht. Er hatte einen Deputy als Zeugen dabeigehabt, als er einer Nutte Geld zuschob, weil er angeblich mit ihr nach hinten gehen wollte, hatte gewartet, bis sie die Scheine wiederum an Ruthie Jean weiterreichte, die an der Bar stand, und hatte dann sowohl die Nutte als auch Ruthie Jean festgenommen, nachdem er ihnen ihre Rechte vorgelesen hatte.
Um elf Uhr morgens bekam ich einen überraschenden Anruf.
»Was können Sie tun?« fragte Moleen.
»Ich weiß es nicht. Womöglich gar nichts«, sagte ich.
»Sie ist keine Kupplerin. Was für einen Irrsinn laßt ihr euch denn da einfallen?«
»Sie hat das Geld genommen, sie hat’s in die Kasse gelegt.«
»Sie wissen doch, wie es in solchen Läden zugeht. Sie kann doch nicht nachprüfen, ob jeder Geldschein, den sie in die Finger bekommt, sauber ist.«
»Sie wenden sich in diesem Fall an den Falschen, Moleen.«
»Aha?«
Ich sagte nichts. Ich konnte beinahe spüren, wie ihm am anderen Ende der Leitung der Kamm schwoll.
»Verdammt noch mal, Dave, hören Sie auf, mich an der Nase herumzuführen.«
»Ihre Frau war gestern hier. Ich habe ihr erklärt, daß ich für Sittlichkeitsdelikte nicht zuständig bin. Aber ich glaube, sie hat den Richtigen gefunden.«
»Wollen Sie etwa sagen ...« Er brachte den Satz nicht heraus.
»Sie wurde von Rufus Arceneaux festgenommen. Reden Sie mit ihm, Moleen. Wenn Sie in der Zwischenzeit etwas Gutes tun wollen, dann holen Sie sie auf Kaution raus.«
»Sie selbstgerechter Mistkerl.«
»Danke für den Anruf«, sagte ich und legte auf.
Als ich zur Mittagspause aus der Dienststelle kam, scherte Luke Fontenot mit seinem farblosen, qualmenden alten Spritschlucker aus den siebziger Jahren aus der Fahrspur und hielt neben mir am Straßenrand.
Er beugte sich zur Beifahrerseite und schaute mich durch das Fenster an.
»Ich hab nix mehr zu verbergen«, sagte er. »Ich muß mit Ihnen reden. Wann sin Sie wieder da?«
»Über was wollen Sie reden?«
»Er hat das Baby nicht gewollt. Deswegen is alles schiefgelaufen, schon bevor ich den Mann erschossen hab, weil er über meine Schwester hergezogen is und gleichzeitig Mister Moleen erpreßt hat.«
Ich öffnete die Wagentür und stieg ein.
»Wie wär’s mit einem Poor-Boy für uns beide?« sagte ich.
16
Hier ist die Geschichte, die Luke mir erzählte, jedenfalls so gut ich sie wiedergeben kann.
Die Bertrands hielten es wie die Großgrundbesitzer seit jeher. Sie weilten fernab von ihren Ländereien und überließen die Bewirtschaftung der Plantage einem Verwalter namens Noah Wirtz, einem Pachtbauern aus der Gegend am Red River, der je nachdem, wie es die Situation erforderte, als Farbiger durchgehen konnte oder auch nicht. Von ein paar Lehrern auf der Dorfschule einmal abgesehen, hatte Ruthie Jean, damals elf Jahre alt, kaum Kontakt zu erwachsenen Weißen gehabt, bis zu jenem dunstigen Wintermorgen, als Moleen mit seinen Freunden vom College in Springhill zum Taubenschießen auf die Plantage kam.
Er hatte am Rande des Wassergrabens gekniet, die doppelläufige Schrotflinte an den Stamm einer kahlen Platane gelehnt, und sich aus seiner Thermoskanne eine Tasse Kaffee eingegossen, während sein Hund in den abgeernteten Zuckerrohrfeldern die Vögel apportierte, die Moleen gerade geschossen hatte. Dann hatte er sich plötzlich umgedreht und bemerkt, daß sie ihn beobachtete.
Ihre kurzen Zöpfe waren mit Gummiringen zusammengehalten, ihr pummeliger Körper verschwand in einem schweren Her renwinter mantel.
»Huch, Herr im Himmel, hast du mich erschreckt«, sagte er, aber sie wußte, daß das nicht stimmte. Er zwinkerte ihr zu. »Meinen Freunden und mir ist der Kaffee ausgegangen. Kannst du zu deiner Mama gehen und fragen, ob sie uns die Kanne hier auffüllt?«
Sie nahm ihm die Thermoskanne und die Tasse aus der Hand, guckte fasziniert auf sein hübsches Gesicht und die toten Vögel in seiner Segeltuchtasche, die er wie von Zauberhand vom Himmel geholt hatte.
»Einen Moment«, sagte er,
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