Im Dunkeln der Tod
gut.«
Karin schaute ihn fragend an.
»Ich will nicht, dass du gehst, Karin, das weißt du. Deshalb möchte ich dir ein Angebot machen. Du brauchst nicht sofort zu antworten, denk erst einmal darüber nach, aber sag mir dann im Laufe der Woche, ob du meinen Vorschlag annimmst oder nicht. Okay?«
»Sicher.«
Karin sah nervös und erwartungsvoll zugleich aus.
»Ich möchte dich zur stellvertretenden Chefin der Kriminalabteilung machen, also zu meiner Stellvertreterin. Wenn ich irgendwann aufhöre, wirst du meine Nachfolgerin. Es hat hier auf der Wache noch nie eine Kriminalchefin gegeben, und da wird es doch wirklich Zeit.«
»Aber …«
»Nein, nein, ich habe durchaus noch nicht vor, aufzuhören. Aber ich bin jedenfalls so alt, dass es keinesfalls mehr als zehn Jahre dauern wird. Außerdem hat Line signalisiert, dass sie gern einige Jahre auf dem Festland arbeiten möchte, und ich bin in dieser Hinsicht ganz offen. Wenn sie sich dazu entschließt, dann gehe ich mit ihr. Die Kinder sind jetzt so groß, dass wir eine ganz andere Freiheit haben. Ich möchte eine Stellvertreterin, auf die ich mich voll und ganz verlassen kann. Und da bist du die Einzige, Karin.«
Karin starrte ihn verdutzt an. Ihre Miene zeigte nach Nervosität und Erwartung nun blankes Erstaunen. An ihrem Hals zeigten sich bereits die obligatorischen roten Flecken. Sie öffnete den Mund und schien etwas sagen zu wollen.
»Nein, bitte, Karin, sag jetzt nichts. Ich will nur, dass du dir die Sache überlegst. Ich möchte noch kurz etwas über das Gehalt sagen. Natürlich kannst du mit einer beträchtlichen Lohnerhöhung rechnen, das können wir genauer besprechen, falls du dich entscheidest, das Angebot anzunehmen. Aber damit du weißt, worum es geht, kann ich dir sagen, dass hier die Rede von mindestens siebentausend Kronen mehr pro Monat ist. Außerdem wirst du an einigen Schulungen teilnehmen, unter anderem in Betriebsführung. Und ich habe das alles auch bereits mit der Bezirkspolizeichefin geklärt. Sie möchte dich gern als stellvertretende Chefin sehen.«
»Aber Lars …«
»Lars Norrby ist mein Problem, nicht deins, Karin. Bitte, überleg es dir.«
Karin nickte stumm.
»Gut«, sagte Knutas, erleichtert, weil das Gespräch vorüber war. Er erhob sich und trat ans Fenster. Wagte kaum, sie anzusehen. Sie schwiegen eine Weile.
»Soll ich dir erzählen, was ich herausgefunden habe?«, fragte sie dann.
»Ja, tu das.«
»Am Wochenende habe ich mich über die Verbindungen von Nils Dardel nach Muramaris informiert. Die auf Valdemarsudde nach dem Diebstahl gefundene Skulptur steht im Original im Park von Muramaris, und ich wollte wissen, ob Dardel irgendeine Beziehung zu dem Anwesen hatte.«
»Kluger Gedanke«, murmelte Knutas.
»Und jetzt hör zu. Das ist nämlich so«, sagte Karin eifrig. Sie beugte sich vor und starrte ihn an. »Du weißt doch, dass Dardel homosexuell war?«
»Ich habe so was gehört – aber war er nicht verheiratet?«
»Doch, er war mit Thora Klinckowström verheiratet, und sie hatten eine Tochter, Ingrid. Dardel hatte mehrere ernsthafte Beziehungen zu Frauen. Ehe er Thora kennenlernte, war er zum Beispiel heimlich mit Nita Wallenberg verlobt, aber das ging auseinander, weil ihr Vater ihn nicht als Schwiegersohn haben wollte. Schon damals florierten die Gerüchte über seinen Alkoholismus, seine Homosexualität und seine Dekadenz, also 1917, als er neunundzwanzig Jahre alt war. Zugleich aber verliebte er sich auch in Männer. Dardel hatte eine lange, verhältnismäßig offene homosexuelle Beziehung zu seinem Freund und Förderer Rolf de Maré, dem einzigen Sohn von Ellen, der Tochter der Gräfin Wilhelmina von Hallwyl.«
»Ach? Und was hat Dardels sexuelle Veranlagung nun mit Gotland zu tun?«
Knutas hörte sich müde an – das hier war nicht so spannend, wie er gehofft hatte.
Karins Augen leuchteten. Es war nicht schwer zu sehen, dass sie vom Leben des Künstlers fasziniert war.
»Ja, also. Sagt dir Wilhelmina von Hallwyl etwas – die Erzgräfin mit dem Hallwyl’schen Palast in Stockholm?«
»Nein, von der hab ich noch nie gehört.«
»Der Palast liegt in der Hamngata genau gegenüber von Berns und dem Berzelii Park, beim Norrmalmstorg. Fantastischer Bau, die Gräfin war schwerreich und widmete ihr Leben dem Sammeln der Dinge, die heute dort ausgestellt werden, Kunst, Silber, orientalisches Porzellan, Keramik. Ich glaube, es gibt dort etwa fünfzigtausend Objekte, und sie hat das ganze Haus und die Sammlung
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