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Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Titel: Im Dunkeln sind alle Wölfe grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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würde er auf die Fahrbahn starren oder etwas zum Fahrer sagen. Ich sah fragend auf.
Ove Haugland nickte. »Hagbart Helle. Das einzige Bild, das ich habe, neueren Datums.«
Er gab mir ein anderes Foto. Ein dunkelhaariger, ernster junger Mann blickte in die Kamera, in einer Anzugjacke, die ihn ans Ende der dreißiger Jahre versetzte, und mit einem Gesichtsausdruck wie eine enttäuschte Schnecke.
»Jugendportrait.«
Ich sah von einem Bild zum anderen. Die Ähnlichkeit war nicht gerade groß, aber schließlich waren die Bilder auch im Abstand fast eines halben Jahrhunderts aufgenommen.
Ove Haugland fuhr fort: »Vor ein paar Jahren schrieb ich eine Artikelserie über unsere ausgeflaggten Reeder. Ein paar von ihnen gehören zu den reichsten der Welt, natürlich abhängig von Konjunkturen und Kriegen, aber trotzdem. Und Hagbart Helle gehört jedenfalls nicht gerade zu den Geringsten unter ihnen.«
»Auf wieviel schätzt du ihn?«
Er machte eine ausladende Handbewegung. »Wie entstand das Universum? Es wäre alles nur Vermutung. Hundert Millionen, eine Milliarde. Unmöglich zu sagen. Das wäre eine Forschungsaufgabe, die ein paar Jahre in Anspruch nähme. Du müßtest all seine Aktienposten in Gesellschaften, Firmen, Kreditinstituten und Reedereien auf der ganzen Welt durchforsten, seinen Besitz aufzählen, der sich auf mehr Länder verteilt, als du jemals gesehen hast …«
»Ohja?«
»Würde ich meinen.«
»Ich bin auf See gewesen.«
»Fahrzeuge auf mehr Meeren, als du je befahren hast, und so weiter und so weiter.«
»Er ist also – könnte man sagen – ein mächtiger Mann?«
»Wenn Geld Macht bedeutet, dann ist Hagbart Helle ein mächtiger Mann – ja, Veum.«
»Und Geld bedeutet Macht. Leider.«
»Und wie ist er so reich geworden?«
»Wie entstand das Universum? Wie …«
»Ich interessiere mich nicht für das Universum. Ich interessiere mich für …«
»Hagbart Helle.«
»Genau.«
»Aber warum, Veum?« Er beugte sich plötzlich vor und starrte mir intensiv ins Gesicht. »Warum interessierst du dich für ihn?«
Ich sah an ihm vorbei, aus dem Fenster, zu den Fenstern gegenüber. Eine Frau ging vorbei mit einer Mappe unter dem Arm. Vielleicht hatte sie die Botschaft vom Diktiergerät aufgeschrieben. Nur die Unterschrift fehlte. Die Welt wartete.
»Du hast deinen Job zu machen, Veum – wenn man es so bezeichnen kann. Ich habe meinen. Bis zum ersten September ist es nicht mehr so lange hin. Vielleicht gibst du mir die Möglichkeit, den Tag mit einer netten, kleinen Story zu begehen?«
Ich nickte. »Ich bin immer zu einem Handel bereit. Du gibst, was du hast und ich gebe das meine.«
»Also erzähl, Veum. Warum interessierst du dich für Hagbart Helle?«
»Ich interessiere mich für Namen. Es gab eine Zeit, da hieß er Hellebust, weißt du.«
Er blickte erstaunt, eine Sekunde oder zwei. Dann gewann er die Fassung wieder. »Erzähl mir lieber, worum es geht.«
»Also. Das ist eine verzwickte alte Geschichte, in die ich da zufällig hineingeraten bin. Es dreht sich um einen alten Industriebrand, vom Frühjahr 1953. Eine Fabrik, die Pfau hieß, und oben im Fjøsangervei lag. Fünfzehn Menschen kamen ums Leben, und der Fabrikbesitzer bekam eine ansehnliche Versicherungssumme ausgezahlt. Er investierte das Geld vernünftig und …«
»Ich kenne die Geschichte. Ich habe die Vorgeschichte Hagbart Helles gründlich studiert.«
»Soso. Oder Hellebusts, wie er damals also hieß.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Ein Freund von mir, ein Polizist …«
»Merkwürdige Freunde hast du.«
»Pensioniert. Er war an den Ermittlungen zu dem Fall beteiligt, zusammen mit unter anderem Konrad Fanebust.«
»Hellebust und Fanebust. Der nennt sich dann womöglich Konrad Fane, heute?«
Ich sagte: »Erzähl mir nicht, daß du nicht weißt, wer Konrad Fanebust ist, Bürgermeister von Bergen von …«
Er hob abwehrend die eine Hand. »Konrad Fanebust, bekannter Bergenser Politiker und Geschäftsmann, Bürgermeister von Bergen
1955-59, leitete die Schiffsmaklerfirma Fanebust &Wiger zusammen mit seinem Kompagnon, William Wiger, der allerdings ums Leben kam, als sein Haus abbrannte, das war wohl so ungefähr 1972-73, und hat sie danach allein geleitet.«
»Du vergaßt den Kriegshelden.«
Er legte das Gesicht in traurige Falten. »Ich vergaß den Kriegshelden. Konrad Fanebust, bekannter Bergenser Kriegsheld aus den tapferen Kämpfen am Sørfjord im April 1940 …«
»Danke, das reicht.«
»Also dann, zurück zu Helle. Willst du noch mehr wissen? Hast

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