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Im Dutzend phantastischer

Im Dutzend phantastischer

Titel: Im Dutzend phantastischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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Zeremonien. Sie gaben sich das Ja-Wort am Fuße des Kindness Stones und küssten, nach einer Kletterpartie, erst das kalte Gestein, dann die warmen Lippen des Anderen. Sie liebten sich sehr. Aber wie das mit der Liebe ist, den Schlössern und den Geschichten – die Liebe geht oft seltsame Wege.
     
    In ihrer Hochzeitsnacht liebten sie sich in dem romantischen Himmelbett. Aus diesem Akt der Liebe sollte neun Monate später ein Baby geboren werden. Doch bis dahin würde sich Mary fürchten müssen und viele Tränen vergießen.
    Am nächsten Morgen war John verschwunden. Mary rief nach ihrem Liebsten, lauter und lauter, bis sein Name von den hohen Wänden zurückhallte. Sie fror, eine eisige Kälte breitete sich im Zimmer aus, als hätte jemand ein Fenster geöffnet. Doch der Raum war fensterlos und im Kamin flackerte ein Feuer. Nur zu Mary drang es nicht vor. Sie fürchtete sich. Zitternd zog sie die Decke höher, als sich   die eiserne Klinke der schweren Holztür bewegte. Dann erkannte sie den Eindringling und lächelte erleichtert. Die Kälte schien schlagartig verschwunden. Sie ließ die Decke sinken. Mary gab einen makellosen Körper preis und John, der ein Tablett mit Brötchen, Saft und Kaffee ins Zimmer trug, vergaß das Frühstück. Einige Zeit später, der Kaffee war längst kalt, saßen sie aneinander geschmiegt im Bett und knabberten an einem Brötchen. Hunger hatten sie beide kaum.
    »Warum hast du eben so laut geschrien?«, fragte John.
    Keck fragte sie zurück: »Was meinst du mit eben?«
    John räusperte sich und sagte mit belegter Stimme: »Als ich das Frühstück geholt habe.«
    »Du warst weg, es war so kalt und ich hatte Angst. Es war ein seltsames Gefühl.«
    »Das alte Gemäuer, die hohen Wände, draußen Winter. Das Feuer im Kamin habe ich erst angezündet, bevor ich in die Stadt gefahren bin, um Brötchen zu holen. Mach dir keine Sorgen. Hier ist alles in Ordnung.«
    Beleidigt verschränkte Mary ihre Arme über der Brust. »Es war nicht kalt wegen des Gemäuers oder weil es draußen kalt war. Es fühlte sich unnatürlich an. Aber du verstehst mich ja eh nicht.«
    »Komm her. Ich wärme dich.« Mary ziemte sich noch ein bisschen, doch dann konnte sie den Verführungen ihres Mannes nicht wiederstehen.
    Nach einer Weile trennten sich die beiden frisch Vermählten voneinander und verließen das gemeinsame nächtliche Lager. Sie wuschen sich mit einer Schüssel heißem Wasser, das sie auf einem Campingkocher erwärmt hatten, kleideten sich an und gingen auf Entdeckungsreise.
    »Ich habe noch ein Geschenk für dich!«, flüsterte John.
    »Du hast mir doch schon genug Geschenke gemacht, Liebster!«
    »Es sollte aber noch etwas Besonderes für dich sein.«
    »Du machst mich neugierig. Was ist es?«
    »Erst einen Kuss.«
    »Elender Erpresser!«
    Sie lachte und küsste ihn auf den Mundwinkel, doch John forderte mehr. Mary erwiderte seine aufbrausende Zärtlichkeit. Außer Atem ließen sie voneinander und Mary wollte wissen: »Und? Was ist es?«
    »Nun, wie gefällt es dir hier?«
    »Wie meinst du das?«
    »Gefällt dir das Schloss?«
    »Natürlich, es ist toll. Geheimnisvoll, gruselig, romantisch. Warum?«
    »Ich habe einen Teil gekauft.«
    Für einen Moment war Mary sprachlos. Dann fühlte sie sich verraten und Wut wischte das Glück fort.
    »Du hast einen Teil davon gekauft? Hätten wir das nicht gemeinsam besprechen müssen? Ich will hier nicht hin!«
    Enttäuscht drehte sie sich weg und rannte den Weg zurück, den sie eben noch Hand in Hand gegangen waren.
    »Baby, warte! Ich dachte, du würdest dich darüber freuen.«
    »Freuen? Das ist wohl ein Scherz!«, rief sie zurück.
    Sie weinte. Ärgerlich wischte sie sich mit dem Ärmel über das Gesicht. John holte sie ein, packte sie am Oberarm und drehte sie zu sich. Sein Gesicht spiegelte eine Wut wider, die Mary bisher nicht an ihm gekannt hatte. Er drohte ihr mit der erhobenen Hand, doch er beruhigte sich, ballte seine Hände zu Fäusten und versteckte sie in den Hosentaschen. »Ich wollte dir damit eine Freude machen. Und du heulst hier rum. Weißt du, was das gekostet hat?«
    »Nein, aber genau deshalb hättest du mich fragen können!«, schrie Mary ihn an. Sie rannte in den Garten hinaus.
    Trotz der Kälte hatten sich Touristen eingefunden und betrachteten den Kindness-Stone. Erst gestern hatten sich John und Mary ewige Treue und Liebe geschworen; besiegelt mit dem Kuss der Liebe, in der Hoffnung und der absoluten Gewissheit, wie es nur frisch

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