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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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mittelalterlichen Schlosses, das im sechzehnten Jahrhundert den Herren von Villanders, einem Tiroler Adelsgeschlecht, gehört hatte.
    »Du hast gesagt, die Goldschmiede arbeite gut und habe über hundert Beschäftigte«, bemerkte Laurenti, nachdem sie bestellt hatten. »Welches Motiv hätte also dieser Igor Agim, Spechtenhauser aus dem Weg zu schaffen?«
    »Ich habe nicht behauptet, dass er es war. Zwei meiner Cousinen aus Novigrad haben dort vor einigen Jahren Arbeit gefunden, gleich als der Betrieb eröffnet wurde. Außer Immobilienspekulation, Gastronomie, Hotellerie und Landwirtschaft gibt es in Istrien wenig andere Einnahmequellen. Doch was gibt es Neues von diesem Goldraub auf der A4?«
    »Die Wahrscheinlichkeit im Lotto zu gewinnen ist größer, als einen Zusammenhang mit dem Mord herzustellen. Eineinhalb Tonnen Gold schmuggelt man nicht …«
    »… wie Zigaretten. Stimmt. Aber nichts ist unmöglich. Das Volumen ist nicht besonders groß. Und Experten dafür findest du, so viele du willst. Jeder, der an einer Grenze lebt, ist ein Schmuggler.«
    »Wenn ich den Fall am Hals hätte, würde ich mich dafür interessieren, ob diese Aurum d.o.o. manchmal auch unverarbeitetes Gold nach Italien zurückschickt. Oder bei euch in die Zentralbank liefert«, sagte Laurenti. »Wenn man Gold umschmilzt, wird jede Spur seiner Herkunft vernichtet. Wer weiß schon, was in diesem Laden alles verarbeitet wird.«
    »Ein interessanter Gedanke, aber eine Goldschmiede ist keine Gießerei«, pflichtete Živa bei. »Goldbarren tragen Seriennummern und Prägestempel.«
    »Profis werden damit kaum Mühe haben. Die vielen Goldaufkäufer, bei denen Privatleute ihr letztes Hab und Gut verhökern, schmelzen das Zeug oft genug selbst ein, bevor sie es in Barrenform zur Nationalbank bringen.«
    »Ich werde es den Kollegen weitergeben.«
    Laurenti beglich die Rechnung. »Was hältst du von einem Spaziergang am Fluss entlang?«
     
    »Endlich eine gute Nachricht«, rief Einstein, wedelte mit der Zeitung und griff so abrupt zum Telefon, um die Nummer der Suite nebenan zu wählen, dass das Tablett mit dem opulenten Frühstück auf dem Bett bedrohlich wackelte.
    Nur dank des beherzten Griffs von Titti schwappten Champagner und Kaffee nicht über, dafür rutschte der Bademantel von ihren schmalen Schultern. »Pass auf«, rief sie, und ihr seidiges Haar fiel wie ein Vorhang über ihr Gesicht.
    »Hast du heute schon die Zeitung gelesen, Robert? Nein? Dann lass sie dir gleich aufs Zimmer bringen. Erinnerst du dich an den idyllischen Ort, an dem du die letzten Jahre ausgespannt hast und wo wir uns kennenlernten?«
    »Meinst du diesen Luftkurort am Fuß der Karnischen Alpen? Das Grandhotel in Tolmezzo.«
    »Die Bullen von der Polizia di Stato haben dort einen Maresciallo der Carabinieri wegen Drogenhandel eingelocht und daraufhin auch noch seine Dienststelle durchsucht. In flagranti erwischt, als der Kommandant das Geld für beschlagnahmten Stoff kassierte, den er von einem Pusher hatte verhökern lassen. Immerhin siebenhundert Gramm Gras und vierzig Gramm Koks.«
    »Das steigert die Laune zwischen den Behörden mächtig.«
    »Ich brauchte Geld, soll er gesagt haben. Wirtschaftliche Probleme.«
    »Ein ehrbares Motiv«, sagte der Direktor. »Was machen wir heute?«
    »Das besprechen wir bei einem Spaziergang, nicht am Telefon«, sagte Einstein, der die Seite umschlug und kurz verstummte. »Lass dir die Zeitung auf jeden Fall bringen«, knurrte er. »Es gibt auch eine schlechte Nachricht. Einer unserer Männer, mit Bild. Wir sehen uns in einer halben Stunde.«
    Das Blatt berichtete, dass ein Münchner Taxifahrer Johann Pixner in den Nachrichten erkannt habe. Er hatte den Mann nach Rosenheim gebracht. Seine Spur habe sich dann in Salzburg verloren. Man rechne damit, dass Pixner sich noch immer in Österreich aufhalte und vermutlich ohne gültige Papiere unterwegs sei, sofern er sich in der Zwischenzeit keinen gefälschten Ausweis beschaffen konnte. Ein arbeitsloser, gewalttätiger Metzgergeselle mit Vorstrafen wegen Körperverletzung und schwerem Raub. Es wurde dringend angeraten, sich ihm nicht selbst zu nähern, sondern sofort die Polizei zu verständigen.
    »Schwer übertrieben«, murmelte Einstein. »Der Schwachkopf schlägt nur zu, wenn er andere auf seiner Seite weiß.«
    Wütend blätterte er die Zeitungen durch, die der Kellner mit dem Frühstück heraufgebracht hatte. Die Meldungen glichen sich wie ein Ei dem anderen und entstammten offensichtlich

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