Im eigenen Schatten
im Büro durch. Euer Vater hat mich als Testamentsvollstrecker eingesetzt, kurz bevor Trudi und Magda geboren wurden. Wenn es also Gründe zur Unzufriedenheit gibt, dann streitet bitte nicht unter euch, sondern mit mir. Aber das meiste hat Franz ohnehin klar geregelt.«
Der Alte verstummte, als der Kellner die Flasche brachte, verkostete den Wein und wartete schweigend, bis eingeschenkt worden war.
»Zuvor aber müssen wir über etwas anderes reden. Der Commissario hat mich gestern morgen besucht und sich ausgiebig nach eurem Vater erkundigt. Und er hat gesagt, es gäbe nicht den geringsten Zweifel daran, dass Franz alles andere als zufällig abgestürzt ist. Sprengstoff. Jemand, der seine Reisepläne kannte und wusste, welches Flugzeug er besteigen würde, hat nachgeholfen.«
Der Spaltkopf ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Außer Nick zeigte keiner einen Ausdruck des Erstaunens. Er wusste, dass dies nicht viel bedeutete. Donna Rita hatte sich seit eh und je eisern im Griff, das Gesicht des Anwalts wäre als Berufskrankheit durchgegangen, und die Zwillinge hätten ohnehin jede Pokerpartie gewonnen. Aber sie waren schon von Commissario Laurenti informiert worden.
»Viel mehr Personen, als die hier am Tisch versammelten, kommen kaum dafür in Frage. Die Aufteilung des Nachlasses wird erst vorgenommen, wenn die Hintergründe geklärt sind.«
»Entschuldige, Gundolf, aber da ist noch etwas«, unterbrach ihn Gertraud. »Die Polizei hat Vaters Haus durchsucht. Gestern Nachmittag. Die Haushälterin hat ihnen geöffnet und mich gleich verständigt. Ich bin sofort hingefahren.«
Außer ihrer Schwester, mit der sie bis zu diesem Treffen Stillschweigen vereinbart hatte, schienen diesmal alle wie vom Blitz getroffen. Der Anwalt richtete sich abrupt auf, doch kam er nicht zu Wort.
»Wer? Commissario Laurenti?« Mosers Frage kam wie aus der Pistole geschossen.
»Eine seiner Inspektorinnen. Sie hat Laurentis Wagen gefahren, als er zum Empfang kam, und ist die ganze Zeit auf dem Gelände herumgeschlichen, als suche sie etwas. So hat es zumindest das Personal beschrieben. Eine sehr kleine Frau, kurzes schwarzes Haar, Muskeln wie Popeye und völlig unbeeindruckbar. Weder hat sie meine Fragen beantwortet, noch hat sie sich irgendwie einschüchtern lassen. Sie hat mir lediglich den Durchsuchungsbefehl ausgehändigt und mich dann vor die Tür gesetzt, obgleich ja ich ab jetzt die rechtmäßige Eigentümerin des Anwesens bin.«
»Wer, du?« Nick stellte sein leeres Glas so harsch auf den Tisch, dass dessen Stil brach, und starrte sie mit offenem Mund an.
»Keine Sorge, das geht alles mit rechten Dingen zu.« Magdalena sprang ihrer Schwester sofort zur Seite. »Vater hat es schon vor fünf Jahren so bestimmt; du hast ja nicht mehr mit ihm geredet. Frag deine Mutter nach der Verteilung; Rita hat deine Interessen bestens vertreten. Außerdem fällt auch das in die Verantwortung des Testamentvollstreckers.«
Moser begnügte sich damit, schweigend beizupflichten. Auch Donna Rita nickte entschieden, worauf Nick verstummte. Gegenüber allem, was seinen Vater betraf, hatte er sich trotzig verweigert. In Gedanken hatte er lediglich dem fernen Tag nach dem Ableben des Alten entgegengeharrt, mit dem er endlich ein freier Mann sein würde.
»Warum hast du mich nicht angerufen?«, fragte Ernesto Galimberti einen Tonfall zu eifrig. »Ich hätte der den Marsch geblasen. Du hattest ein Recht, dabei zu sein. Haben sie etwas mitgenommen? Hast du eine Quittung dafür erhalten?«
»Ich habe mich mit Magda verständigt, und wir haben beschlossen, nicht einzugreifen. Sie haben Vaters Computer konfisziert, seine Telefone, die Aktentasche, ein paar Unterlagen in einer Schachtel und komischerweise eine ganze Menge leerer Weinflaschen, welche die Haushälterin noch nicht entsorgt hatte. Nach zwei Stunden waren sie wieder weg, das Haus allerdings haben sie versiegelt. Den Haupteingang. An der Tür zur Terrasse hing kein Schild. Nachdem sie abgerückt waren, bin ich dort hineingegangen, um mir die Bescherung genauer anzusehen. Aber sie haben kaum Unordnung hinterlassen, es stand fast alles wieder am alten Platz.«
Sie warf ihrer Schwester einen vielsagenden Blick zu. In Anbetracht der Reaktion ihres Halbbruders erwähnte sie den unterm Parkett im Fußboden eingelassenen Panzerschrank besser nicht, den die Polizisten nicht gefunden hatten. Als sie nach dem Flugzeugabsturz zusammen ins Haus gegangen waren, hatten Magda und Trudi die
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