Im eigenen Schatten
die Zeit. Während wir mit bürokratischen Hürden kämpfen, die für keinen Gangster gelten.«
Chefinspektorin Innocenza D’Ignoto meldete sich. Die Müdigkeit zeichnete ihr Gesicht. Seit Freitag hatte sie nur wenig und hastig gegessen und fast ununterbrochen, mit Wachsstöpseln in den Ohren, vor dem Computer und den drei Bildschirmen gesessen. Mit ihren beiden Kindern zu Hause in Padua hatte sie während der letzten drei Tage nur zweimal kurz telefoniert. Als eine der wenigen im Hangar trug sie Uniform. »Meines Erachtens haben sieben Männer im Flugzeug gesessen. Jagoš Dobrilo heißt der Letzte. Ein Serbe, 1969 geboren in Novi Sad, Bäcker mit gültiger Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Gorizia. Er hat mehrfach in Untersuchungshaft gesessen, Verdacht auf Waffenschmuggel, der ihm allerdings nie beweiskräftig angelastet werden konnte. Er ist ein Bekannter von Giuseppe Tomasin. Das geht aus früheren Abhörprotokollen hervor, laut derer sie sich mittels Codes über Waffengeschäfte unterhielten. Er wurde nie verurteilt. Von München ist er direkt nach Belgrad weitergeflogen.«
»Und da er kein international gesuchter Kriegsverbrecher ist, werden wir ihn schwerlich zu fassen bekommen. Das können aber längst nicht alle Beteiligten sein«, ergriff Malannino das Wort. »Durchschnittlich einmal im Monat finden Goldtransporte nach Istrien statt. Ein florierendes Geschäft aufgrund der niedrigeren Lohnkosten in Kroatien, wo die Ware verarbeitet und am Ende exportiert wird. Die Aurum d.o.o. stellt Schmuck für einige westeuropäische Ladenketten her, die auf fast allen Flughäfen einen Shop haben, für Geschäftsreisende, die kurzfristig den Abschluss eines Geschäfts mit den Partnern im Bordell gefeiert haben und sich am Flughafen daran erinnern, dass sie verheiratet sind. Ein Goldkettchen für die Gemahlin.«
»Ein florierendes Geschäft«, raunzte Sandro Pennacchi. »Wem gehört das Unternehmen?«
»Mehrheitsgesellschafter ist ein Franz Xaver Spechtenhauser.« Der neununddreißigjährige Tenente Bernardino Cornacchia hatte mehrere Ticks, unter anderem warf er immer wieder vogelartig den Kopf abrupt nach hinten, während er sprach. Nur zu Hause oder wenn er allein am Schreibtisch arbeitete, vergaß es der Experte der Finanzpolizei bisweilen. Und wenn der Mann sprach, neigte er dazu, immer wieder die gleichen Worte zu wiederholen. »Der offizielle Handelsregisterauszug aus Kroatien müsste heute Nachmittag eintreffen. Demzufolge ist der Hauptgesellschafter dieser Südtiroler, der Senator in Rom bis 1992 war, er ist wohnhaft in einer kleinen Gemeinde auf dem Karst, demzufolge ist auch der Hauptsitz seiner Firma hier. Auf dem halben Weg nach Grado. Er wurde am Freitagmorgen beerdigt. Ich habe die beiden Töchter vernommen, die seine Geschäfte weiterführen. Demzufolge ergebnislos. Beide haben ausgesagt, dass sie weder von dem Goldtransport wüssten, noch über Einzelheiten der Aurum d.o.o. im Bilde seien. Demzufolge hat das Ministerium heute früh bei den kroatischen Behörden Druck gemacht. Eine Durchsuchung des Betriebs müsste demzufolge bald stattfinden. Dieser Spechtenhauser ist aber vor zehn Tagen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Die Ermittlungen sind in der Hand der Staatsanwaltschaft Triest und werden demzufolge von einem Kollegen der dortigen Questura geleitet.«
»Welche Ermittlungen?«, fragte Malannino.
»Sprengstoff.« Cornacchia warf abrupt den Kopf zurück. »Die Firma und die Beteiligungen werde ich demzufolge bis ins letzte Detail durchleuchten. Und Sie sollten vielleicht mal mit den Kollegen in Triest sprechen, Ermittlungsrichter.«
»Demzufolge wir von denen Genaueres darüber erfahren könnten.« Malannino hob mit leichtem Grinsen die Hand. »Die Geschichte bekommt langsam einen Zusammenhang, Signori. Über die Trauerfeier für diesen Spechtenhauser wurde in den Fernsehnachrichten berichtet, selbst der Premierminister war dort. Ich fresse einen Besen, wenn der Zeitpunkt des Überfalls nicht bewusst gewählt wurde.«
»Eine unsichtbare Regie hinter beiden Taten?«, unterbrach ihn Sandro Pennacchi. »Ich halte nicht besonders viel von Verschwörungstheorien. Die führen meist auf falsche Fährten.«
»Wollen Sie es ausschließen?«, fragte Malannino. »Wie heißt der ermittelnde Beamte in Triest?«
Cornacchia warf den Kopf in den Nacken und blätterte in den Unterlagen. »Vicequestore aggiunto Laurenti, Proteo.«
»Mit diesem Laurenti habe ich bereits telefoniert«, sagte
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