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Im Fadenkreuz der Angst

Im Fadenkreuz der Angst

Titel: Im Fadenkreuz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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deine Mutter mitkommt? Sie kennt seine Freunde von früher. Außerdem – warum steht das Spiel der Jays immer noch in seinem Kalender?
    Wer weiß? Vielleicht wollte er, dass sein Freund mitkommt, hat aber keine Karte mehr für ihn bekommen. Er musste sein Gesicht wahren.
    Indem er dich ausbootet? Komm schon, Sami. Entweder hat dein Vater eine Affäre oder er liebt dich nicht.
    Doch, er liebt mich.
    Wann hat er dir das gesagt?
    Das muss er nicht sagen.
    Und wann hast du es das letzte Mal gespürt? Dieser Vater-Sohn-Ausflug war eine Idee deiner Mutter – nicht seine – und das weißt du. Du bist eine Schande für ihn. Du verstößt gegen seine Regeln. Du lachst ihn aus. Du spionierst ihm nach. Was bist du für ein Sohn? Kein Wunder, dass er dich hasst.
     
    Nach dem Abendessen fahren wir zum Kino.
    Das Multiplex ist rappelvoll. Es gibt nur ganz vorne drei zusammenhängende Plätze, weiter hinten aber zwei gute am Gang. Ich schlage vor, dass Andy und Marty sich dahin setzen sollen. »Stelze braucht Platz für die Beine.« Ich zwinkere Marty zu und setze mich ein paar Reihen dahinter.
    Kaum bin ich alleine, fange ich an zu grübeln, ob ichwirklich die dritte Nummer anrufen soll. Wer weiß, worauf ich mich da einlasse. Ich sollte mir das aus dem Kopf schlagen, aus dem Kopf schlagen, aus dem Kopf schlagen. Aber es geht nicht. Der Gedanke quält mich wie ein Jucken, an das ich nicht rankomme.
    Die Telefone befinden sich neben dem Tresen mit dem Knabberzeug und den Getränken. Ich sage den Jungs, dass ich Popcorn holen gehe und ihnen was mitbringe. Ich möchte nicht, dass sie mich telefonieren sehen. Sie würden wissen wollen, warum ich nicht mein Handy nehme.
    Kaum bin ich aus dem Kinosaal, ziehe ich mir meine Kapuze über. Das ist doch völlig beknackt, oder? Ich meine, wer wird schon wissen wollen, ob ich telefoniere? Aber mir ist, als würde über mir in Neonleuchtschrift blinken: VATERVERRÄTER!
    Die Telefone sind gleich neben den Toiletten. Ich schlage einen Bogen und nehme den Apparat ganz außen, der nicht von den Videokameras über der Kasse erfasst wird. Werden Spione auch irgendwann paranoid?
    Ich weiß die Nummer auswendig, trotzdem ziehe ich den Zettel aus meiner Tasche und gucke drauf.
    Ich wähle. Der Apparat will Geld. Gut, dass ich die Dose mit dem Kleingeld in den Rucksack gepackt habe. Ich stecke einen Haufen Vierteldollarmünzen hinein.
    Das Freizeichen ertönt. Meine Schläfen brennen. Meine Hände zittern. Jeden Moment werde ich die Stimme der Freundin meines Vaters hören. Was soll ich sagen, wenn sie dran ist?
    Ich gerate in Panik. Hänge den Hörer ein. Die zurückgegebenenMünzen füllen die ganze Wechselgeldausgabe. Einige fallen auf den Boden. Ich sammele sie auf und rede mir gut zu.
    Wenn die Frau ans Telefon geht, werde ich fragen, ob ich Dr.   Sabiri sprechen kann. Falls es ein Problem gibt, also ein eifersüchtiger Ehemann im Hintergrund ist oder so, dann sage ich, Entschuldigung, hab mich verwählt. Wenn die Frau Dad ans Telefon holt, lege ich auf.
    Ich wähle noch einmal. Höre es klingeln. Hänge sofort ein.
    Was bin ich für ein Schwachkopf.
    Ich warte lieber ein paar Minuten, bevor ich noch einmal anrufe. Wenn jetzt jemand rangeht, dann wird er oder sie stinkig sein wegen der Anrufe vorher. Ich drehe mein Gesicht von den Überwachungskameras weg und stelle mich beim Popcorn an.
    Als ich Andy und Marty ihre Getränke und ihr Knabberzeug bringe, fängt die Werbung an.
    »Ich muss mal aufs Klo«, flüstere ich – als würde die das interessieren. Ich renne zurück ins Foyer. An der Telefonsäule steht ein Mann. Er geht nicht weg. Ich verschiebe den Anruf auf später.
    Zweimal gehe ich während der Vorstellung raus, aber immer ist jemand bei den Telefonen. Als unser Film zu Ende ist, ist es im Foyer so voll, dass mir nichts anderes übrig bleibt, als mich mit der Menge raustreiben zu lassen.
     
    Einen Tag später, am Sonntagmorgen, fahre ich mit Mom nach Rochester zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung unserer Moschee. Während Mom sich unterhält,gehe ich nach oben in den Vorsaal. Dort ist niemand. Ich gehe zu den Telefonen rechts vom Männereingang. Ich wähle. Werfe die Münzen rein. Halte mich an der Verkleidung des Telefons fest, damit ich nicht wieder aufgebe.
    Nach zweimal Klingeln die forsche Stimme einer Frau, Mitte zwanzig. »Es ist niemand hier. Du weißt, was du tun musst.« Piep.
    Ich lege auf. Gehe auf die Toilette. Kühle mein Gesicht mit eiskaltem Wasser.
    Die Stimme in

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