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Im Fadenkreuz der Angst

Im Fadenkreuz der Angst

Titel: Im Fadenkreuz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gelogen. Aber die ganze Wahrheit ist es auch nicht.
    »Da bin ich aber stolz auf dich.« Mom lächelt. »Du hattest den Mut, eine unbequeme Entscheidung zu treffen.« Sie streicht mir über die Wange, als wäre ich ein kleines Kind. »Scheint so, als wärt ihr Jungs wieder ein Stück erwachsener geworden. Da brauchenwir uns ja nicht mehr so viele Sorgen zu machen.«
    Super. Aber leider fühle ich mich eher wie ein verlogenes Stück Scheiße.
    Ich gehe runter, packe aus und setze mich an meinen Computer. Andy und Marty sind schon online. Marty hat zu Hause gesagt, wir seien früher zurück, weil die Klärgrube voll war. Nett. Andy tut es leid, dass er so durchgedreht ist, und wünscht, wir wären geblieben. Jetzt hockt er alleine zu Hause und kann nicht aufhören mit Grübeln, ratet mal, worüber. »Habt ihr Lust herzukommen? Bisschen schwimmen? Die Heizung läuft, das Wasser ist warm. Und hinterher können wir ins Kino gehen.«
    Ich ziehe die Badehose unter und schnappe mir ein Handtuch. Schwimmen, mehr will ich nicht. Aber die Schlange in meinem Ohr hört nicht auf, mir einzuflüstern, dass Dad eine Freundin haben könnte.
Die Anrufliste auf seinem Handy. Guck doch mal, ob es Gespräche mit einer fremden Frau in Toronto gibt.
    Sei nicht blöd. Gibt es nicht.
    Aber warum nicht auf Nummer sicher gehen?
    Ich gehe zurück zu meinem Computer. Dads elektronische Rechnungen sind auf seinem Yahoo- E-Mail -Konto. Da bin ich im Nu drin. Vor einer Weile hat er Mom und mir Fotos gezeigt, die Mr Ibrahim, einer seiner Freunde aus der Gemeinde, bei seiner Reise nach Mekka gemacht hat. Ich habe zugeguckt, wie Dad seinen Usernamen eingegeben hat: Arman 158 – sein Vorname plus unsere Hausnummer. Und seinPasswort: NAREHET – Teheran, die Stadt, in der er geboren ist, rückwärts geschrieben.
    In seinem Posteingang sind unzählige Nachrichten. Ich sortiere meine Mails auch nie, damit Dad nicht die üblen Links von den Jungs findet, falls er mal heimlich reinguckt.
    Die Schlange in mir regt sich wieder:
Macht dein Vater das auch so? Sachen verstecken, damit er sie behalten kann?
    Nein. Bloß weil ich Geheimnisse habe, muss er nicht auch welche haben.
    Ich will jetzt Schluss machen, mich ausloggen, aber meine Finger tippen AT&T ins Suchfenster. Und schon sind Dads Telefonrechnungen da. Ich suche nach Toronto. Allah vergib mir. Meinem Vater hinterherspionieren. Das ist Sünde.
    Ist es nicht. Du willst nur deine Mutter schützen.
    Wie denn? Indem ich denke, Dad betrügt sie?
    Wenn er das nicht tut, ist doch alles gut, oder?
    Nein. Ich tue ihm Unrecht!
    Wer wird das denn wissen?
    Ich. Ich werde es wissen.
    Das ist dein gutes Recht.
    Aber ich werde es trotzdem nicht erfahren. Wenn die Frau nicht aus Toronto ist – also, wenn sie auch bloß zu der Konferenz anreist – könnte sie von überall her sein. In dem Fall würden seine Anrufe nicht nach Toronto gehen. Dann wäre jeder Anruf in eine andere Stadt verdächtig. Und wenn sie sich per E-Mail verabredet haben, dann müsste ich jede seiner Millionen Nachrichten checken.
    Stimmt. Und wenn dein Vater sogar noch eine zweite E-Mail -Adresse hat, von der du nichts weißt? Oder wenn sie sich per SMS verständigen?
    Ahhhh! Ich möchte mir die Schlange aus dem Kopf reißen. Aber schon hat sie wieder zugeschlagen.
    Auf dem Bildschirm erscheinen drei Nummern aus Toronto. Ist eine davon die der Frau? Ich schreibe sie mir ab und ohrfeige mich dafür. Warum muss ich Dad hinterherspionieren? Ich hätte so tun können, als wäre alles okay. Aber das geht nicht mehr. Jetzt
muss
ich wissen, wer sich hinter diesen Nummern verbirgt, sonst werde ich wahnsinnig.
    Von hier aus kann ich nicht anrufen: Dad bezahlt meine Handyrechnung, er würde rausfinden, was ich getan habe. Ich kann mir auch nicht Andys oder Martys Handy leihen: Ich möchte nicht, dass sie erfahren, welchen Verdacht ich habe.
    Moment mal, ich weiß. Heute Abend, wenn ich mit den Jungs ins Kino gehe, kann ich während der Werbung rausgehen und von einem öffentlichen Telefon aus anrufen.
    Ich fahre meinen Computer runter, schnappe mein Handtuch und renne nach unten. »Ich geh rüber zu Andy zum Schwimmen!«, rufe ich Mom zu, die im Wohnzimmer sitzt.
    »Viel Spaß!«, ruft sie zurück. Sie putzt sich laut die Nase. Kein Wunder, sie guckt
Kinder des Himmels
.
    Ich stoße die Haustür auf. Plötzlich ein Geistesblitz. Auf Dads Computer wird es eine Datei zu der Konferenz in Toronto geben. Da stehen garantiert die Adressen und Telefonnummern der

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