Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
Gesichtsfeld auf. Ich musste mehrfach blinzeln, bis ich erkannte, dass es Vlads Gesicht war. Seine Bartstoppeln waren dichter als sonst und sein Haar an manchen Stellen klumpig und steif. Leute, die eine Nacht durchgezecht hatten, wirkten manchmal so aufgelöst, aber ich war überrascht, dass Vlad aussah, als hätte er zu tief in die Tequila-Flasche geguckt. Und – schnupper – ER war es, der nach Blut roch? Was war da los?
»Dad, Leila ist wach!«
Gretchens erregte Stimme klang schneidend. Auch die Trommeln wurden lauter, ihre Schläge überlagerten sich, als hätten sich noch mehr Leute der Band angeschlossen. Ich stöhnte und schloss die Augen. Bitte, sie sollen aufhören!
»Geht, beide«, befahl Vlad. »Das ist zu viel für sie.«
»Sie ist meine Tochter, also gehst du «, brüllte mein Vater.
Jetzt öffnete ich die Augen – Hugh Dalton hob selten die Stimme. Störte sich denn niemand daran, dass diese verdammte Band ihre normalen Trommeln gegen Steel Drums eingetauscht hatte?
»Geht. Sofort«, bellte Vlad mit grün aufleuchtenden Augen.
Eigentlich hätte ich dagegen protestieren sollen, dass er meine Familie hypnotisieren wollte, doch da bemerkte ich noch drei Dinge. Was ich anfangs für silberne Äste gehalten hatte, waren eigentlich Infusionsständer, ich trug neue Gummihandschuhe, und als mein Vater und Gretchen wortlos den Raum verlassen hatten, kam das einzige Trommeln, das ich hörte, aus meiner eigenen Brust.
»Was ist los?«, fragte ich und fuhr beim Dröhnen meiner eigenen Stimme zusammen. »Und warum siehst du aus, als hättest du dich auf dem Boden eines Schlachthofs gewälzt?«, fügte ich hinzu, schockiert, als meine Stimme bei dem Versuch zu flüstern nicht weniger laut klang.
Vlad starrte mich an, und der unnachgiebige Gesichtsausdruck, mit dem er eben noch meine Familie bedacht hatte, wurde zu etwas, das ich nur als zärtliches Missfallen interpretieren konnte.
»Ich sehe so aus, weil du in meinen Armen verblutet bist und ich mich noch nicht umgezogen habe.«
Mir klappte der Unterkiefer runter. »Ich war tot? Und warum muss ich jetzt so brüllen?«
Ein ganz leises Lächeln huschte über sein Gesicht. »Du brüllst nicht. Ich habe dir so viel von meinem Blut verabreicht, dass deine Sinne überstimuliert sind. Deshalb hast du deinen Herzschlag für Trommelschläge gehalten und den deines Vaters und deiner Schwester auch.«
Ich warf noch einen Blick auf die Infusionsständer. An einem hing ein Beutel mit klarer Flüssigkeit, aber in dem anderen befand sich etwas Rotes, Dickflüssiges.
»Ich bekomme immer noch Blutinfusionen?«, frag-brüllte ich.
»Du bist gerade erst aus dem Koma erwacht«, antwortete er ruhig.
Ich war gestorben und hatte im Koma gelegen? Konnte es noch schlimmer kommen?
»Wie lange?«, fragte ich so leise wie möglich.
Vlad lehnte sich in seinem Sessel zurück und trommelte mit den Fingern auf die Armlehne, während seine Augenfarbe von poliertem Kupfer zu grellem Smaragdgrün wechselte.
»Das Koma? Drei Tage. Tot? Sechs Minuten, vierzig Sekunden.«
Ich brauchte keine Turbosinne, um die mühsam unterdrückte Wut in seiner Stimme zu hören und den Grund dafür zu erahnen.
»Vlad …«
»Nicht.«
Nur ein Wort, aber es hallte in dem Raum, den ich jetzt als ziemlich chaotisches Krankenhauszimmer erkannte. In der Ecke stand ein leicht angesengter Defibrillator, Injektionsnadeln lagen auf einem Tisch verstreut, und ein geschwärztes EKG -Gerät lag umgekippt neben der Tür.
»Wenn du das nächste Mal das Bedürfnis verspürst, deine Fähigkeiten überzustrapazieren, erinnerst du dich an Folgendes«, fuhr er in dem gleichen stahlharten Tonfall fort. »Ich werde dich zurückholen, mit allen Mitteln. Wenn dir also deine Menschlichkeit lieb ist, mach das nicht noch einmal.«
Damit erhob er sich, sodass ich einen Blick auf den Rest seines blutverschmierten, zerknautschten und deutlich miefenden Outfits werfen konnte, bevor er sich zu mir herunterbeugte und meine Wange streichelte.
»Was den Grund deines Handelns angeht«, sagte er, jetzt mit tieferer, kehligerer Stimme, »darüber sprechen wir, wenn du wieder gesund bist. Noch ein Tag Bluttransfusionen und Bettruhe, das dürfte genügen. Und jetzt habe ich Geschäfte zu erledigen, und auf dich wartet Besuch.«
Marty erschien in der Tür und wirkte gleichermaßen erleichtert wie verlegen.
»Hey, Kleines.«
Vlad ließ die Hand sinken und ging ohne ein weiteres Wort. Ich wünschte mir, dass er blieb, aber er
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