Im Feuer der Nacht
ausgesetzt.“
„Tja, Talin, das ist jetzt vielleicht etwas zu persönlich, aber Lucas meint, du riechst nach Clay.“
Talin errötete und stellte ihren Kaffee ab. „Na und? Wir sind intim miteinander geworden. Aber offensichtlich gehört doch mehr dazu als Sex.“
„Nun ja…“
„Sag mir die Wahrheit. Ich verspreche auch, dass ich dir nicht an die Gurgel gehe und mich beschwere, dass du dich in mein Privatleben einmischst.“ Sie verstand langsam, dass Sascha nicht alles zurückhalten konnte. Ihre Gabe erfüllte sie ganz, sie war auf ihrer Haut, in ihrem Blut, in jedem ihrer Atemzüge.
„Sex ist nicht alles, aber in deinem Fall ist Sex mit dem Kern deiner Persönlichkeit verbunden. Ich vermute, du bist in diesem Bereich verletzt worden– hast etwas davongetragen, das dich dein Leben lang begleitet.“
„Willst du damit sagen, dass ich die Verbindung akzeptiert habe, als ich Sex mit Clay hatte?“
„Es war mehr als Sex, nicht wahr? Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber was immer es war, das Band zwischen euch hat es für eine deutliche Zustimmung gehalten.“
Talin dachte an das erste Mal, als Clay und sie sich geliebt hatten– ja, sie hatten sich geliebt und nicht einfach nur Sex gehabt–, und es hatte einen Moment gegeben, in dem sie eine unerklärliche innerliche Erschütterung gefühlt hatte. In dieser Nacht hatte sie sich Clay vollständig hingegeben. Sie hatte ihm von ganzem Herzen vertraut. Aber sie hatte seine Seele nie stehlen wollen. „Oh Gott“, flüsterte sie. „Wenn ich sterbe, zerbricht er.“
„Dann solltest du um dein Leben kämpfen.“
Dazu war Talin bereits fest entschlossen. „Wir haben schon Termine mit Ärzten ausgemacht, die Tammy uns empfohlen hat.“ Sie würde es versuchen, würde kämpfen, aber sie wusste auch, dass absterbende Gehirnzellen nicht so leicht wieder instand zu setzen waren. Selbst die besten Ärzte konnten ihr vielleicht nur ein wenig mehr Zeit verschaffen. „Kannst du vielleicht etwas tun? Ich würde dich in meinen Kopf hineinlassen, wenn du willst.“ Ihr Stolz zählte nicht, wenn es um ein Leben mit Clay ging.
Sascha schüttelte den Kopf, verbarg ihre Besorgnis nicht. „Deine Schilde sind undurchdringlich und so instinktgebunden, dass du sie nicht willentlich beeinflussen kannst. Ich glaube, es wird noch Jahre dauern, bis du sie bei jemand anderem als bei Clay lockern kannst.“
„Es war ja auch nur ein Versuch.“ Talin sah ein Weilchen den Kindern zu und drängte die Tränen zurück. Sie fragte sich, wie die Kinder von ihr und Clay wohl ausgesehen hätten. Ihre Kehle zog sich zusammen, aber diesmal war es keine tödliche Bedrohung, sondern nur ein Kloß von schmerzlichen Gefühlen.
„Das heißt nicht, dass ich nicht weiterhin nach Wegen suchen werde, um dir zu helfen“, sagte Sascha mit einem entschlossenen Ausdruck im Gesicht. „Du gehörst zum Rudel, und wir Leoparden lassen nie jemanden im Stich.“
Einst hatte Talin Clay um seine Zugehörigkeit zu dieser Gemeinschaft mit ihrem bedingungslosen Zusammenhalt und ihrer Treue beneidet, aber nun fühlte sie sich doch unsicher. „Ich bin etwas ungeübt in diesen Familiendingen.“
Sascha lachte, fröhlich und ansteckend. „Willkommen im Club.“
„Ich bin ganz schön dumm.“ Talin spürte, wie sich ihre Mundwinkel trotz aller Bedenken hoben. Wenn sie starb, würde Clay es nicht überstehen. Das wusste sie genau. Keiner von ihnen konnte daran etwas ändern, das hatte nichts mit Mut oder Willen zu tun. Sie waren einfach zu fest miteinander verbunden. Wenn einer fiel, ging auch der andere zu Boden.
Es war so unfair, sie hätte ihren Zorn am liebsten hinausgeschrien– ihr schöner Leopard und sie hatten ihre Schuld schon hundertmal abgetragen. „Wie hast du es geschafft?“, fragte sie Sascha. „Wie hast du gelernt, in einer Familie zu leben?“ Denn sie musste es ja auch lernen. Das Rudel war Clay wichtig, und sie wollte ihn glücklich sehen in der Zeit, die ihnen blieb.
„Die Katzen lassen einem keine Wahl“, antwortete Sascha. „Sie finden immer Mittel und Wege, dir ihre Lebensweise schmackhaft zu machen, die einfach unwiderstehlich sind.“
Etwas biss Talin in ihren nackten Zeh. Sie schrie auf und sah nach unten. „Großer Gott, du bist aber schön.“ Sie nahm das Leopardenjunge auf den Arm.
Sascha beugte sich vor und küsste es auf die Nase. „Hallo, Roman.“
Das Junge lehnte seinen Kopf an Sascha, schien sich aber in Talins Armen ausgesprochen wohlzufühlen. Sie
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