Im Feuer der Nacht
strich mit der Hand über sein Fell, spürte, wie es auf ihrem Schoß schnurrte. Ein Kind von ihr und Clay könnte sich verwandeln, dachte sie, hätte auch solch ein weiches Fell. Die Gefühle waren so übermächtig, dass es fast wehtat. „Bist du müde, Kleines?“
Es nickte.
Die Schönheit dieses Wesens nahm ihr fast den Atem, Talin sah hoch und fing Saschas Blick auf. „Wie schon gesagt“, murmelte die Kardinalmediale, „sie machen es einem wirklich schwer, nicht zur Familie zu gehören.“
46
Nachdem sie mit Clay darüber gesprochen hatte, setzte sich Talin dafür ein, dass Jonquil an der eine Stunde später stattfindenden Videobesprechung mit Dev teilnehmen konnte. Noor war im ersten Stock mit einem Brettspiel beschäftigt, sie hatte sich schnell mit Julian und Roman angefreundet. Dorian hatte sich angeboten, weiter auf die Kinder aufzupassen. Er schien sein Herz für das kleine, schüchterne Mädchen entdeckt zu haben.
Gut, dachte Talin pragmatisch, obwohl ein wenig die Eifersucht an ihr nagte. Noor würde geliebt werden, was immer auch geschah. Und Jon… er würde schon klarkommen. Er verschenkte sein Vertrauen nicht so leicht wie Noor, hatte aber den Mut eines Kriegers, auch wenn ihm das selbst noch nicht so bewusst war. Sie dagegen sah es– Clay war in diesem Alter genauso gewesen. Bei der Erinnerung an diesen Jungen streckte sie die Hand aus und strich Jon über das Haar. Er hatte inzwischen einen militärischen Kurzhaarschnitt, und die Igelstacheln waren schwarz gefärbt.
Jon saß auf dem Boden, den Rücken an ihren Sessel gelehnt. Clay stand hinter ihr, die Arme auf der Lehne. Sie lächelte. In diesem Augenblick war sie glücklich, und sie genoss dieses Glücksgefühl in vollen Zügen. Jeder, der ihr wichtig war, sogar Max, war in Sicherheit.
„Hast du irgendwelche Fragen?“, fragte sie Jon.
Er lehnte sich gegen ihr Bein. „Schon verrückt, dass wir auch Blut von Medialen in uns haben. Dann sind wir also Bastarde, oder?“
Sie lachte. „Pass bloß auf, wen du einen Bastard nennst.“
Lächelnd schlang er einen Arm um ihr Bein. Clay zog an ihrem Pferdeschwanz, sie sah hoch, und er beugte sich hinunter und küsste sie. Sie spürte diese Berührung tief in ihrer Seele, in einem geheimen Winkel ihres Herzens. Ich liebe dich, formten ihre Lippen lautlos.
Als Antwort zwickte er mit den Zähnen in ihre Unterlippe, ein Versprechen für all die Dinge, die sie tun würden, wenn sie wieder allein waren. Wieder schoss eine Welle von Glück durch ihren Körper, sie sah nach unten– Jon beobachtete Clay und sie, seine ungewöhnlichen veilchenfarbenen Augen betrachteten sie distanziert aufmerksam. „Du wirst Kontaktlinsen brauchen“, sagte sie. „Zumindest eine Zeitlang.“ Seine Augen waren zu unverwechselbar.
Jons Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. „Sicher.“
Er hatte seine Schutzschilde wieder aufgestellt, und sie wusste auch, warum– er fürchtete, sie an Clay zu verlieren, an die Leoparden–, deshalb schlug sie einen sanfteren Ton an. Jon hatte nie jemanden gehabt, der bei ihm geblieben war, und er hatte noch nicht begriffen, dass er nun auch zum Rudel gehörte. „Um noch einmal auf die Bastarde zurückzukommen“, sagte sie, „ich weiß gar nicht, wer meine Eltern waren. Aber nun weiß ich wenigstens ein wenig über meine Erbanlagen.“
In den Akten von Shine stand der Name ihrer Mutter, den ihres Vaters hatten sie nicht herausfinden können. Talin hatte jedoch keinerlei Ambitionen, sich mit dieser Frau zu treffen. Sie brauchte diese Liebe nicht, denn nun wurde sie von einer Raubkatze geliebt, die sich für sie mit der ganzen Welt anlegen würde. Aber… „Ich glaube, es ist immer besser, etwas zu wissen, als im Dunkel zu tappen. Meinst du nicht auch?“
„Selbst wenn wir etwas erfahren, was wir gar nicht wissen wollen?“
„Hast du dich nie gefragt, warum du bestimmte Dinge kannst?“
Er zuckte die Achseln. „Ach Scheiße, ich kann nichts.“
„Hüte deine Zunge“, sagte Clay leise, aber mit fester Stimme. Er kannte diese Jugendlichen. Sie brauchten die weiche Art von Talin, aber sie brauchten auch Disziplin.
Jons Rückgrat versteifte sich. „Schmeißt ihr mich sonst raus, oder was?“
Clay erkannte sich selbst in diesem wütenden Stolz wieder. „Nein, wir sind wie eine Gang. Wer einmal drin ist, kommt nie wieder raus. Du kannst es ja ausprobieren.“
Der Junge riss die Augen auf und wandte sich dann an Talin. „Macht der Witze?“
„Ich glaube
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