Im Feuer der Smaragde
machte die Tür zu, damit die Dienstboten ihren Streit nicht mithörten. »Immer mit der Ruhe, Fräuleinchen. Dieses Abkommen hatte ich ursprünglich mit Kit getroffen. Und jetzt verlangt er, dass du dagegen verstößt, ohne vorher mit mir zu sprechen.« »Ich weiß. Aber Mutter, es ist sicher kein Zeichen von Respektlosigkeit. Er sieht es nur praktisch, das kannst du nicht bestreiten.« »Er macht es uns schwer. Er müsste eigentlich wissen, dass man eine richtige Hochzeit gründlich vorbereiten muss. Wie soll das gehen, nun da Großvater krank ist? Du wirst ihn doch nicht vergessen haben.« Jessie errötete. »O Gott, ich hatte wirklich nicht…« »Natürlich nicht. Daher solltest du Kit besser umgehend schreiben oder telegrafieren. Bedanke dich, aber lass ihn wissen, dass Marcus krank ist und solche Arrangements momentan überhaupt nicht in Frage kommen. Allerdings würden wir uns freuen, ihn nächsten Monat begrüßen zu dürfen…« Enttäuscht trat Jessie ans Fenster. Dann wandte sie sich zu ihrer Mutter. »Ich kann einfach nicht glauben, dass du mir das antust. Nächsten Monat ist doch nicht morgen. Kit kann nicht ständig hin- und hersegeln, nur um dir einen Gefallen zu tun. Wir haben Verwalter auf unseren Gütern. Und Aufseher. Er hingegen muss sich selbst um alles kümmern.«
»Ich weiß. Aber wir hatten es so vereinbart.« »Du hast Kit nie gemocht. Du machst es nur, um die
Hochzeit hinauszuzögern.« »Verstehe. Ich habe also dafür gesorgt, dass dein Großvater einen Schlaganfall erleidet, damit deine Hochzeit nicht stattfinden kann. Es ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt, Jessie. Wir können nicht ans Feiern denken, wenn es Marcus so schlecht geht.« »Du vielleicht nicht, ich schon«, versetzte Jessie stur. »Ich werde Kit schreiben, dass ich einverstanden bin. Großvater wird mich verstehen. Und wenn du mir nicht bei den Vorbereitungen helfen willst, mache ich es eben allein. Ich werde alles selbst organisieren.«
Sam Dignam ging früh am nächsten Morgen ins
Krankenhaus, um sich nach Marcus Pinnocks Befinden zu erkundigen. Er war betrübt, als man ihm mitteilte, dass der alte Mann teilweise gelähmt und stumm sei. Er wartete unschlüssig, hoffte auf Jessies Besuch und wurde zunächst auch nicht enttäuscht, denn sie traf bald mit ihrer Mutter ein. Leider überfiel sie ihn jedoch aufgeregt mit der Nachricht von ihrer bevorstehenden Hochzeit. Niedergeschlagen verließ er das Krankenhaus, kaufte sich den Sydney Morning Herald und setzte sich in einen nahe gelegenen Park, um zu lesen und die schlechte Nachricht zu verdauen.
Er mochte Kit Ferrington nicht, und es war ihm auch egal, wenn jemand diese Haltung als Eifersucht auslegte. Er hatte seltsame Geschichten über den Burschen gehört, vor allem von seiner Verbindung zu einer anrüchigen Frau und heimlichen Schnapsgeschäften im Rocks-Bezirk. Allerdings waren es nur Gerüchte, die Sam nicht guten Gewissens weitertragen, über die er nicht einmal mit Adrian sprechen konnte, obwohl er mehr als einmal in Versuchung geraten war. Er wusste, dass Kit Ferrington Adrian mit den Ballettmädchen vom Bijou-Theater bekannt gemacht hatte, worauf Adrian sich mit seinen neunzehn Jahren wie verrückt in Flo Fowler, die Assistentin des Zauberers, verliebt hatte. Flo war ein hübsches Ding mit lockigem Haar und einem aufregenden Körper, und Adrian erlag kampflos ihren Reizen.
Sam wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Zeitung zu und las interessiert, dass in Brisbane seit neuestem der Moreton Bay Courier erschien. Er war selbst Journalist und schrieb für das Blatt, in dem er gerade las. Wäre es nicht spannend, dort zu arbeiten?, fragte er sich. Und niemand könnte behaupten, ich jagte Jessie hinterher. Ich hätte einen plausiblen Grund, mit ihr in Kontakt zu bleiben, selbst wenn sie verheiratet ist.
Sam gestand sich ein, dass es töricht sei, ein Mädchen, dass bald einen anderen heiraten würde, derart zu lieben, und dachte mitleidig an Adrian, der von der Kleinen aus dem Bijou besessen war und diese Leidenschaft streng geheim hielt. Mit zweiundzwanzig kam er sich älter und weiser vor als Adrian. Er würde über Flo Fowler hinwegkommen, aber Sam würde Jessies Verlust nie verwinden. Niemals.
Am Nachmittag schrieb er eine Bewerbung an den Moreton Bay Courier und schickte sie sofort ab. Dann schlenderte er die George Street entlang und sagte sich, die neue Stellung werde ihn aus dem Alltagstrott reißen und ihm eine interessantere Laufbahn bieten als
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