Im Feuer der Smaragde
die Zeitung in Sydney. Zwar war Brisbane noch ein kleiner Hafen, doch er bildete das Tor zu den riesigen Gebieten im Landesinneren und versprach neue Abenteuer. Als er an einem Geschäft vorbeikam, entdeckte er das neu erschienene Tagebuch einer Landreise in Australien von Leichhardt und kaufte es sofort. »Da kann ich gleich etwas über den Norden erfahren«, sagte er zu der Buchhändlerin. Er betrat die Bar des Australian Hotel, wo er besonders gern einkehrte, und erfuhr dort, dass Leichhardt von den Darling Downs nahe Brisbane aufgebrochen war, um Australien von Ost nach West zu durchqueren. Man hatte Sam vor einiger Zeit angeboten, die Expedition zu begleiten, da er im Busch aufgewachsen war und mit seinem Vater große Gebiete des westlichen Neusüdwales erforscht hatte, doch er hatte leider ablehnen müssen. Sein Vater hielt eine derartige Expedition für zu gefährlich, zu vermessen, da man ohne vernünftige Rastplätze Tausende Meilen zurücklegen musste. Er behauptete, derartige Reisen müssten in Etappen durchgeführt werden, sodass man alle zwei bis drei Monate ausgeruhte Pferde und Proviant erhalten konnte. Vermutlich hatte er Recht, dachte Sam, doch nun, da die berühmte Expedition unterwegs war, hätte er doch gern daran teilgenommen. Welch ein Abenteuer! Als Erster die fernen Berge und Wüsten zu sehen. Was mochte da draußen alles warten!
Adrian Pinnock trat neben ihn an die Theke. Er wirkte niedergeschlagen und das nicht nur wegen der Krankheit seines Großvaters.
»Mit dir wollte ich reden, Sam. Ich habe überall nach dir gesucht. Könntest du mir wohl ein paar hundert Pfund leihen?« »Nein«, sagte Sam unverzüglich, und Adrian sah ihn verblüfft an. »Nein? Einfach nein? Hör mir wenigstens zu.« »Das ist gar nicht nötig. Du verspielst es ohnehin im Kasino oder beim Rennen, also sage ich nein. Aus und vorbei.« »Aber warum denn? Ich gebe es dir doch immer zurück.« »Ja, meistens. Aber du schuldest mir schon hundert und bist in der Stadt allmählich berüchtigt wegen deiner Spielschulden. Es ist Zeit, die Bremse zu ziehen, Kumpel. Vergiss es.« »Danke vielmals. Du bist vielleicht ein Freund! Könntest du mir nicht wenigstens hundert leihen?« »Nein. Möchtest du noch etwas trinken?« »Mach dir bloß keine Mühe!«
Adrian stürmte hinaus, und Sam wandte sich gleichmütig seinem Drink zu. Er hatte seine Pflicht getan. Heute Morgen hatte Jessie ihn nämlich auf dem Flur beiseite genommen, sodass ihre Mutter sie nicht hören konnte, und ihm vorgeworfen, er ermutige Adrian bei seinem Glücksspiel. »Gar nicht wahr!«, hatte er gesagt. »Außerdem braucht er weiß Gott keine Ermutigung, das kannst du mir glauben.« »Aber du leihst ihm Geld. Das weiß ich genau.« »Ein bisschen hier und da.« »Das muss aufhören. Borge ihm nichts mehr! Mutter würde umfallen, wenn sie wüsste, dass er so viel ausgibt. Er hat seine Zuwendung schon durch, und ich weiß, dass Mr. Messenger von der Bank nach ihm sucht. Sam, du musst mit ihm reden. Sag ihm, er darf nicht mehr spielen.« »Ich glaube kaum, dass er auf mich hören wird.« Sie seufzte entnervt. »Du könntest es wenigstens versuchen.« »Um dir eine Freude zu machen, meine Liebe«, hatte er gesagt und sich grinsend verneigt. »Du brauchst dich nicht über mich lustig zu machen, Sam Dignam. Tu es einfach. Ich habe schon genug Sorgen, ohne dass du mich aufziehst.«
Wer zog hier wen auf, fragte er sich nun, als er einen weiteren Drink ausschlug und der Barmann sein leeres Glas abräumte. Und welche Sorgen außer Marcus’ Krankheit konnte sie denn haben? Hoffentlich ging es um Ferrington, dachte er.
Er sah, wie eine Gruppe Männer an der offenen Tür der Bar vorbeiging, und schaute ihnen neugierig nach. Vermutlich Viehzüchter mit ihren ausladenden Hüten, der ländlichen Kleidung und den polierten Stiefeln, die ganz typisch für diesen Menschenschlag waren. Für einige von ihnen spiegelten sie den Widerstand gegen die städtische Mode, doch viele jüngere Männer empfanden diese Kleidung als Statussymbol, das ihre Zugehörigkeit zur elitären und mächtigen Klasse der Viehzüchter anzeigte. Sam eilte nach draußen und fragte sich, weshalb sie alle so ernst dreinschauten und wohin sie gehen mochten. Mit dem Gespür des Reporters für Neuigkeiten schlenderte er ihnen hinterher. Er entdeckte Edwin Flynn und trat neben ihn. »Und wo geht es hin an diesem schönen Tag?«, fragte er. Edwin wandte sich überrascht um. »Wir treffen uns mit Seiner
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