Im Feuer der Smaragde
schwimmt jemand raus.« »Wo?«, fragte Kit. »Da drüben, wo der Fluss die Biegung macht. Er will ihn wohl abfangen, aber das wird schwer. Nach dem ganzen Regen führt der Fluss eine Menge Wasser.«
Er rannte davon, höher ans Ufer, um das Drama zu beobachten, und Kit lief hinterher. Er schaute sich nach Jack um, da ihm plötzlich der Gedanke kam, der zweite Mann im Fluss könnte sein Begleiter sein. »Sie werden beide ins Meer gespült«, schrie eine Frau, und ein Mann meinte lachend: »Bis dahin sind sie ertrunken oder von den Krokodilen gefressen worden.« »Wer ist das? Der Kerl im Fluss?«, fragte jemand. »Ich nehme an, der entflohene Sträfling, von dem der Postbote gesprochen hat. Ich wette, er wollte den Fluss durchqueren, um dem Suchtrupp zu entwischen.« »Das hätte man dem armen Kerl sagen sollen, der ihn retten will. Lass die Ratte ertrinken…«
Kit und einige andere Männer stolperten durch Gebüsch, den Fluss im Blick, und fanden sich in einem Mangrovenwald wieder, in dem verdrehte, glitschige Formen aus einem schlammigen Meer emporwuchsen. Einige Männer wollten weiter, balancierten vorsichtig von einem Ast zum nächsten, um nicht in den Schlamm zu rutschen, doch Kit machte kehrt. Im Laufen zog Jack sich das Hemd aus und watete in den Fluss, den Schwimmer immer im Blick, dann schwamm auch er los und verfluchte dabei seine verletzte Schulter, die bei der plötzlichen Anstrengung wieder zu schmerzen begann. Sie machte ihn langsam, doch er kämpfte sich weiter, und es gelang ihm, den Mann zu packen, als er auf ihn zugetrieben wurde. Der erschöpfte Schwimmer griff nach Jack und umklammerte ihn so fest, dass er sie beide unter Wasser zog. »Lass los!«, brüllte Jack. »Lass los. Lehn dich zurück. Ich zieh dich an Land.« Er verschluckt den halben Fluss, wenn er so um sich schlägt, dachte Jack und war kurz davor, den Mann k. o. zu schlagen, um ihn zu retten, doch da gab der Trottel endlich nach und blieb ruhig, sodass Jack ihn ans Ufer ziehen konnte. Alles lief gut, wenn auch langsam, als sein Begleiter plötzlich um sich schlug. Jack war fassungslos und wollte erneut losschreien, als seine Bürde ihm antwortete. »Falsche Seite«, blubberte er.
»Bring mich… da rüber.« »Du Idiot!«, schrie Jack und trat wie wild Wasser. »Nein. Hier lang. Da draußen ertrinken wir!« »Andere Seite«, zischte der Mann mit zusammengebissenen Zähnen und warf sich gegen Jack, wobei er die Arme ein wenig hob, sodass man seine Fesseln sehen konnte. »Himmel!« Jack hielt ihn fest. »Verdammte Scheiße!« Er hatte kein Messer, konnte die Seile nicht lösen und musste einfach weiterziehen.
Vermutlich hatten sie den entflohenen Sträfling gefunden. Er zerrte wütend an dem Mann, packte die Seile – so ließ er sich leichter bewegen – und schwamm hinaus in den breiten Brisbane River. Sie wurden ein ganzes Stück flussabwärts getrieben, doch schließlich gelang es ihm, den Kerl so weit zu ziehen, dass er sich an den Mangroven festhalten konnte, die hüfthoch im Wasser wuchsen, und von da aus ins flache Wasser glitt, bis sie das Ende des Schlamms erreicht hatten und auf den warmen Sand kriechen konnten. »Danke, Kumpel«, sagte der Fremde. »Eines Tages revanchiere ich mich.«
»Kenn ich schon«, entgegnete Jack. »Du hast mich beinahe ertränkt.« »Tut mir Leid. Aber du siehst ja, in welcher Lage ich bin.« In der Tat. Die grobe Kleidung war zwar nass, doch die Gefängnispfeile waren noch deutlich zu sehen. Er beugte sich vor. »Gib mir die Hände.« Bald hatte er die Seile gelöst. »Wer bist du?«
»Heiße Harry Harvey, aber du solltest mich lieber vergessen. Wenn du ihnen erzählst, ich sei ertrunken…«
»Das hatte ich mir auch schon überlegt.« »Was bist du denn? Ein Strandläufer?« »Was soll das sein?« »Ein Mann, der vom Meer und dessen großzügigen
Gaben lebt. Du hast viel Sonne abbekommen, daher dachte ich…« »Magst Recht haben. Ich hätte nichts dagegen, Strandläufer zu sein.« »Was tust du hier draußen?« »Ich heiße Jack Drew. Ich wohne flussabwärts auf einer Station namens Emerald Downs. Jetzt muss ich aber zurück. Alles klar mit dir?«
»Sicher. Ich komme schon irgendwie nach Ipswich. Habe gute Freunde da.« »Dann gehe ich mal.« »Kannst du wirklich zurückschwimmen?« Jack nickte. »Ich muss los. Und du solltest deinen Namen ändern, immerhin bist du ertrunken.« »Stimmt. Auf geht’s. Bist ein prima Kerl, Drew.« Jack sah zu, wie Harvey das steile Ufer hinaufkletterte und
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