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Im fünften Himmel

Im fünften Himmel

Titel: Im fünften Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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jedenfalls gesagt. Er muss sich auf Informationen aus zweiter Hand verlassen, denn die sexuellen Begegnungen seiner Teenagerjahre lagen zumeist im Nebel von Alkohol und Drogen. Er kann die Zahl vierzig also nicht bestätigen, hat sie aber auch nie zu dementieren versucht. Er vermutet, in Wahrheit waren es eher halb so viele, aber vielleicht nur, weil die Vorstellung so vieler einmal gevögelter und für immer vergessener Mädchen (inzwischen Frauen) unerträglich ist. Dass er diese Satyrphase unbeschadet überstanden hat, ist gar nicht so wundersam: Marcus hat immer Kondome benutzt, allerdings weniger, weil ihm seine geschlechtliche Gesundheit oder die seiner Partnerinnen so am Herzen lag. Sondern weil ein älterer Freund (womöglich Hopes Bruder Heath) behauptet hatte, so könne er länger – und Marcus wollte natürlich auf keinen Fall als Schnellspritzer abgestempelt werden. Ironischerweise verhinderte also die narzisstische Beschäftigung mit seinem wachsenden Ruf als Sexmaschine, dass er sich etwas zuzog, was Natty »Schwanzschimmel« nennen würde, ganz zu schweigen von einer Horde vorehelicher kleiner Fluties, die sonst das südliche New Jersey bevölkern würden.
    Â»Ich kann Ihnen helfen«, verspricht Jonelle.
    Die Uhr, die Marcus am Handgelenk trägt – und bisher den ganzen Tag kaum bemerkt hat –, wiegt plötzlich schwer an seinem Arm.
ZWÖLF
    Â»Hey, Jess«, flötet Hope. »Alles Gute zum –«
    Â»Danke«, unterbricht Jessica. »Aber es ist schon zu spät. Gut wird er nicht mehr.«
    Â»Also«, sagt Hope eine Stimmlage tiefer, »wir vermissen dich hier.«
    Â»Ich vermisse dich auch.«
    Jessica vermisst Hope mehr, als man eine Mitbewohnerin eigentlich vermissen dürfte. Aber in den letzten beiden Jahren war sie viel öfter unterwegs als in ihrer unterirdischen Wohnung in Brooklyn. Es ist immer noch der lange, dunkle Schlauch, der früher mal die Bowlingbahn der Swedish American Men’s Sporting Society beherbergte, wo Jessica und Hope sich zu viert zwei Zimmer mit ihrer früheren Mitschülerin Manda Powers und deren queerer Freund(in) Shea geteilt haben. Eigentlich sollte das Mietverhältnis enden, sobald die eigentlichen Bewohner, eine komplett weibliche Akademikerfamilie, von ihrem Sabbatjahr in Europa zurückkehren, doch inzwischen sind aus einem Jahr vier geworden. Manda und Shea sind nach dem ersten Jahr ausgezogen, weshalb ein eigenes Zimmer für Jessica oder Hope frei wurde. Sie warfen eine Münze; Jessica verlor. Sie zog allerdings erst in die frühere Spielwiese von Fetischismus und Fleischeslust, nachdem ein Reinigungsservice vom Boden bis zur Decke einen gründlichen Sexorzismus durchgeführt hatte.
    Jessica gab es nicht zu, aber sie wollte noch aus einem anderen Grund nicht aus dem Stockbett und dem winzigen Schlafzimmer ausziehen, das sie den Muffin getauft hatten, nach dem zuckrigen Farbdekor, das die vorherigen Bewohnerinnen ausgewählt hatten. Chloe und Claire waren jetzt in der Highschool – genau wie die Mädchen, genau wie Sunny – und hätten ganz sicher was gegen Stockbetten einzuwenden, sollten ihre beiden Mütter je nach Brooklyn zurückkehren. Die Zwillinge waren aus diesem Zimmer herausgewachsen, also müsste es Jessica genauso gehen.
    Jessica schleppte ihre Habseligkeiten über den Flur und kaufte sich ein Doppelbett mit knopfgestepptem Kopfteil. Ein sehr bequemes, luxuriöses Bett. Nichts hindert sie daran, sich quer, längs oder diagonal auf den Weiten der Matratze auszustrecken. Und niemand. Doch bis zum heutigen Tag fürchtet sie, wenn sie an die beengten, unbequemen Stockbetten denkt, an die Monate des abendlichen Kicherns und nächtlichen Keuchens – Hope oben, Jessica unten und ja, gelegentlich Marcus dazwischen –, dass sie sich nie wieder irgendwem so nah fühlen wird.
    Hope würde sich bestimmt für ihren Zusammenprall mit Marcus interessieren, aber das Thema lässt sich nicht beiläufig anschneiden. Kein lockeres »Ach, übrigens«. Nicht heute.
    Â»Wie geht es ihr?«, fragt Hope. »Und wie geht es dir?«
    Â»Ihr – unverändert«, antwortet Jessica. »Mir …« Ihre Stimme versagt plötzlich. Ob Jessica nun von Gefühlen überwältigt oder von einer schlechten Verbindung abgeschnitten ist – Hope stellt die zweite Frage jedenfalls

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