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Im fünften Himmel

Im fünften Himmel

Titel: Im fünften Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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anzubieten.
    Â»Ich muss endlich zwei Menschen fotografieren, denen es mehr um die Ehe als um die Hochzeit geht«, hatte Hope vor ein paar Monaten gesagt, als sie Jessica zum ersten Mal von ihrer Rolle bei Bridgets und Percys Feier erzählt hatte. »Das gibt mir, ähm, Hoffnung.« Sie lachte halbherzig, wie immer, wenn sie optimistisch ihren eigenen Namen verwendete. »Ich darf nur nicht vergessen, dass es dabei um die Menschen Bridget und Percy geht und nicht um eine krasse Gegenüberstellung von Kontrasten. Seine dunkle Haut, ihre weiße; dunkler Anzug, weißes Kleid; dunkler Himmel, weißer Sand. So was hängt in aller Welt über Wohnheimbetten.« Sie seufzte bewundernd. »Aber Herr im Himmel, die beiden sind so wunderschön. Wie kann man sich die Gelegenheit entgehen lassen, die beiden zu fotografieren? Ich weiß ehrlich gesagt überhaupt nicht, wie die beiden irgendwas gebacken kriegen. Wenn ich so aussähe, würde ich jede Minute des Tages meine eigene Herrlichkeit dokumentieren, so als Performancekunst.«
    Â»Könntest du doch machen«, sagte Jessica mal wieder von einer Tagesdecke aus. Anderes Muster. Andere Minibar-Snacks. Anderes Hotelzimmer irgendwo. Anderes Telefonat.
    Â»Und Cinthias Kunstmarkt-Freundinnen würden jeden Preis bezahlen!«
    Diesen Scherz machte Hope, weil sie es sich leisten konnte. Ihre Karriere hatte Fahrt aufgenommen, als ein Werk aus ihrer »Re(Collection)«-Serie ( Birthday Girl, 1973 ) in einer Reportage der Designzeitschrift Wallpaper vorkam, die eine ehemalige Perückenfabrik am East River vorstellte – entkernt, renoviert und redesignt, alles im Auftrag von Cinthia Wallace, dem fünfundzwanzigjährigen ehemaligen Partygirl, jetzt Wohltäterin und Kunstmäzenin, den Finger immer am flackernden Puls der Zeit. Hope hatte überhaupt kein Problem damit, dass sie ihren künstlerischen Erfolg womöglich Cinthias Geld und Verbindungen verdankte. Selbst wenn sich bloß Möchtegerns aus der Galerieszene mit zu viel Geld von ihr porträtieren ließen – was überhaupt nicht stimmte –, wäre das Hope ganz ehrlich egal. Solange sie für ihren Lebensunterhalt sorgten und sie das tun konnte, was sie am liebsten tat.
    Ohne Cinthias Vision und Investition würde auch das Do Better -Erzählprojekt nicht existieren. Für die Mädchen – und für Jessica – wäre das ein großer Verlust. Doch im Gegensatz zu ihrer unbekümmerten Freundin hat Jessica ein schlechtes Gewissen, weil ihre Arbeit von Cinthias Stiftung initiiert und finanziert wird. Was Hope als Hilfe unter Freunden betrachtet, ist für Jessica eine Art Schmarotzertum. Sie weiß, dass sie sich unnütze und neurotische Sorgen macht, wenn sie darüber grübelt, in welchen finanziellen Schwierigkeiten sie ohne Cinthias starken Glauben an ihre schwache Idee wäre. Einziger Trost angesichts ihrer Unwürdigkeit ist die Hoffnung, dass sie es eines Tages jemand anderem, an den sie glaubt, mit gleicher Münze zurückzahlen kann.
    Â»Und wenn man sie übereinanderlegt«, sagt Hope durchs Telefon, wahrscheinlich die Worte des Ersatzgeistlichen wiederholend, »dann bilden die Ringe eine Acht, die außerdem das Zeichen für Unendlichkeit ist, und …«
    Jessica weiß genau, dass sie jetzt eher mit dem Kunden-Callcenter von Clear Sky telefonieren sollte als mit Hope. Und selbst wenn es in Ordnung wäre, mit Hope zu telefonieren, dann dürfte es keine entspannte, bedeutungslose Konversation sein, sondern ein hysterisches Herzausschütten, denn sie ist gerade in Marcus Flutie hineingerannt. Das weiß Jessica. Doch sie sucht verzweifelt Ablenkung, und niemand bietet bessere als Hope.
    Â»Hey, Hope«, unterbricht sie. »Erzähl mir eine Seltsam-aber-wahr-Geschichte. Jetzt gleich. Eine, die ich noch nicht kenne.«
    Hope ist an derlei willkürliche Bitten gewöhnt. »Eine Seltsam-aber-wahr-Geschichte, die du noch nicht kennst. Okaaaay.« Jessica sieht vor sich, wie Hope mit den Fingerspitzen ihre morgensonnenroten Haare zerknautscht, um auf diese primitive Weise ihr Hirn zu stimulieren. »Wie wär’s damit: Eine Fünfundzwanzigjährige, die unter Gaidarophobie leidet …«
    Â»Du hast immer noch Angst vor Eseln?«, sprudelt Jessica, die sich an die irrationalste – und deshalb witzigste – Angst ihrer besten Freundin

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