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Im fünften Himmel

Im fünften Himmel

Titel: Im fünften Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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Fuß klatscht.
DREIZEHN
    Â»Lassen Sie sich von mir helfen«, drängt Jonelle und blinzelt Marcus durch drei Schichten Mascara an.
    Diese Frau verströmt eine Ersatzerotik, die Marcus nicht anspricht. Männer sind zwar anthropologisch programmiert, auf Frauen mit Cellokurven und makelloser Haut, mit Riesenaugen und vollen Lippen zu fliegen, aber diese hier sieht aus, als hätte eine Siebtklässlerin sich ein »So will ich aussehen«-Potpourri aus Körperteilen von Stars gebastelt, das vor allem eine unreife Vorstellung von Vollkommenheit ausdrückt. Für sich genommen sind die Einzelteile vielleicht anziehend; doch durch kosmetische Chirurgie unbeholfen zusammengeleimt wirken sie eher wie eine karikierende Collage von Sexyness, und Jonelle tut Marcus leid.
    Eine Frankenschlampe , denkt Marcus. So würde Jessica sie nennen.
    Er zuckt zusammen, weil er die Bezeichnung sofort wieder bereut, denn sie ist sowohl Jonelle als auch Jessica gegenüber unfair. Vor allem Jessica gegenüber. Er hasst sich dafür, ihr hypothetische Aussagen in den Mund zu legen und sich auszumalen, wie sie in ihrem Leben ohne ihn auf verschiedene Dinge reagieren würde. Seit Monaten hat Marcus ihren Namen nicht mehr laut ausgesprochen, doch deshalb haben die imaginären Gespräche nicht aufgehört. Wenn er zum Beispiel einen Film sieht, den sie auch mögen würde ( Before Sunset ), ein Buch liest, das sie ansprechen könnte, wie es ihn angesprochen hat ( Youth and Life ), oder einen Song hört, der auf ihrem iPod sein sollte (alles von den Mighties – das heißt, ehe der Leadsänger zu »my« , Marcus zu »he« und Jessica zu »you« in ihrem Überraschungshit wurde: »My Song Will Never Mean as Much [as the One He Once Sang for You]«). Marcus sieht, hört, liest und denkt an Jessica, denkt sich in Abwesenheit des echten Gegenübers ihren Dialogpart aus. Viel weniger inspiriert und deutlich beschämender sind solche kunstlosen, alltäglichen Momente wie dieser, wenn sein Unterbewusstsein beinahe nach Vorwänden sucht, sich an Jessica zu erinnern, nur weil es gerade geht. Ihr so ein Wort in den Mund zu legen – Frankenschlampe! Nicht besonders freundlich, Jessica für immer noch so gehässig und scharfzüngig zu halten. Und wenn sie es wäre? Egal. Er hat sie immer wegen und nicht trotz ihrer Fehler geliebt. Ihr größter Fehler war seiner Meinung nach ihre Unfähigkeit gewesen, ihm das zu glauben.
    Marcus setzt ein schwaches Lächeln auf.
    Â»Ich kann Ihnen helfen«, verspricht Jonelle.
    Marcus konzentriert sich auf einen winzigen herzförmigen goldenen Anhänger, der zwischen ihren enormen Brüsten klemmt wie ein unseliger Bergsteiger, der in einer Felsspalte zurückgelassen worden ist. Marcus kann sich mit dem armen Kerl identifizieren. »Das bezweifle ich«, antwortet er.
    Â»Ich möchte Ihnen aber wirklich helfen«, flüstert sie mit rauer Stimme.
    Marcus nimmt die Brille ab und sieht sie in gnädiger kurzsichtiger Verschwommenheit. Ob er so wohl leichter erkennen kann, wie sie ausgesehen hat, bevor sie meinte, sich das alles antun zu müssen, um geliebt zu werden? Denn eins ist sicher: Egal, welche Entschuldigungen oder Argumente sie anführt – von »Es ist mein Körper, und ich kann damit ja wohl anstellen, was ich will« über »Heutzutage lässt doch jeder ein bisschen was machen« bis zu »Das ist wenig Geld für viel Selbstvertrauen« –, was sonst als das Bedürfnis nach Liebe könnte jemanden motivieren, sich so etwas anzutun? Sie hat sich selbst nicht die Chance gegeben , denkt Marcus, als die geliebt zu werden, die sie ist, mit Fehlern und allem.
    Seine Armbanduhr fühlt sich wie eine Handschelle an, sofortige Bestrafung seines Überlegenheitsgefühls.
    Â»Es ist mein Beruf, nervösen Passagieren zu helfen.« Jonelle schiebt einen Fingernagel in die Jackentasche, die überflüssige zusätzliche Aufmerksamkeit auf ihre Brüste lenkt. Sie zieht eine kleine weiße Karte hervor und reicht sie ihm.
    Jonelle Jenkins
    Flugangst-Therapeutin
    thAIRapy Spa @ Newark Liberty International Airport
    Als Marcus klar wird, dass sie tatsächlich Therapeutin, Parfümberaterin und Masseuse in einem ist, verdüstert sich seine Stimmung. Er hatte sich gewünscht, Jonelle könne ihn überraschen, ihm eine Lehre über erste Eindrücke

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