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Im Funkloch

Im Funkloch

Titel: Im Funkloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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dann wandern wir zu einem Aussichtspunkt.« Er grinste noch breiter und zog an der Leine seines Dackels, dem das alles reichlich egal zu sein schien. »Also, sind alle da? Los geht's.«
    Es hatte draußen richtig zu nieseln begonnen und ich zog die Schultern hoch, als wir uns in den Bus drängelten.
    Kaum waren wir um den Berg herumgefahren und sahen Waldkappel, wurden um mich herum die Handys gezückt, aber zum allgemeinen Entsetzen war indem Ort tatsächlich das Handynetz zusammengebrochen.
    An der Hauptstraße passierten wir einen geöffneten Schaltkasten, in dem gleich zwei Techniker herumfuhrwerkten. Einige von uns hatten vorhin vom Festnetztelefon im Landschulheim zu Hause anrufen können, andere wieder nicht mehr. Schien ein größeres Problem zu sein.
    Als wir dann über eine enge Landstraße weiterfuhren und den nächsten Ort erreichten, ertönte überall im Bus das Geräusch von eingegangenen SMS und fast alle nutzten den Empfang, um ihre Eltern anzurufen. Es wurde ziemlich laut bei all dem Gebrabbel. Wenigstens war es nur eine kurze Fahrt.
    Mir fiel ein, dass ich mich noch gar nicht bei meinen Eltern gemeldet hatte, also schaltete ich mein Gerät ein und rief zu Hause an. Wie erwartet, ging der Anrufbeantworter dran, und ich hinterließ eine kurze Nachricht, dass wir gut angekommen waren und überhaupt alles in Ordnung sei.
    Bald wurde die Straße wieder schmaler. Links von uns erhob sich ein Berg, der noch ein ganzes Stück höher war als das hügelige Gebiet unseres Landschulheims. Wir kamen an einem Aussichtspunkt vorbei, von dem aus im diesigen Wetter nicht viel zu erkennen war. Wenige Minuten später zog der Bus rüber und hielt auf einem leeren Parkplatz. Die Türenwurden geöffnet und alle drängten raus. Im Vorbeigehen sah ich, wie der Busfahrer Kaffee aus einer Thermoskanne einschenkte und eine Tageszeitung aufschlug. Der hatte es gut . . .
    Wer eine Kapuze hatte, zog sie über den Kopf, denn der Nieselregen war noch stärker geworden – jedenfalls dichter. Er war wie ein nasser Schleier. Zum Glück hatte ich eine dünne Regenjacke mit Kapuze dabei, Kevin stand in seiner Wolljacke da, rieb sich das Wasser von der Brille, aber die Nässe schien ihm sonst nichts auszumachen.
    »Hier rüber«, brüllte Passlewski und winkte uns zu einem Durchgang zwischen ein paar Bäumen.
    Dort war eine Lichtung mit einem Teich, der von dicken Halmen umgeben war. Der Nebel ließ alles irreal erscheinen. Es war viel zu warm für eine Regenjacke und ich fing unter der Plastikhaut an zu schwitzen. Alles war still – bis auf diejenigen unter uns, die immer noch telefonierten.
    Da stand jemand im See.
    Im Nebel war die Person kaum zu erkennen – aber sie war groß. Viel zu groß für einen Menschen. Ich musste schlucken. Die Figur rührte sich nicht. Schaute sie in unsere Richtung? Nein . . .
    Erst jetzt wurde mir klar, dass es sich um eine Statue handelte. Es war eine Frau, wie am Brustumfang schwer zu übersehen war, und sie war aus Holz.
    Passlewski trat einige Schritte vor und drehte sich zu uns um, sodass er den See hinter sich hatte. »Das ist der berühmte Frau-Holle-Teich«, verkündete er. »Der Sage nach ist er bodenlos . . . und der Eingang zum unterirdischen Reich von Frau Holle.« Passi bemühte sich um einen geheimnisvollen Tonfall, doch wohin ich auch sah – alle hatten gelangweilte Blicke aufgesetzt. Das schien er auch zu bemerken, denn plötzlich erklärte er, welche Rohrkolben am Ufer wuchsen und welche Arten von Kröten hier lebten, was nicht unbedingt auf größeres Interesse stieß. Schließlich beendete er seinen Vortrag und wies zum Waldrand, wo sich einige Holztische und Bänke befanden. Lucas und seine Kumpel hatten es sich dort schon längst bequem gemacht. Dahinter war ein Pfahl mit Wegweisern. Passlewski studierte ihn ausführlich. Innerlich stöhnte ich, als ich »Premiumweg Länge 13   km« oder »Meißner-Rundweg Länge 7,5   km« las.
    »Wir gehen heute noch nicht so weit«, erklärte Passlewski und deutete auf die Schilder. »Nur auf die Kalbe?« Er schaute Frau Herzig fragend an. Die war in ein rotes Regencape gehüllt und nickte und zuckte gleichzeitig mit den Schultern.
    Ich sah mir die Schilder an und entdeckte eines, das nach links zeigte: »Aussichtspunkt Kalbe 1,1   km (steil)«. Ein anderes deutete nach rechts: »Aussichtspunkt Kalbe 1,8   km (bequem)«.
    Passi ging nach links mit forschem Schritt voran. Schon nach einem kurzen Stück drehte er sich um. Lucas und die

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