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Im Funkloch

Im Funkloch

Titel: Im Funkloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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niemand freute.
    Beim Anblick der altertümlichen Museumsfassade und der Säulen am Eingang fürchtete ich schon, dass es im Inneren nicht gerade gut klimatisiert sein würde. Und so war es dann auch. Wir wurden von einer plappernden Angestellten durch eine riesige Ausstellung von zeitgenössischen lateinamerikanischen Künstlern geschleift. Nicht einmal Passi konnte Interesse dafür aufbringen.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir erlöst. Passlewski verkündete, dass wir uns gegen zwei Uhr wieder vorm Fridericianum einfinden sollten.
    Alle rannten zum Ausgang, und die heiße Sommerluft kam mir vor wie eine frische Brise an der See im Vergleich zu der Luft im Museum, die seit Jahrhunderten dort eingesperrt zu sein schien.
     
    Ich war erstaunt, was für ein wohliges Gefühl das Gewusel auf der Straße, das Quietschen der Straßenbahn und das Quäken von Straßenmusikern bei mirauslöste. Dabei waren wir erst zwei Tage im Hohen Meißner gewesen.
    Mir war nicht nach Einkaufstour.
    Tina kam rüber. »Janka hat eine Alternative zum Herzschmerz gefunden«, meinte sie.
    »Na, immerhin eine . . . gehst du nicht shoppen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Hab schon alles«, meinte sie trocken.
    Wir holten uns ein Eis und setzten uns auf die Treppe vor dem Museum.
    »Es glauben wirklich einige, dass du irgendwas mit Lucas gemacht hast.«
    Ich schnaubte. »Was denn, ihn im Wald abgemurkst?«
    »Hattest ja genug Ärger mit ihm.«
    »Nicht nur ich. Guck dir Noel an. Der . . .« Ich erstarrte, als mir etwas einfiel.
    Tina schaute zum Eis in meiner Hand. »Was ist los, festgefroren?«
    »Hast du dir Noel mal angeschaut heute?«, fragte ich.
    »Er hätte sich umziehen können, wenn du das meinst.«
    »Überleg doch mal. Er war es, der das Handy gefunden hat. Zumindest hat er das behauptet. Vielleicht war es gar nicht in meinem Schrank. Und die Schuhe, total verdreckt. Er war im Wald, ganz klar,und gestern Abend, als Lucas verschwunden ist, hab ich ihn auch nicht mehr gesehen, der kann überall gewesen sein.« Es sprudelte regelrecht aus mir raus.
    Tina schaute mich zweifelnd an. »Nicht Noel.«
    »Ach, aber mir trauen das andere zu?«
    »Ich nicht. Immer noch nicht.« Ihr Blick war ernst und ich musste unwillkürlich lächeln.
    Mir fiel noch ein Detail ein. »Letzte Nacht . . .«
    »Was war da?«, fragte Tina.
    »Irgendwann ist Noel ins Zimmer gekommen. Ich bin nur kurz aufgewacht. Aber ich hab mitbekommen, dass er noch seine Klamotten anhatte. Er hat sich ausgezogen und dann ins Bett gelegt.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »Keine Ahnung . . . war jedenfalls stockdunkel. Kann elf Uhr gewesen sein – oder auch fünf Uhr.«
    »Aber Noel . . .« Tina schüttelte den Kopf. »Der nicht. Nie im Leben.«
    Ich war mir da nicht so sicher.
     
    Je länger ich darüber nachdachte, desto schlüssiger schien es mir zu sein.
    Noel war stinksauer auf Lucas. Er war schon die ganze Zeit völlig ruhig gewesen, die Geschichte vorgestern hatte ihn total mitgenommen. Während der Grillfeier oder danach hatte er Lucas auflauern können. Vielleicht hatte er ihm nur eine Lektion erteilenwollen und war dabei völlig ausgeklinkt. Zumindest wirkte er total neben der Spur.
    Sicher – Noel schien nicht der Typ zu sein, der ausrastet. Aber war das nicht mit allen Mördern so? Dass man über sie sagte, sie seien ganz ruhige Leute, immer höflich, meistens richtig intelligent?
    Als wir in den Bus stiegen, setzte ich mich neben ihn. »Hey«, sagte ich.
    Er warf mir nur einen überraschten Blick zu, nickte kurz und schaute wieder aus dem Fenster.
    Aus dem Augenwinkel musterte ich ihn. An seinen Turnschuhen klebte Matsch, als wäre er durch tiefen Dreck gestampft. Und auch das weiße T-Shirt war schmutzig. Am rechten Unterarm war ein großer, dunkler Fleck.
    War das . . .
    Es konnte Blut sein.
    Der Fleck war dunkel, fast schwarz, hatte aber einen rötlichen Schimmer. Ich konnte es nicht genau erkennen, und als Noel die Arme übereinanderlegte, konnte ich den Fleck nicht mehr sehen.
    »Ich könnte schwören, dass heute Morgen kein Handy bei mir im Schrank gelegen hat.« Das war nicht mal gelogen – ich hatte mir schließlich frische Kleider rausgeholt.
    »Es lag im Fach oben, hinter den T-Shirts.« Kurz schaute er mich an. »Ich wollte dir keinen Ärger machen . . .ich meine, ich war selbst völlig durcheinander, als ich es gefunden habe.«
    »Kein Ding . . .«, erwiderte ich. Noel klang aufrichtig, und wenn das Handy wirklich oben hinter den T-Shirts gelegen hatte,

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