Im Funkloch
schauten auf die Pritsche. Der Förster zog eine Plane beiseite.
Passlewski schien in sich zusammenzusacken, ächzte, machte einen Schritt nach hinten und wandte den Blick ab. Er beugte sich vor, würgte, bekam sich dann unter Kontrolle.
»Tut mir leid«, sagte Krautmann.
Passlewski richtete sich auf, atmete durch. »Wo haben Sie sie . . .«
Der Förster deutete den Hang aufwärts. »Ich war dort oben unterwegs. Hab einen Fuchs gesehen, derdaran gefressen hat. Ist aber ausgebüchst, als ich näher kam. Hab vermutet, dass das Ihrer ist. Und ich dachte, Sie wollen ihn vielleicht beerdigen.«
Kurz streifte mich Passlewskis Blick. Aber seine Augen waren für mich unergründlich.
»Hat der Fuchs Anni getötet?«
Krautmann zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich.«
Ich trat vor. »Aber ein Fuchs könnte den toten Dackel auch gefunden und mitgeschleift haben, oder?«
»War ein ausgewachsener Fuchs. Ja, wäre auch möglich.«
Passlewski ignorierte das. »Ich danke Ihnen, dass Sie . . .« Er schluckte. »Vielleicht können Sie mir noch zur Hand gehen, um . . .«
Krautmann griff auf die Pritsche, holte eine Schaufel hervor und nickte.
Sie begruben den Dackel irgendwo abwärts am Hang. Niemand ging mit und Passlewski schien es auch gar nicht zu wollen. Zwischendurch kam Frau Herzig aus ihrem Zimmer. Sie sah angeschlagen aus, fiebrig. In der Küche goss sie sich einen Tee auf, ließ sich von uns alles erzählen, was inzwischen geschehen war. Als Passlewski mit dem Förster zurückkam, legte der wortlos die Schaufel wieder auf die Pritsche und fuhr davon.
Passlewski ging schnurstracks in sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Nicht einmal mit Frau Herzig wechselte er ein Wort.
Ich hatte mich draußen auf die Treppe gesetzt und wartete darauf, dass die Polizei vorfuhr, wie von Passlewski angekündigt.
Kevin kam zu mir raus. Er setzte sich neben mich. »Jetzt haben sie immerhin den Hund gefunden . . .«
»Passlewski glaubt mir trotzdem kein Wort. Ich verstehe das auch nicht, warum er sich so auf mich eingeschossen hat.«
»Er scheint halt einen Schuldigen finden zu wollen.«
Ich erzählte Kevin von meinem Gespräch mit Noel.
Kevin schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht . . . dem traue ich es wirklich nicht zu. Das wäre schon heftig, dir das Handy unterzujubeln. Aber ich frag mal rum, ob das mit dem Hessenmeister im Crosslauf stimmt . . .«
»Danke. Wo ist eigentlich Tina?«
»Rat mal . . .«
»Janka?«
»Gott, das ist eine Drama Queen, das hab ich noch nicht erlebt.«
Vom Waldweg her kam ein Auto gefahren.
Diesmal war es die Polizei.
Beide Insassen stiegen gleichzeitig aus. Die Fahrerin war eine junge Frau, sicher noch keine dreißig Jahre alt. Sie trug einen blonden Pferdeschwanz und machte einen durchtrainierten Eindruck.
Ihr Kollege mochte etwas älter sein, vielleicht Anfang dreißig. Während die Polizistin in ihrer Uniform wirkte, als hätte sie gerade erst mit dem Dienst begonnen und die Hitze würde ihr gar nichts ausmachen, so wirkte der Mann erschöpft und durchgeschwitzt. Seine schwarzen Haare klebten ihm an der Stirn und die Uniform war zerknittert. Mit grimmigem Blick musterte er uns.
Das waren die beiden, die schon heute Morgen am Kirchplatz gewesen waren.
»Du bist Samuel?«, wandte sich der Polizist an mich.
Scheiße. Wollten die mich etwa gleich mitnehmen? Ich nickte verhalten.
Der Polizist sagte: »Okay. Gehen wir mal rein. Wir haben ein bisschen was zu besprechen.«
»Gibt's was Neues über Lucas?«, fragte Kevin.
»Gleich«, sagte die Frau. »Drinnen, wenn alle da sind.«
Verhör
»Samuel!«
Es ist nicht das Rütteln an meiner Schulter, das mich weckt, sondern die Dringlichkeit in der Stimme meiner Mutter.
Dass ich überhaupt eingeschlafen bin, nachdem ich durch die halbe Stadt gerannt bin und das Adrenalin noch durch meinen Körper pumpt, grenzt an ein Wunder.
Ich bin sofort hellwach, drehe mich aber noch nicht zu ihr um. »Was'n los?«, murmele ich und versuche, Müdigkeit in meine Stimme zu legen.
»Die Polizei ist an der Tür.«
Ich kann mehrere Stimmen hören. Mein Vater bittet jemanden rein, bietet Kaffee an, woraufhin eine dunkle Stimme dankend ablehnt. Jetzt drehe ich mich um, schaue meine Mutter an, die zu Tode erschrocken wirkt. »Was wollen die?«
»Ich weiß nicht, sie haben es uns noch nicht gesagt. Nur dass sie mit dir reden wollen.«
»Okay . . .«, sage ich und schwinge mich aus dem Bett. »Ich zieh mich gleich an.«
»Du weißt auch
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