Im Gewand der Nacht
dich!«
İkmen wandte sich an İskender. »Der Yıldız-Park hat in letz ter Zeit eine ziemlich große Rolle bei unseren Ermittlungen gespielt. Wir haben die gesamte Gegend abgesucht, weil Vedat Sivas seit vielen Jahren in dem Palast arbeitet.«
»Hikmet hat ebenfalls dort gearbeitet.«
İkmen und İskender sahen Süleyman erstaunt an.
»Mein Vater hat ihn dort mal bei Aufnahmen zu einem Yeşilcam-Film gesehen. Sivas sollte einen Janitscharen darstellen.«
»Und wann war das?«, fragte İkmen.
»Bevor er nach Hollywood ging«, erwiderte Süleyman.
» Mein Großonkel Selim, der im Yıldız-Palast geboren wurde, hat meinen Vater damals herumgeführt.«
»Ach«, sagte İkmen.
»Allerdings hat mein Vater nichts von Geheimgängen erwähnt, Çetin«, meinte Süleyman lächelnd.
»Hast du ihn danach gefragt?«
»Nein. Er hätte mich auch für verrückt gehalten.«
İkmen holte sein Mobiltelefon aus der Hosentasche und reichte es Süleyman. »Vielleicht solltest du diese Annahme mal verifizieren, Mehmet.«
Mit einem unwirschen Kopfschütteln nahm Süleyman das Telefon entgegen und stand auf.
»Also gut, ich rufe ihn an. Aber wenn einer der Kollegen meiner Frau mit einer Zwangsjacke angelaufen kommt, mache ich dich dafür verantwortlich.«
Er marschierte hinaus auf den Balkon, um in Ruhe telefonieren zu können. Dabei ging es ihm weniger um İkmen als um İskender. İkmen kannte die angespannten Gespräche zwischen den Mitgliedern der Familie Süleyman, Metin İskender aber nicht.
Nachdem Süleyman die Balkontür hinter sich geschlossen hatte, meinte İskender. »Schiwkow wird noch immer wegen des Mordes an seiner Frau gesucht, und wegen diverser anderer Straftaten.«
»Ja, ich weiß.« İkmen runzelte die Stirn und zündete sich eine weitere Zigarette an. »Ist er kürzlich in der Stadt gesehen worden?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Da er plötzlichen am Malta Köşkü aufgetaucht ist, wäre es durchaus möglich, dass er sich irgendwo im Palast versteckt hält.«
»Ja, das denke ich auch.«
»Hmm.« İkmen ließ sich in das tiefe Polster seines alten, abgewetzten Ohrensessels sinken. »Erinnern Sie sich, wie Sie ganz am Anfang der Ermittlungen im Fall Sivas das Gefühl hatten, dass vielleicht eine der Familien in die Geschichte verwickelt sein könnte?«, fragte er.
»Ja.«
»Und dann haben wir über Hikmet Sivas’ mögliche Verbindung zur sizilianischen Mafia gesprochen.«
»Ein Gedankengang, von dem Ardiç meinte, wir bräuchten ihn nicht weiterzuverfolgen«, sagte İskender bedauernd.
»Haben Sie etwa einen Verdacht, Metin?«, fragte İkmen.
» Bezüglich Ardiç?«
Obwohl der junge Mann den Blick senkte und schwieg, sprach seine Körperhaltung Bände.
»Das dachte ich mir.« İkmen schüttelte traurig den Kopf.
»Ich habe den gleichen Verdacht. Vom ursprünglichen Ermittlerteam ist niemand mehr übrig außer Ardiç, dem alten Yal çin, der dem Tod unerklärlicherweise immer wieder von der Schippe springt, und Orhan Tepe. Das gefällt mir nicht.«
Nachdenklich runzelte er die Stirn. »Lassen Sie uns mal rekapitulieren: Wir haben Vedat Sivas, dessen Bruder – der Filmstar Hikmet Sivas – offenbar Verbindungen zur italienischen Mafia unterhält und der selbst seit vierzig Jahren im Yıldız- Palast arbeitet. Dann taucht plötzlich Schiwkow, ein bulgarischer Schwerverbrecher, der gerne Frauen köpft, wie aus dem Nichts im Yıldız-Park auf. Und schließlich ist da noch Kaycee Sivas, ebenfalls enthauptet …«
»Aber auf andere Weise«, warf İskender ein. »Kaycee wurde mit einem sauberen Schnitt enthauptet, während man der armen Nina Schiwkow den Kopf mit einem Brotmesser abgesägt hat. Dr. Sarkissian meinte, es müsse fast eine Stunde gedauert haben, bis der Tod eintrat.«
»Was mich besonders beschäftigt«, sagte İkmen, »ist die Möglichkeit, dass unsere Familien mit irgendwelchen ausländischen – also amerikanischen, sizilianischen oder was weiß ich – Familien aneinander geraten sind, und zwar im Zusammenhang mit Hikmet Sivas.« Er legte den Kopf zur Seite und runzelte erneut die Stirn. »Und einige Polizeibeamte stecken ebenfalls in der Geschichte mit drin, ranghohe Beamte …«
İskender nickte. »Sie meinen Ardiç, wenn ich recht verstehe.«
»Nein«, sagte İkmen, »eigentlich nicht.« Er blickte İskender ernst an. »Ich meine, Männer aus Ankara. Wie Sie sich bestimmt erinnern, hat man mich erst von dem Fall abgezogen, als Ardiç aus Ankara zurück war. Erst danach
Weitere Kostenlose Bücher