Im Glanz Der Sonne Zaurak
lediglich mit einer materiellen Bestrafung geahndet. Das aber kümmert Dr. Pinn nicht weiter. Trotz seiner Sucht ist er ein guter Arzt, und seinen Ansprüchen genügt eine bequeme Kabine und eine gesunde, kräftige Mannschaft. Mehr braucht er nicht. Arnold ist froh, wenigstens diesen Mann zu haben, den seit der Trennung von seiner Frau nichts mehr an die Erde bindet.
Gerade als der Kapitän den ersten Schritt auf die Tür zu macht, klopft es energisch mehrmals hintereinander. Dieses Ungestüm ist Arnold von seinen Untergebenen, die sich – wenn sie den Weg in seine Kabine nicht vermeiden können – zaghaft und zurückhaltend ankündigen, nicht gewöhnt. „Herein!“ Seine tiefe Stimme dröhnt wie rollender Donner.
Die Kabinentür fliegt auf, und ein breitschultriger, hochg e wachsener junger Mann mit tief in die Stirn fallenden blonden Locken baut sich vor ihm auf, nimmt Haltung an und meldet forsch: „Offizierskandidat Leander Malden meldet sich zum Dienst!“
Arnold kann sich gegen den Schreck, der ihn durchfährt, als er diesen Namen hört, nicht wehren. Um seine Unsicherheit zu verbergen, geht er um den Schreibtisch herum und setzt sich. Das ist er also! Der Sohn Anatol Maldens. Er mustert die athletische Gestalt und fühlt sich befangen. So wie er dasteht, selbstbewußt und vor Kraft fast aus den Nähten platzend – wirklich, ganz der alte Anatol! sinniert Arnold. Seine kleine Unsicherheit währt nur einige Sekunden, er fängt sich schnell, und ein harter Zug tritt in sein Gesicht. „Sie haben etwas vergessen, Malden!“ sagt er kalt.
Leanders Haltung lockert sich unwillkürlich, er sieht Arnold verständnislos an und fragt: „Bitte, Kapitän? Ich weiß nicht…“
Arnold unterbricht ihn mit einer heftigen Handbewegung, die den Satz förmlich abschneidet, und befiehlt unwillig: „Schli e ßen Sie gefälligst die Tür hinter sich, Malden!“
Leander zuckt zusammen. Er spürt dieses unangenehme Brennen in den Hals steigen, das er immer empfand, wenn er sich Vorträge und Zurechtweisungen des Vaters gefallen lassen mußte. Sofort begreift er, daß er wieder einen Meister gefu n den hat. Seine selbstsichere Haltung zerbröckelt wie eine Sandburg. Er macht auf der Stelle kehrt, da hört er es hinter sich donnern: „Sie haben wieder etwas vergessen, Malden!“
Er dreht sich hilflos um und schaut den Kapitän verwirrt an. „Das heißt: Zu Befehl, Kapitän!“ brüllt Arnold.
Leander rafft sich auf und stammelt eine Entschuldigung: „Verzeihung, Kapitän! Selbstverständlich…“
„Schwafeln Sie kein dummes Zeug! Wenn Sie mit dem Kapitän reden, gibt es nur eine Antwort, merken Sie sich das! Und die lautet: Zu Befehl, Kapitän! Kapiert?“ Arnolds Stimme hat einen drohenden Klang angenommen. Wie das Brodeln und Fauchen im Schlot eines Vulkans, der jeden Augenblick ausbrechen kann.
Es geht wie ein Ruck durch Leanders Körper, und er preßt hervor: „Zu Befehl, Kapitän!“
Arnold lehnt sich zurück und sagt ironisch: „Sie sind sehr vergeßlich, Malden. Das ist nicht gut. Ein Raumfahrer muß ein vorzügliches Gedächtnis haben.“ Und er fährt mit deutlichem Spott fort: „Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem Herrn Vater! Er wäre wohl sehr enttäuscht, wenn er Sie so erleben müßte. Sie müssen noch sehr viel lernen, Malden. Haben Sie mich verstanden?“
„Zu Befehl, Kapitän!“ Leander würde am liebsten mit den Zähnen knirschen. Wieder wird ihm der Vater vorgehalten. In seine Augen tritt ein trotziges Blitzen.
„Das glaube ich zwar nicht“, sagt Arnold mit schneidender Kälte, „aber wie es scheint, haben Sie schon etwas gelernt. Sie haben eine gute Auffassungsgabe, Malden.“ Der Hohn ist unüberhörbar. Aber Arnold hat sich abreagiert. Es war eher Notwehr, er wußte nicht anders mit der Situation fertig zu werden. Wie so oft, wenn er unbequeme menschliche Regu n gen fühlte. „Abtreten!“ verabschiedet er den jungen Mann frostig.
„Zu Befehl, Kapitän!“ Leander macht auf dem Absatz kehrt, die Hände an der Hosennaht. Als die Tür hinter ihm ins Schloß fällt, ballt er in ohnmächtiger Wut die Fäuste, bis die Knöchel weiß werden. Jetzt ist ihm endgültig klar, warum Tolder ihn auf die Leviathan geschickt hat!
Zwei Minuten später, Leander hat noch nicht einmal seine Kabine aufsuchen können, ruft Arnold die Besatzung in die Zentrale und hält eine knappe Ansprache.
„Raumflieger! Kadetten! Die Besatzung ist vollzählig. Ich bin nicht gewillt, viele Worte zu machen.
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