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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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schüttelte verwirrt den Kopf und ging langsam weiter, an ihrem Eis schleckend, das in der Hitze schnell schmolz. Der Doktor und seine Frau waren nirgends zu sehen; sie mussten in eines der kleinen Häuser gegangen sein, die von der Hauptstraße aus zu sehen waren.
    Das Eis lockte unzählige Fliegen an, die Ruby die Freude daran verdarben. Am Fluss angekommen, stellte sie fest, dass die Strömung nicht mehr ganz so stark war, die Wassermassen aber immer noch bedrohlich wirkten. Sie ging am Ufer in die Hocke und wusch ihre klebrigen Hände ab, als sich auf der anderen Seite des Flusses ein brauner Ford Pick-up näherte und nahe am Wasser anhielt. Zwei Männer saßen darin. Sie schienen die Situation einzuschätzen und musterten auch Ruby mit prüfenden Blicken, ohne ihr jedoch zuzulächeln oder zu winken.
    Die beiden machten einen gepflegten Eindruck in ihren weißen Hemden und den tadellos frisierten Haaren. Ruby hatte in Silverton noch kein einziges weißes Hemd gesehen, und die Leute hatten ausnahmslos einen guten Haarschnitt nötig. Sie richtete sich auf und schlenderte am Ufer entlang. Als sie hörte, wie die Wagentür geöffnet wurde, blickte sie über die Schulter zurück und sah, dass der Fahrer ausgestiegen war.
    »Hey, Sie!«, rief er.
    »Meinen Sie mich?« Im selben Augenblick wurde ihr bewusst, dass das eine dumme Frage war, schließlich war außer ihr weit und breit niemand.
    »Ja. Können Sie uns sagen, ob man den Fluss gefahrlos überqueren kann?«
    Sie hatte also richtig getippt: Die Männer waren nicht aus der Gegend. Entweder kamen sie aus Broken Hill oder aus einer noch größeren Stadt wie Adelaide oder Sydney. Das machte sie neugierig.
    Sie schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, aber die Einheimischen meinen, es wird noch ein paar Tage dauern.«
    »Dann sind Sie also nicht von hier?«
    »Nein«, erwiderte sie. Etwas an der Art, wie er diese Frage gestellt hatte, weckte ihr Misstrauen.
    »Sind Sie schon lange in Silverton?«
    »Nein«, sagte sie noch einmal. Es gefiel ihr nicht, von einem Fremden ausgefragt zu werden.
    »Kennen Sie viele der Einheimischen?«
    »Ein paar«, antwortete sie vorsichtig.
    »Jed Monroe kennen Sie nicht zufällig?«
    Ruby war perplex. »Nein. Wieso, ist er ein Freund von Ihnen?«
    Die Männer wechselten einen verstohlenen Blick. Rubys Reaktion schien ihnen verraten zu haben, dass ihr der Name Jed Monroe bekannt war.
    »Nicht direkt ein Freund«, sagte der Mann. »Wir haben etwas mit ihm zu besprechen.«
    Dann sind wir schon zwei, wäre Ruby beinahe herausgerutscht. Stattdessen sagte sie: »Soll ich ihm was ausrichten, falls ich ihn treffe?«
    »Nein, sagen Sie nichts; wir würden ihn gern überraschen.« Er stieg wieder ein. Der Wagen wendete und fuhr in Richtung Broken Hill zurück.
    »Was war das denn?«, murmelte Ruby vor sich hin.
    Der Fremde war zwar freundlich gewesen, aber dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht stimmte. Jed Monroe steckte möglicherweise in großen Schwierigkeiten.
    Ruby setzte sich ein Stück weiter ans Ufer, zog die von Mrs. Cratchley geborgten Schuhe aus und tauchte ihre verschwitzten, wunden Füße in das fließende Wasser des Flusses. Es fühlte sich einfach himmlisch an. Sie seufzte behaglich und schloss für einige Sekunden die Augen. Zu ihrer eigenen Überraschung genoss sie die Ruhe und die tiefe Stille, die nur von gelegentlichem Vogelgezwitscher und dem Rascheln der Eukalyptusbäume entlang des Ufers unterbrochen wurde.
    Jed Monroe. Es konnte doch nicht so schwer sein, in einem solch kleinen Ort den Besitzer eines Pferdes ausfindig zu machen. In einer Gegend, in der Viehfutter so knapp war, besaßen bestimmt nicht viele Leute ein Pferd.
    Plötzlich hörte Ruby, wie jemand sie rief. Es war Girra. Sie strahlte übers ganze Gesicht, als sie mit ihren beiden jüngeren Geschwistern auf sie zukam. Erst als sie schon ziemlich nahe war, erkannte Ruby, dass Girra ihr Köfferchen in der Hand hielt. Sie sprang auf.
    »Du hast meinen Koffer gefunden!«, rief sie aufgeregt. »Wo war er?«
    »Ziemlich weit weg, eingeklemmt zwischen einem Felsbrocken und einem umgestürzten Baum.« Girra stellte das Gepäckstück ab. »Du hast Glück, Ruby.«
    »Ich habe Glück, dass ich so ein nettes, hilfsbereites Mädchen wie dich getroffen habe, Girra. Ich kann nicht glauben, dass du bei der Hitze so weit gelaufen bist, nur um meinen Koffer zu suchen. Deine armen Geschwister!«
    Oola und Myall standen im seichten Wasser, spritzten sich nass

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