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Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Titel: Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim al-Khalili
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er sich mit Gleichungen einer anderen Kategorie beschäftigte: Darin kommen stets mehrere Unbekannte vor, und die Lösung ist stets eine ganze Zahl. Ein einfaches, symbolisches Beispiel lautet x + 1 = y . Hier lautet eine mögliche Lösung x = 1 und y = 2 oder aber x = 7 und y = 8 und so weiter – da es keine einzig richtige Lösung gibt, spricht man von einer unbestimmten Gleichung. Gleichzeitig ist sie ein Beispiel für eine lineare Gleichung, denn weder x noch y wird in eine höhere Potenz als 1 erhoben. Allgemeiner bezeichnet man alle Gleichungen, in denen eine oder mehrere Unbekannte zu einer beliebigen Potenz erhoben werden, wobei die Lösungen immer ganze Zahlen sind, als diophantische Gleichungen; Diophantus selbst konnte allerdings weder den Umfang des Fachgebietes richtig einschätzen, noch formulierte er allgemeine Methoden zur Lösung solcher Gleichungen. Die berühmteste diophantische Gleichung rückte durch den großen Pierre de Fermat (1601–1665) ins Rampenlicht, den Begründer der modernen Zahlentheorie. An den Rand seines Exemplars der Arithmetica schrieb Fermat verschiedene Anmerkungen mit Lösungen, Korrekturen und Verallgemeinerungen zu Diophantus’ Methoden. Die berühmteste derartige Bemerkung lautete: »Es ist unmöglich, einen Kubus in zwei Kuben zu trennen oder eine vierte Potenz in zwei vierte Potenzen oder allgemein eine höhere Potenz als die zweite in zwei gleiche Potenzen. Ich habe dafür einen wirklich großartigen Beweis entdeckt, aber dieser Rand ist zu schmal, um ihn aufzunehmen.« [106] Diese Aussage über eines der berühmtesten Probleme der gesamten Mathematik ist unter dem Namen »Fermats letztes Theorem« bekannt. In Wirklichkeit hätte man es dreieinhalb Jahrhunderte lang eigentlich als »Vermutung« und nicht als Theorem bezeichnen sollen. Mathematisch ausgedrückt, besagt es: Es gibt für x, y und z keine ganzzahligen Werte, bei denen x n + y n = z n , wenn n größer ist als 2. Beispielsweise gibt es keine zwei ganzen Zahlen, für die die Summe der dritten Potenzen gleich der dritten Potenz einer dritten Zahl ist (es sei denn, alle sind 0). Einen Beweis fand der britische Mathematiker Andrew Wiles schließlich im Jahr 1995. Ich habe hier nicht die Absicht, seine Methode genauer darzulegen – der Beweis nimmt mehr als 100 Seiten in Anspruch, und Wiles selbst brauchte sieben Jahre, um ihn fertigzustellen.
    Das Verdienst für dies alles sollte man natürlich nicht Diophantus zuschreiben, aber eines wird daran deutlich: Wie Fermat interessierte er sich mehr für die Eigenschaften von Zahlen als für die algebraische Handhabung von Symbolen.
    Im 7. Jahrhundert machte sich der große hinduistische Mathematiker Brahmagupta an die Aufgabe, eine andere diophantische Gleichung zu lösen; sie ist heute als Pell-Gleichung bekannt und hat die allgemeine Form x 2 – ay 2 = 1. Brahmagupta formulierte die Aufgabe, einen Werte für x und y zu finden, wenn a = 92. Gleichzeitig erklärte er, jeder, der die Aufgabe innerhalb eines Jahres löste, könne sich zu Recht als Mathematiker bezeichnen. Seine Lösung lautete x = 1151 und y = 120. Heute ist das natürlich eine einfache Angelegenheit: Man muss nur wissen, wie man einen Computer so programmiert, dass er sehr schnell nach der Lösung sucht.
    Aber zurück ins Bagdad des 9. Jahrhunderts. In einem können wir ganz sicher sein: Al-Khwarizmi kannte weder Diophantus noch die Arithmetica , denn die erste arabische Übersetzung dieses Werkes entstand erst mehrere Jahrzehnte, nachdem al-Khwarizmi das al-Jebr verfasst hatte. Woher also hatte er seine mathematischen Kenntnisse?
    Auf die Frage, ob al-Khwarizmi die Elemente von Euklid kannte, gibt es offenbar keine eindeutige Antwort. Wir wissen, dass es möglich gewesen wäre – vielleicht kann man sogar zu Recht sagen: Er hätte sie kennen müssen. Eine erste Übersetzung der Elemente fertigte al-Hajjaj ibn Yusuf, ein Zeitgenosse al-Khwarizmis, in den ersten Jahren des 9. Jahrhunderts an, noch in der Regierungszeit von al-Rashid. Später verfasste er für al-Ma’mun eine verbesserte Fassung. Ob al-Khwarizmi eine Version von al-Hajjajs Übersetzungen zur Verfügung stand und wenn ja, welche, wissen wir nicht. Die geometrischen Zeichnungen, mit denen al-Khwarizmi seine algebraischen Beweise ergänzte und begründete, lassen nach Ansicht mancher heutiger Historiker darauf schließen, dass er mit den Elementen und Euklids geometrischen Lösungsmethoden vertraut war. [107]
    Ob al-Khwarizmi nun die

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