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Im Haus des Wurms

Im Haus des Wurms

Titel: Im Haus des Wurms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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sich ein. »Überhaupt nicht«, sagte der bronzene Ritter mit unterdrückter, tiefer Stimme. »Er hat uns im Stich gelassen und damit sein Anrecht auf unsere Hilfe verspielt. Der Sache der Yaga-la-hai ist eher gedient, wenn wir abwarten und zusehen, was der Fleischbeschaff er mit dem Großenkel eines Menschwurms anstellt.« Sein Tonfall machte deutlich, daß er keinen Widerspruch duldete.
    Annelyn zitterte vor Erregung und entfernte sich von Groff, der mit starrer Miene in den Saal blickte. Annelyn hatte bisher dem älteren Mann blindlings vertraut, weil er Ritter war und die Graunwege kannte. Aber plötzlich besann sich Annelyn wieder auf seinen Stolz und seine Rache.
    Riess kam zu ihm. »Annelyn«, flüsterte er mit bebender Stimme. »Was sollen wir tun?«
    »Vermyllar hat sich das selbst eingebrockt«, antwortete Annelyn. »Aber wir werden ihn retten, sobald wir die Möglichkeit dazu haben.« Er wußte allerdings nicht, wie sie das ohne die Hilfe des Ritters anstellen sollten.
    Groff drehte den Kopf nach ihnen um und lächelte.
    Annelyn stellte mit Schrecken fest, daß der Fleischbeschaffer aufgestanden war. Er legte den farblosen Graunhaarumhang ab und ebenso den Anzug aus milchweißen Graunhäuten. Dann kehrte er ihnen den muskulösen, fleckigen Rücken zu, warf seine Sachen über eine Armlehne des Throns und wühlte in einem der Kleiderhaufen herum.
    »Groff«, zischte Annelyn, »wir müssen Vermyllar retten, egal wie feige er auch sein mag. Er tut mir leid.
    Riess ist der gleichen Meinung. Du bist überstimmt und brauchst unsere Hilfe.«
    Im Hintergrund gab Riess bestätigende Laute von sich.
    Groff sah die beiden Jungen wieder an und seufzte.
    »Kennt Vielleicht einer von euch den Weg zurück?«
    fragte er bloß.
    Annelyn schwieg. Er wußte, daß er nur mit einem Nein antworten konnte. Er und Riess würden sich in der Dunkelheit heillos Verlaufen. »Riess«, flüsterte er und stockte.
    Der Fleischbeschaffer hatte neue Sachen angezogen und ging an Vermyllars Bett. In der Hand hielt er ein Messer. Er sah irgendwie anders aus. Er trug einen Anzug aus feinem, mokkabraunem Leder, über den Schultern hing ein Cape aus langem, gewelltem Haar, das wie gesponnenes Gold im Schein der Fackel aufleuch-tete. Der Fleischbeschaffer stieß ein paar kehlige Laute aus, die, wie Annelyn glaubte, Worten aus der Graunsprache ähnlich klangen.
    Vermyllar schien plötzlich wieder ganz bei Sinnen zu sein. »Nein«, schrie er. »Nein! Mein Großvater war ein Sohn des Menschwurms!«
    Der Fleischbeschaffer schlitzte ihm den Hals auf und trat flink einen Schritt zur Seite, als das Blut im hohen Bogen herausspritzte. Er fing einen Teil des Blutes in einem Becher auf und leerte ihn mit offensichtlichem Genuß. Der Rest verfärbte das Bett und tropfte auf den Boden. Ein dünner Blutstrom floß wie von Absicht gelenkt auf das Versteck der Wurmkinder zu.
    Vermyllar gab keinen Laut mehr von sich. Der Fleischbeschaffer löste die Fesseln und warf den leblosen Körper über seine breite Schulter. Annelyn war starr vor Entsetzen. Er wurde plötzlich an die zahlreichen Male erinnert, wenn der Fleischbeschaffer mit einer geschulterten Graunleiche bei den Yaga-la-hai aufge-kreuzt war.
    Groff blickte sich nervös um, als der Fleischbeschaffer in Richtung Tor aufbrach. Keine der drei Höhlen bot ausreichenden Schutz. »Klettert das Seil runter«, zischte der Ritter.
    »Runter?« fragte Riess.
    »Nein«, antwortete Groff. »Zu spät. Er wird uns im Schacht entdecken und das Seil durchschneiden.« Er zuckte mit den Schultern, richtete sich auf und hob die Axt. »Egal. Wir wissen jetzt, was wir erfahren wollten.
    Er ist kein Yaga-la-hai, für den er bisher gehalten wurde.

    Dieser Fleischbeschaffer versorgt sowohl die Menschen als auch die Grauns mit Fleisch.«
    Annelyn stand mit gezücktem Rapier an Groffs Seite und wippte nervös auf den Fußballen. Riess griff zitternd nach dem Messer. Der Fleischbeschaffer tauchte mit Vermyllars Leichnam im Türrahmen auf.
    Die drei Wurmkinder hielten sich im schattigsten Winkel des kleinen Vorraumes verborgen. Doch es nutzte nichts. Obwohl der Fleischbeschaffer aus dem beleuchteten Saal ins Dunkle hinaustrat, hatte er sie gleich entdeckt.
    »Aha«, sagte er, neigte die Schulter zur Seite und ließ Vermyllars Körper auf den Boden fallen. Blitzschnell zog er das lange Messer, von dem er noch vor kurzem das Blut des Jungen gewischt hatte. »Aha«, sagte er wieder. »Ihr Yaga-la-hai traut euch also auch schon hier

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