Im Haus des Wurms
gab kein Zurück.
Annelyn versuchte, im Pilzbewuchs, der bis an den Rand des Wurmlochs wucherte, Halt zu finden. Aber die Pflanzen ließen sich zu leicht aus der Wand herausreißen.
Er konnte nur noch springen und darauf hoffen, daß ihm die Knochen heil blieben und der Pilzteppich wirklich so weich war, wie er aussah. Mit dem Gesicht zur Wand ließ sich Annelyn so weit wie möglich an den Händen hinab, blickte an den Füßen vorbei nach unten, wartete, bis der Boden frei von Würmern war, und sprang.
Der Aufprall war hart, obwohl er ihn mit den Beinen abzufedern versucht hatte. Der dicke, mehrere Schichten starke Bodenbewuchs hatte zwar die Landung gedämpft, dafür aber seine Beine unterm Körper wegrutschen lassen. So stürzte Annelyn mit voller Wucht in das Gewirr violetter Fäden. Benommen, aber unverletzt stand er auf. Glühende Pilzstückchen klebten an den schwarzen Kleidern.
Mit einem Schlag war seine Immunität aufgehoben.
Ein Wurm von der Größe eines Männerbeines kroch auf ihn zu. Das Maul kräuselte sich rhythmisch. Mit voller Kraft rammte Annelyn einen Stiefel in den Angreifer und vergaß dabei den verletzten Knöchel, der sich nun wieder schmerzhaft in Erinnerung brachte. Der Wurm lag zerquetscht am Boden, tief im violetten Gewächs ver-graben. Seine Haut schien nicht so dick und stark zu sein wie die seiner größeren Artgenossen.
Unzählige blasse Würmchen kamen zwischen den plattgetretenen Pilzen zum Vorschein. Sie waren so klein, daß Annelyn sie kaum sehen konnte. Einer der Giganten hatte ihn nun bemerkt. Er glitt über den schlafenden Körper eines anderen hinweg und kam näher. Annelyn blickte sich um. Von allen Seiten rückten Würmer heran.
Die Wand war nur wenige Schritte entfernt. Und die vierte Tür, auf die er gehofft hatte. Sie war wie die anderen verschlossen und zugewachsen, aber er konnte sie erreichen, ohne über Hunderte von Würmern steigen zu müssen.
Er schleppte sich dorthin und spürte plötzlich einen scharfen Schmerz. Ein kleiner Freßwurm hatte sich in seiner Wade festgebissen. Annelyn riß ihn los, schwang ihn sich wie ein Lasso über den Kopf und schleuderte das Biest quer durch den Raum, wo es gegen den Rand des riesigen Behälters prallte. Annelyn wandte sich wieder dem Ausgang zu und kratzte in wilder Hast den Pilzbewuchs herunter. Er fand drei Riegel. Den obersten versuchte er mit der Handkante aufzuschlagen. Einmal, zweimal, dreimal. Der schwere Metallschaft war um einen Zentimeter verrutscht. Noch ein Hieb, und der Rost, der Riegel und Führung zusammengeschweißt hatte, blätterte ab. Das Eisen ließ sich ganz herausziehen.
Er drehte sich um, hielt den Riegel wie einen Knüppel gepackt, holte aus und schlug mit aller Wucht auf einen herangekrochenen Freßwurm ein. Die Haut des Tieres platzte auf, aber nur ein Stück, ein kleines Stück. Das Tier war alt und so lang wie Annelyn. Es schwitzte eine sonderbare Flüssigkeit aus, krümmte sich zur Seite und stieß mit einem noch größeren Wurm zusammen. Das Ungeheuer war durch einen Schlag nicht zu bezwingen.
Annelyn konnte gegen seine Angreifer nichts ausrichten. Noch einmal schlug er mit dem Metallknüppel zu und wandte sich dann wieder der Tür zu. Der mittlere Riegel gab nach drei gezielten Schlägen nach. Der Griff des unteren Riegels zerfiel bei der ersten Berührung in kleinste Rostteilchen. Wild hämmerte Annelyn gegen den Rest der Verankerung, bis auch der zersprang. Etwas biß ihn. Er schrie auf, zerrte an den rostigen Türgriffen und brach sie aus dem Schloß heraus.
Die Tür hatte sich nur einen Spaltbreit geöffnet. In panischer Angst kratzte er an dem spröden Metall und grub die Finger in die entstandene Fuge. Er spürte die Monstren im Rücken. Mit der ganzen Kraft, die er noch hatte, stemmte er sich zurück.
Die Scharniere kreischten, das Metall knirschte. Die Tür gab nach, trotz des Widerstandes, den der dichte Pilzteppich entgegensetzte. Sie gab nach!
Fünf
Zentimeter, zehn und dann mit einemmal fünfzehn Zentimeter. Das reichte aus. Annelyn hielt die Luft an, preßte die Schulter in den Spalt und schlüpfte in die stille Dunkelheit hinter der Tür. Dann warf er sich auf den Boden und versuchte, den Wurm abzuschütteln, der an seinem Bein hing. Annelyn wälzte sich hin und her, bis das Tier zu Schleim zerquetscht an den Kleidern klebte.
Er stand auf und zündete ein Streichholz an. Er wagte nicht, durch den Türspalt in die violette Hölle zurückzublicken.
Vor sich sah er einen
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