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Im Haus des Wurms

Im Haus des Wurms

Titel: Im Haus des Wurms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Aber der Schaft war aus Metall und der Kopf aus Glas, völlig wertlos. Vielleicht könnte man die gläserne Kugel mit glühenden Pilzen füllen, dachte Annelyn. Er klemmte das Instrument unter den Arm. Da waren noch andere Dinge: klobige Sockel und kistenförmige Gegenstände aus Metall und Glas, vergleichbar mit denen, die er am Brückenrand in der Kammer des Letzten Lichts und im Thronsaal des Fleischbeschaffers gesehen hatte. Ihr Zweck blieb Annelyn ein Rätsel.
    Die Streichhölzer waren fast alle aufgebraucht.
    Annelyn spürte, daß er irgend etwas übersehen haben mußte. Eine Sache beschäftigte ihn noch. Er ging zurück zur Graunvitrine und musterte den auffällig gekleideten Graun. Das Rohr in seiner Hand schien eine Waffe zu sein und trug ein Theta-Zeichen. Vielleicht konnte es von Nutzen sein, überlegte Annelyn. Mit dem Metallende der vermeintlichen Fackel hämmerte er gegen die Scheibe.
    Bei jedem Schlag entstanden mehr Sprünge und Risse, aber das Glas hielt zusammen. Sein Arm schmerzte bereits vor Anstrengung. Er nahm die Fingernägel zu Hilfe und kratzte kleine Splitter aus den Rissen.
    Schließlich war das mühsam aufgebrochene Loch groß genug, um eine Hand hindurchstecken zu können.
    Annelyn zog die Waffe des Graun heraus und untersuchte sie.
    Nach ein paar Minuten warf er sie verärgert weg. Er wußte nichts damit anzufangen.
    Aber irgend etwas nagte immer noch in seinem Kopf.
    Er zündete ein Streichholz an und betrachtete den behelmten Graun. Da stimmte etwas nicht…
    Mit einemmal wußte er auch, was. Der Helm, das rötliche Visier. Ein Graun hatte doch keine Augen!
    Annelyn vergrößerte das Loch in der Scheibe und hob den Helm vom Kopf des toten Grauns.
    Dieser Graun hatte Augen.
    Annelyn brachte die Flamme näher heran. Augen, kein Zweifel, klein und schwarz, tief in die Höhlen zurückgetreten, aber fraglos Augen. Der schwergewichtige, weibliche Graun unmittelbar daneben war ohne Augen, so wie die übrigen auch.
    Das Streichholz ging aus. Annelyn stülpte den Helm über.
    Um ihn herum wurde es hell.
    Er schrie, wirbelte im Kreis, sprang auf und ab. Er konnte sehen! Er konnte den ganzen Raum sehen, mit einem Blick! Ohne Streichholz, ohne Fackel! Er konnte sehen!
    Die Wände glühten schwach, rauchig rot. Die metallenen Sockel, acht an der Zahl, leuchteten hell orange, während die anderen Metallgegenstände schattig blieben. Die Türen waren dunkel, aber die Fugen der Tür, durch die er gekommen war, ließen gelbliches Licht durchscheinen. Es pulsierte. Selbst die Luft schimmerte in einem geisterhaften Licht, deren Quelle nicht auszumachen war. Die ausgestellten Grauns und Würmer standen sich wie steinerne Denkmäler in zwei Reihen gegenüber, umspült von Licht.
    Annelyn tastete mit den Fingern über das Theta auf dem Kamm des Helmes. Er trug eine Rune der Meister, soviel stand fest. Aber… aber warum hatte sie vor ihm ein Graun getragen?
    Er dachte eine Weile über die Frage nach, hielt sie aber schließlich für belanglos. Das, was zählte, war der Helm.
    Er hob den Metallschaft wieder auf. Ein kühler, grauer Stab in der rötlich glimmernden Kammer. Die Glaskugel am Ende war bei dem Versuch, die Scheibe einzuschlagen, zersplittert. Die scharfkantigen Zak-ken, die noch im Schaft steckten, machten aus diesem Instrument eine wirksame Waffe. Fast heiter marschierte Annelyn auf die äußere Tür zu.
    Die Höhle dahinter war düster, aber damit kam er zurecht. Manche Gänge der Yaga-la-hai waren auch nicht viel heller. Das, was er an Schatten und Konturen wahrnahm, reichte zur Orientierung aus. Einmal nahm er zögernd den Helm vom Kopf und war mit einem Schlag wieder erblindet. Durch das Visier glühten die kühlen Steinwände in einem fahlen Dunkelrot, die Luft schimmerte diesig, die Schächte, an denen er vorbeikam, wirkten wie orangelippige Mäuler, die rötlichen Rauch ausspieen, der sich nach oben schlangelnd langsam auflöste.
    Annelyn ging durch den leeren Tunnel. Diesmal narrten ihn keine eingebildeten Visionen oder Geräusche.
    Wenn er an eine Kreuzung kam, schlug er den Weg ein, der ihm gerade ohne besonderen Grund am meisten zusagte. Jede Treppe, die er fand, stieg er freudig hinauf.
    Zweimal machte er einen großen Bogen um schwach glimmende Schächte, die er für Wurmlöcher hielt.
    Einmal entdeckte er einen lebendigen Freßwurm – einen träge fließenden Strom aus rußigem Eis –, der vor ihm über eine Tunnelkreuzung kroch. Annelyns eigener Körper leuchtete, durch das

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