Im Haus des Wurms
kleinen, runden Raum mit metallenen Wänden. Gegenüber lag eine Tür, ebenfalls aus Metall und rund. In ihrer Mitte steckte ein Rad.
Das Streichholz ging aus. Pilzfetzen hingen immer noch an der Kleidung und in seinem hellen Haar. Weitere Reste lagen verstreut auf dem Boden und schimmerten matt. Annelyn zog an dem Rad. Aber es tat sich nichts.
Er versuchte, es zu drehen. Wieder ohne Erfolg.
Schließlich fühlte er an der Achse des Rades eine mechanische Sperre. Mit äußerster Anstrengung gelang es ihm, den Hebel zur Seite zu drücken. Jetzt ließ sich das Rad bewegen, wenn auch mit Mühe.
Annelyn war schweißgebadet. Seine feuchten Handflächen glitten auf dem Metall ab. Er stellte plötzlich fest, daß es keinen Rost angesetzt hatte. Es war fest und kühl, wie ein Werkstück frisch aus den Schmieden der bronzenen Ritter.
Plötzlich machte sich von allen Seiten her ein Zischen bemerkbar. Aufgeschreckt fuhr Annelyn herum, aber keiner der Freßwür-mer war durch den Türspalt gekrochen. Er wandte sich wieder dem Rad zu, drehte daran, bis es nicht mehr weiterging, zog, und die Tür schwenkte über gewaltige Angeln gleitend auf. Das Zischen wurde lauter. Ein ungeheurer Luftsog zerrte Annelyn durch die Öffnung.
Er zog die Tür hinter sich zu. Es war pechschwarz. Nur die kleinen Pilzstücke an seiner Kleidung glühten in der Dunkelheit. Besser hier, als in die Kammer der Freßwürmer zurückzumüssen, dachte Annelyn.
Die Streichhölzer. Er schüttelte die Schachtel. Der Vorrat ging zur Neige. Mit fühlenden Fingern zählte Annelyn die übriggebliebenen Hölzer. Höchstens ein Dutzend, mehr nicht. Vielleicht hatte er sogar einige doppelt gezählt. Er nahm ein Holz aus der Schachtel und rieb es an.
Unmittelbar vor ihm stand ein Graun.
Entsetzt sprang Annelyn einen Schritt zurück. Es war totenstill. Die Flamme wie eine Waffe vor sich hertragend, schlich er näher. Der Graun war immer noch da. Steinern. Irgend etwas trennte beide. Annelyn streckte die Hand aus. Glas. Erleichtert bewegte er die Flamme auf und ab. Dann zündete er ein neues Streichholz an und fuhr mit der Inspektion fort.
Eine ganze Wand voll Grauns!
Annelyn überlegte kurz, ob er das Glas zerschlagen und einen der gefangenen Grauns essen solle, verwarf aber diesen Gedanken gleich wieder. Sie waren offensichtlich ausgestopft, und das seit vielen Jahren. Außerdem schienen sie keine gewöhnlichen Grauns zu sein.
Männliche und weibliche Exemplare standen in langer Reihe abwechselnd nebeneinander. Jedes einzelne war teilweise enthäutet. Die herausgeschälten Stellen enthüllten Teile des Inneren. Daneben entdeckte Annelyn Graunstatuen, Schädel und sechsgliedrige Skelette. Ein Graun stach aus allen anderen hervor. Seine Kleidung war zwar farblos, aber ebenso kunstvoll und elegant wie die der Yaga-la-hai. Auf dem Kopf saß ein Helm, der auch von einem bronzenen Ritter hätte getragen werden können. In das schwarze Metall war ein halbmondförmiges, rotes Fenster als Sehschlitz eingearbeitet. Der Graun hielt etwas in der Hand. Es sah aus wie ein langgezogenes Rohr aus dem gleichen Material wie der schwarze Helm. Am seltsamsten jedoch waren die auf Helm und Rohr gemalten silbernen Thetas.
Annelyn ließ vier weitere Streichhölzer abbrennen, um die ganze Reihe der Grauns nach etwas Brauchbarem absuchen zu können. Die Reserve wurde knapp, aber zum Geizen gab es keinen Grund. Er fand nichts, tappte quer durch den Raum, stieß vor einen Tisch, umrundete ihn, stieß vor einen zweiten. Beide Tische waren leer.
Schließlich ertastete er eine glasige Fläche. Hinter dieser Scheibe waren Würmer ausgestellt. Ausgestopft, präpariert oder in Glas gegossen, Annelyn konnte es nicht genau erkennen. Hauptsache, sie bewegten sich nicht. Ein vier Fuß langer Freßwurm beherrschte den Schaukasten. Um ihn herum gruppierten sich Exemplare anderer Wurmarten. Die meisten davon kannte Annelyn nicht, obwohl er sein Leben lang Würmer verspeist hatte.
In einem Punkt waren sie alle gleich: Sie sahen gefährlich aus. Viele von ihnen hatten Zähne, was Annelyn besonders abstoßend fand. Anderen ragten Stacheln aus den Schwänzen.
Annelyn durchkämmte den Rest der Kammer. Sie war lang und schmal. Die Metallwände schienen die Zeit unbeschadet überstanden zu haben. Je eine große Rolltür war in die Stirnwände eingelassen. Überall standen Tische und Metallstühle herum, aber das interessierte Annelyn nicht. Dann fand er einen Gegenstand, der die Form einer Fackel hatte.
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