Im Haus des Wurms
der niedrigen Decke, von denen ein hämmerndes Geräusch ausging.
Dunkle Nebelfetzen quirlten um sie herum und fielen dann wie Luftschlangen langsam zu Boden. Annelyns Füße versanken knöcheltief in kühlem, feuchtem Dunst.
Unter den Rohren waren bedrohlich aussehende Metallhaken festgeschweißt. An zweien dieser Haken hingen die Kadaver seildünner Würmer, von einer Art, die Annelyn fremd war. An einem dritten Haken hing der arme, plumpe Riess, nackt und tot, wie eine aus Obsidian gehauene, obszöne Skulptur, die grotesk hin und her baumelte. Annelyn war versucht, das Zeichen des Wurms zu schlagen, verkniff es sich aber und schlurfte weiter.
Hätte er statt drei nur zwei Finger hochgehalten, so würde er jetzt wahrscheinlich am Haken neben seinem ehemaligen Freund hängen.
Zwei Säle versetzten ihm einen mächtigen Schock, denn beide waren wohl die weitesten offenen Flächen, die er je gesehen hatte. In der einen war es so heiß, daß ihm Schweiß aus den Poren drang. Das gelbrot gleißende Licht der Luft brannte in den Augen. Der Raum war so riesig, daß man kaum bis ans andere Ende sehen konnte.
Überall verliefen Rohre, dicke, dünne, manche seltsam dunkel, andere leuchtend hell. Wie metallene Würmer wanden sie sich kreuz und quer über Boden, Decken und Wände. Die weiten Deckenräume durchzog ein Netz aus schmalen Brücken und Seilen, auf denen unzählige Grauns mit ihren sechs Gliedern geschmeidig herumturnten, auf und ab kletterten, Räder und Hebel bewegten und riesige Behälter bedienten, die auf verschiedenen Höhen hingen und in grellweißem Licht loderten. Der Begleiter führte Annelyn auf unterster Ebene durch das Gewirr der Rohre, während die anderen vorbeieilenden Grauns kaum Notiz von ihnen nahmen.
Der zweite Saal, drei Ebenen weiter oben, war ebenso groß, aber völlig leer. Keine brennenden Kessel, keine Rohre, Brücken oder Seile. Der einzige Graun, den Annelyn entdeckte, war ein bewaffneter Jäger, der wie eine kleine, rote Wanze verloren auf der weiten Ebene des Raumes stand und sie beobachtete. Boden und Wände bestanden aus Stein, staubig, trocken und traurig aussehend. Nur an einigen Stellen schillerten Metallverkleidungen in vielen Farbtönen. Als Annelyn mit seinem Begleiter an einer dieser Metallflächen vorbeikam, sah er auf ihr eine matt schimmernde, kunstvolle Zeichnung. Schwerter schwingende Grauns waren unscharf zu erkennen, die Giganten mit thetaförmigen Augen und wurmähnlichen Fingern bekämpften. Annelyn mußte angestrengt hinsehen, um die Szene zu deuten. So wie bei den Wandbehängen der Yaga-la-hai waren auch hier die Farben verschossen.
Rostige Flecken hatten weite Teile des Bildes zerstört.
Annelyn bemerkte noch etwas in dem großen, verlassenen Raum: Wurmlöcher. Der Boden war voll davon.
Danach gingen die beiden eine lange Strecke geradeaus. Als Annelyn zerbrochene Bronzefäuste an den Wänden entdeckte, vergaß er fast seine Müdigkeit. Er würde bald zu Hause sein. Die Yaga-la-hai hatten hier einmal gewohnt.
Plötzlich blieb der Graun stehen und hielt Annelyn auf.
Sie standen neben einem unvergitterten Luftschacht.
Annelyn lächelte matt, langte in die Öffnung und berührte ein Seil.
Der Graun machte eine seltsame Geste, kehrte um und verschwand auf dem Weg, den sie gekommen waren.
Annelyn beugte sich in den warmen Schacht, packte das Seil und kletterte los. Die Metallseiten leuchteten in einem freundlichen Rot, und die leicht diesige Luft driftete an ihm vorbei nach oben. Als er den ersten Zwischenabsatz erreichte, warf er einen orientierenden Blick durch die schattigen, quadratischen Öffnungen zu beiden Seiten und kletterte weiter.
Bei der nächsten Ebene stieg er aus dem Schacht, nahm den Helm vom Kopf und klemmte ihn sich unter den Arm. Das große Metalltor stand offen. Annelyn kauerte im Schatten und wartete, bis sich seine Augen an das blasse, violette Licht gewöhnt hatten. Die Fackeln brannten nicht mehr, aber die pilzumwucherten Kugeln in der Kammer der Meister der Umwälzung leuchteten immer noch. Vom Fleischbeschaffer war keine Spur zu sehen, und so wagte sich Annelyn vor.
Als erstes griff er nach einer Waffe. Dann fand er auf einem Stoß rostender Klingen sein Rapier und nahm es freudig wieder in Besitz. Groffs Axt lehnte am Thron.
Annelyn hob sie prüfend auf, legte das viel zu schwere und unhandliche Ding aber gleich wieder ab. Statt dessen steckte er Vermyllars Dolch unter den Gürtel und den von Riess in einen Stiefel. Für die
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