Im Haus meines Feindes
vornehmsten Häusern schwierig, die Auswirkungen der
Tatsache zu bekämpfen, daà man auf Meereshöhe lebte. In dieser Hütte war der Kampf gegen Moder und Schimmel offenbar längst verloren.
»Ich habe Sie gewarnt, daà die Unterkunft nicht luxuriös ist.« Basile, der jetzt hinter ihr stand, schob sie über die Schwelle. »Stellen Sie die Tüte vorerst auf den Tisch. Bevor wir auspacken, muà ich die Hütte nach Kakerlaken absuchen.«
Remy tat wie geheiÃen und sah sich danach in der Hütte um. Sie bestand eigentlich nur aus einem Raum, wies jedoch eine zweite Tür auf, auf die jemand eine Mondsichel gemalt hatte, um sie als WC-Tür zu kennzeichnen.
»Das Abwasser aus der Toilette läuft â meistens â in einen Klärgrubenbehälter drüben auf der Halbinsel«, erklärte er ihr. »Hier gibtâs auch flieÃendes Wasser, aber ich rate Ihnen, nur Mineralwasser zu trinken. Waschen kann man sich vor dem Regenwasserfaà an der Westwand. Baden oder schwimmen im Bayou ist nicht empfehlenswert.«
Sie warf ihm einen bösen Blick über die Schulter zu, bevor sie an eins der Fenster trat und die Lamellen des Fensterladens öffnete. Der Tag war so grau und wolkenverhangen, daà nur wenig Licht hereinfiel. Trotzdem wurde es im Hütteninnern dadurch etwas heller.
An einer Wand stand ein altes Sofa, das aussah, als wäre es bei der Möbelsammlung der Wohlfahrt abgelehnt worden. In der Raummitte stand ein Küchentisch aus den fünfziger Jahren mit Resopalplatte und rostigen verchromten Beinen. Die Beine der drei Küchenstühle waren ähnlich korrodiert, aber ihre hellblauen Kunstlederpolster waren tadellos erhalten. Remy sah nur einen zweiflammigen Gaskocher, keinen Kühlschrank.
»Hier gibtâs keinen Strom«, sagte er, als errate er ihre Gedanken. »Aber wir haben ein Gasheizgerät, und ich habe von Dredd eine volle Gasflasche mitgebracht. Ist Ihnen kalt?«
»Bisher nur kühl.«
Er machte sich daran, das Heizgerät in Betrieb zu setzen; sie sah sich weiter in der Hütte um. AuÃer einer Kommode und einigen eher zufällig verteilten Tischen und Wandregalen war das einzige gröÃere Möbelstück ein breites Bett. Die Sprungfedern hatten sich nach drauÃen gebohrt; sie waren rostig. Die Matratze war mit blau-weiÃem Drell überzogen, der hoffnungslos fleckig war. Ãber dem Bett hing ein zusammengebundenes Moskitonetz.
Während sie noch das Bett betrachtete, landete ein vollgestopfter Kopfkissenbezug mitten auf der Matratze. »Ich habe frische Bettwäsche mitgebracht«, erklärte Basile. »Während ich das Ungeziefer ausräuchere und dieses Zeug wegräume, können Sie das Bett machen.«
Sie war dankbar, eine Aufgabe zu haben, die sie auf andere Gedanken brachte. Sie schüttelte den Inhalt des Kopfkissenbezugs aufs Bett und sah erleichtert, daà er daran gedacht hatte, nicht nur weiÃe Bettwäsche, sondern auch einen wattierten Matratzenschoner einzupacken. »Wie lange bleiben wir hier?«
»Bis Ihr Mann uns gefunden hat.«
»Er findet uns.«
»Darauf zähle ich.«
»Vielleicht sollten Sie auch darauf zählen, daà er Sie erschieÃt.«
Er war damit beschäftigt, Konservendosen aus der blauen Tüte in ein primitives Regal zu räumen. Jetzt machte er eine Pause, stellte eine Dose genau in die Mitte des unteren Fachs und drehte sich dann langsam zu Remy um.
»Ich sollte Ihnen wohl fairerweise erzählen, daà ich vor ein paar Wochen meine Pistole in der Hand hatte und daran dachte, mir eine Kugel in den Kopf zu jagen. Ich habe es nur nicht getan, weil ich erst noch die Männer erledigen wollte, die meinen Freund auf dem Gewissen haben. Was danach aus mir wird, ist mir völlig egal.«
»Da täuschen Sie sich, Mr. Basile. Wenn Sie erst einmal vor die Wahl zwischen Leben und Tod stehen, werden auch Sie sich fürs Leben entscheiden.«
»Wie Sie meinen«, sagte er gleichmütig und arbeitete weiter.
»Was ist mit Ihrer Familie?«
»Ich habe keine.«
»Keine Frau?«
»Nicht mehr.«
»Oh, ich verstehe.«
»Nein, das tun Sie nicht.« Er knüllte die leere Papiertüte zusammen. »Ich habe Ihnen das alles nicht erzählt, um ein Gespräch anzufangen. Ich habe es Ihnen erzählt, damit Sie mir und sich alle Einschüchterungsversuche ersparen, die Ihnen
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