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Im Haus meines Feindes

Im Haus meines Feindes

Titel: Im Haus meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Augen mit dem rechten Unterarm. Obwohl er praktisch vaterlos aufgewachsen war, hatte er in seiner Kindheit keine größeren Probleme gekannt, als die Hausaufgaben
pünktlich zu erledigen und das Zimmer, das er sich mit Joe teilte, halbwegs in Ordnung zu halten, weil ihnen sonst eine Strafpredigt ihrer Mutter blühte. Aber ihre Mutter hatte sich trotz der hohen Arbeitsbelastung stets aufmerksam und liebevoll um ihre beiden Söhne gekümmert.
    Remy hatte täglich Herausforderungen bestehen müssen, nur um überleben zu können. Seit dieses Schwein sie als Zwölfjährige begrapscht hatte, hatte sie immer wieder Alpträume und litt an pathologischer Erstickungsangst und unter mangelndem Selbstwertgefühl. Die Geschichte erklärte auch, warum Remy so häufig die Arme vor der Brust verschränkte.
    Aber es war wenig glaubwürdig, denn sie trug tief ausgeschnittene Kleider, die ihren Busen zur Schau stellten.
    Burke ließ den Arm sinken, setzte sich auf und blickte auf sie herab. »Warum haben Sie mir das alles erzählt? Haben Sie diese Geschichte erfunden, um bei mir Mitleid zu schinden?«
    Â»Es ist alles wahr, aber mir ist es egal, ob Sie ein Wort davon glauben oder nicht.«
    Â»Solange es mich Ihnen vom Hals hält, stimmt’s?«
    Â»Scheren Sie sich zum Teufel!« sagte sie aufgebracht.
    Das war das erstemal, daß er von ihr eine wenn auch milde Verwünschung zu hören bekam, und das brachte ihn wieder zur Vernunft. Er glaubte ihr. Schließlich hatte er selbst erlebt, wie sie dreimal in Panik geraten war, wenn sie nicht genug Luft bekam. Und wie hätte sie sich das alles ausdenken können? Ihre Geschichte war zu grausig, um erfunden zu sein.
    Etwas besänftigt fragte er: »Okay, warum haben Sie mir das alles erzählt?«
    Â»Weil Sie der Mann sind, der mich mit Handschellen gefesselt hat«, fauchte sie. »Ich war ein Opfer. Das hat mir nicht gefallen. Ich weigere mich, Ihr Opfer zu sein, Mr. Basile.«
    Â»Habe ich Ihnen etwas getan?«
    Â»Getan?« wiederholte sie ungläubig lachend. »Sie kapieren wohl überhapt nicht? Für einen Drogenfahnder sind Sie ja
nicht sehr clever. Nein, Sie haben mich nicht geschlagen, nicht vergewaltigt, nicht hungern lassen oder mich körperlich mißhandelt. Aber glauben Sie im Ernst, daß ein derart pingeliger Mensch wie Pinkie mich nach dieser Sache noch haben will?«
    Â»Warum zum Teufel sollen Sie zu ihm zurückgehen wollen?« fragte er ebenso wütend. »Er hält Sie in einer Beziehung gefangen, die richtiggehend mittelalterlich ist. Ich habe nicht geahnt, daß es in der freien Welt noch so etwas gibt! Wieso um Himmels willen bleiben Sie bei dem Dreckskerl?«
    Â»Sie denken wohl, ich hätte nie versucht, von ihm wegzukommen?« rief sie aus. »Ich hab’s getan. Einmal. Ich hatte genug Geld zusammengespart, um mir eine Busfahrkarte zu kaufen. Genau, Mr. Basile – ich habe kein eigenes Geld. Ich bekomme ein kleines Taschengeld. Damit kann ich auf dem Markt Orangen kaufen, aber viel weiter reicht es nicht.
    Es hat Monate gedauert, bis ich das Geld für die Busfahrkarte beisammen hatte. Ich hatte es aus Pinkies Geldbörse gestohlen  – jedesmal nur ein paar Dollar, damit er nichts merkt. Dann bin ich meinem damaligen Leibwächter, einem gewissen Lute Duskie, im Maison Blanche entwischt.
    Ich bin bis nach Galveston in Texas gekommen, wo ich einen Job als Aushilfskraft in einer Gärtnerei gefunden habe. Gewohnt habe ich in einer preiswerten Pension, die Zimmer wochenweise vermietet hat. Ich habe lange Strandspaziergänge gemacht, meine Freiheit genossen und Pläne geschmiedet, wie ich Flarra zu mir holen und mit ihr ein neues Leben beginnen würde. Ich war ganze vier Tage lang allein.
    Am fünften Tag habe ich im Treibhaus Begonien gegossen, als ich Pinkie durch den Mittelgang hereinkommen sah. Seinen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen. Er hat gelächelt. Und er hat mir zu meiner Gerissenheit gratuliert. Ihn hereinzulegen gelinge nicht vielen, hat er gesagt. Ich könne sehr stolz auf mich sein.
    Ich war natürlich sprachlos. Ich hatte erwartet, daß er verdammt
wütend wäre. Statt dessen hat er mir erklärt, wenn ich nicht länger mit ihm verheiratet sein wolle, hätte er nicht die Absicht, mich zurückzuhalten. Wenn ich mit ihm darüber gesprochen hätte, hätte er mich gehen lassen, ohne mir irgendwie

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