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Im Heimlichen Grund

Im Heimlichen Grund

Titel: Im Heimlichen Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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können die Bären kommen!«
    Eva atmete erleichtert auf und zeigte ihm, was sie gefunden hatte: einen spindelförmigen, hornfarbenen Hartstein,so groß wie eine ausgewachsene Mohrrübe; ein zweizinkiges Rehgehörn, das wohl seit dem vorigen Herbst im Gras gelegen hatte; es war auf einer Seite gebleicht. Peter tat einen langen Pfiff.
    »Eva, du hast heut die Augen offen! Das hat ein Gabler abg'worf en!«
    Entzückt betrachtete er das Rehkrickel, drehte es hin und her und fand endlich, daß es, unter der Rose gefaßt, ein prächtiges Werkzeug zum Stechen und Graben abgab.
    Aber wie sollten die vielen Dinge heimgebracht werden ?
    »Ein Korb tat not! Eva, du hast ja schon früher allerhand g'flochten, versuch's wieder.«
    »Ja, du mußt mir halt Ruten schneiden, junge Weidenschößlinge, recht biegsame«, sagte Eva.
    Nun mußten aber die gefundenen Sachen verpackt werden, so gut es ging.
    Große Pestwurzblätter, mit Reisern unterlegt, ließen sich zum Einwickeln gebrauchen und Weidenrutenrinde zum Binden. Eva suchte angestrengt nach einem zweiten abgeworfenen Rehkrickel; aber nur die kleine Stange eines Spießers fand sie noch; die behielt sie zum Wurzelgraben. Peter handhabte mit wahrer Lust bald sein bestes Steinmesser zum Abschneiden von Weidenschößlingen und Waldrebenranken, bald die Gehörnstange zum Ausgraben von Wurzeln; davon sammelte er soviel, daß sie nicht zu hungern brauchten, wenn es regnete.
    Dann wanderten sie auf dem Pfad, den sie sich vor kurzem gebahnt hatten, langsam der Höhle zu. Sie gingen in ihrer alten Spur zurück und traten sich so den ersten Pfad aus, den Erntepfad.
    In ihrer Freude war es ihnen entgangen, daß sich der Himmel bewölkt hatte, und sie waren überrascht, als sie die ersten Regentropfen spürten. Gehörig durchnäßt erreichten sie ihr neues Heim.
    Fröstelnd wühlten sie sich in ihre Liegestätten ein und ließen in Gedanken die Ereignisse der letzten Tage an sich vorüberziehen. Da fiel es Peter ein, daß Ahnl und Ähnl am Freitag gestorben waren. Er schlug vor, den nächsten Tag als ersten Sonntag, den sie im Heimlichen Grund verbracht hatten, und jeden wiederkommenden siebenten Tag mit einem langen Ritz an der Höhlenwand über seinem Lager zu bezeichnen. Kleinere Ritzmarken dazwischen sollten die Werktage angeben. Und jeder Sonntag sollte ein Ruhetag sein, wie in Ahnls und Ähnls Zeiten.
     

Tragkorb und Steindolch
    Draußen strömte der Regen herab, in den Höhlen aber war es behaglich. Trocken und angenehm durchwärmt richteten sich die beiden Höhlensiedler auf, streiften mit den Fingern Moos und Blätter aus den Haaren und begannen ihre Funde zu mustern. Als ob mit der Erfindung der Steinwerkzeuge ein neuer Geist von Mut und Zuversicht in die jungen Menschen gekommen wäre, träumten und sprachen sie von nichts anderem als von Jagd und Kampf. Das heißt, Peter beschrieb, wie er den Rehen, Füchsen und Bären beikommen wollte, und Eva lauschte mit offenem Munde. Das Blut des Bären wollte er trinken, um dessen Stärke in sich zu schlürfen; Fleisch und warme Felle wollte er in Menge heimbringen. Er hatte keine Angst vor dem Winter.
    Während Peter so von kommenden großen Taten redete, hatte er das Eichhörnchen unter den Händen; er schnitt ihm mit einem scharfen Steinsplitter den Balg auf und zog ihn über den Kopf ab. So hatte er es unter Ähnls Anleitungbeim Abhäuten von Alpenhasen und Murmeltieren gemacht.
    Das Fell schlitzte er nur an der Innenseite der Hinterbeine, schnitt die Pfoten ab und zog die Haut im Ganzen herunter. Damit der Balg nicht schrumpfte, stopfte er ihn, Haarseite nach innen, mit Laub aus. Dann klemmte er ihn mit Hilfe eines Zweiges in eine Felsritze der Höhle zum Trocknen. Das Gedärm des Hörnchens spülte er im Bach durch und hängte es vor die Höhle über einen Zweigstummel des Steigbaumes; getrocknet mochte es gute Bindfäden abgeben.
    Das nackte Körperchen des Nagers aber reichte er Eva: »Iß! – die Füchs' und Marder haben's auch nicht besser.«
    Da sie nicht gleich zugriff, trennte er für sich einen Hinterschenkel ab, dessen pralle Springmuskeln ihn zum Hineinbeißen reizten, und begann zu essen.
    Doch wie sonderbar, so sehr er sich bei den faden Wurzelmahlzeiten nach einem Stück Fleisch gesehnt hatte – nun widerstand es ihm wegen des eigenartigen Blutgeruchs. Um aber Eva Mut zu machen, nagte er das zarte Fleisch ab und hob die Knöchelchen auf. Wer weiß, wozu sie einmal taugen mochten. Eva nahm sich den zweiten

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