Im Herzen der Feuersonne
gelang, der Geburtsvorgang konnte
endlich weitergehen.
»Ein langes Laken. Schnell!« Dr. Monterey
streckte schon die Hand aus. »Wickelt es ihr um den Leib. Ja â so â¦Â« Er keuchte
vor Anstrengung, als er die Enden des Lakens so zusammendrehte, dass das Kind
fast aus Charlottes Körper gepresst wurde. Doch die Hilfe fruchtete: Mit einem
aufbegehrenden leisen Schrei glitt der kleine Körper halb aus dem Geburtskanal.
Noch ein paar gekonnte Griffe ⦠das kleine Mädchen war geboren!
Noch ehe der Arzt reagieren konnte, griff Sina zu
und wickelte das kleine nasse Geschöpf in ein weiches Tuch, sie säuberte Mund
und Nase vom Schleim und legte das Kind dann erst wieder neben Charlotte.
»Sie kann sich jetzt nicht darum kümmern. Nehmt
es fort und versucht, es zum Schreien zu bringen.« Dr. Monterey kontrollierte
Charlottes Puls; er war sehr niedrig. Die junge Frau hatte viel Blut verloren,
und die Miene des Arztes war ernst. Erst als das Baby ein paar schwache Laute
von sich gab, atmete er auf.
»Missis Ruhland!« Leicht tätschelte er Charlottes
Wange. »Hören Sie nur â Ihre Tochter!« Er flöÃte Charlotte ein paar Tropfen ein,
und wenig später öffnete sie mühsam die Augen. Ihr Blick irrte durch den Raum,
glitt von Dr. Monterey hinüber zum Fenster, dann blieb er an Sina haften, die
das Kind auf dem Arm hielt und jetzt mit zwei Schritten zum Bett kam.
»Sieh nur, deine kleine Prinzessin«, lächelte sie
und legte Charlotte das Neugeborene in den Arm. »Sie ist gesund«, fügte sie
hinzu.
»Danke â¦Â« Charlottes Stimme war nur ein Hauch,
doch ihr Blick wurde immer klarer. »Ben â¦Â«
»Ich hole ihn«, sagte Sina. Und dann schaute sie
mit ein wenig Wehmut im Herzen zu, wie Benjamin Ruhland erst seine Frau innig
küsste, dann ihre Hände nahm und sie zärtlich in seinen hielt. »Mein armes
Herz«, flüsterte er, »wie geht es dir?«
»Wieder gut.« Charlotte schmiegte die Wange an
seine Hand. Dann sah sie zu Dr. Monterey auf. »Es ist doch alles gut?«, fragte
sie.
»Ja, Sie können ganz unbesorgt sein. Ich
gratuliere Ihnen zu einer kleinen Tochter.«
»Danke.« Charlotte zog ihre Rechte aus Bens Hand
und streichelte zärtlich über die immer noch krebsrote Wange ihrer Jüngsten.
»Sie ist so klein, unsere Madeleine â¦Â« Auf diesen Namen hatten sie sich schon
vor Wochen geeinigt. Wenn es ein Mädchen würde, wollte Charlotte sie Madeleine
nennen, einen Jungen hätte sie gern Charles genannt.
»Aber sie ist eine Kämpferin«, warf Sina ein.
»Glaub mir, sie wird sich durchsetzen.« Sie ging zur Tür. »Ich hole dir etwas
Wein mit Ei«, sagte sie. »Das gibt neue Kraft.«
»Ich lasse Sie auch kurz allein.« Der Arzt folgte
Sina zur Tür. »Du zeigst mir bitte erst, wo ich mich waschen kann«, forderte er.
»Und dann brauche ich auch einen Schluck Wein.«
Sina nickte nur und verlieà mit dem Arzt den
Raum.
Allein mit Charlotte und dem Baby, küsste Ben
seine Frau noch einmal lange und innig. »Danke, mein Herz, für diese kleine
Prinzessin«, flüsterte er und hob das Neugeborene zärtlich auf die Arme.
Doch Madeleine wandte das Köpfchen ab.
***
Â
»Lady Gwendolyn hat geschrieben!« Charlotte saÃ
auf der südlichen Terrasse, der Stoep , wie viele der
Kapbewohner immer noch sagten, und sichtete die Post, die an diesem Morgen
angekommen war. Thabo, der neues Saatgut, Fleisch und Fisch in der Stadt gekauft
hatte, hatte auch die Post der letzten drei Wochen mitgebracht.
»Was schreibt sie denn?«, fragte Ben aus reiner
Höflichkeit und ohne wirkliches Interesse. Er hatte die Engländerin, deren
Bekanntschaft sie vor anderthalb Jahren gemacht hatten, als recht schwatzhafte
Person in Erinnerung. Charlotte jedoch hielt regen Kontakt mit der
Diplomatengattin. Sie hatte ihr sogar von Madeleines komplizierter Geburt
berichtet.
Und jetzt, fast ein halbes Jahr danach, kam ein
ausführliches Schreiben aus London, dem auch noch ein kleines Paket beigefügt
war.
Meine liebe
Charlotte , schrieb Lady Gwendolyn, ich freue mich
für Euch, dass Euch endlich ein kleines Mädchen geschenkt wurde. Madeleine â ein reizender Name. Erinnert
Ihr Euch, dass ich Patin Eures nächsten Kindes werden wollte? So Ihr also
noch niemanden bestimmt habt, so würde ich diese angenehme Aufgabe
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