Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
Vom Netzwerk:
das Mädchen
an.
    Â»Weg. Ich weiß nicht, wohin.«
    Ben zwang sich, einmal tief durchzuatmen. »Wo ist
er hin? Denk nach!«, bat er.
    Und als das Mädchen nur mit den Schultern zuckte,
fragte er weiter: »Hat er die Kutsche genommen? Ist seine Tasche da?«
    Â»Welche Tasche?«
    Â»Die mit der Medizin. Und den Instrumenten.« Ben
musste all seine Beherrschung aufbieten, um ruhig zu bleiben.
    Â»Ich sehe nach, Mister. Ja?« Die Kleine hob den
Rock ihres gelb-rot gestreiften Kleides hoch und flitzte davon.
    Die Zeit verging in bangem Warten. Dann endlich
kam das Mädchen zurück. »Master Doktor ist weg. Mit Tasche.«
    Â»Schon lange?«
    Â»Weiß nicht …« Das Mädchen biss sich auf die
volle Unterlippe. Sie senkte den Kopf, als hätte sie Angst, geschlagen zu
werden, weil sie eine Auskunft gegeben hatte, die dem Weißen in dem eleganten
Anzug nicht gefiel.
    Â»Ist gut. Danke«, presste Ben hervor, dann wandte
er sich ab. Sein Herz schlug schmerzhaft in der Brust, die Angst, die er um
Charlotte hatte, ließ ihn fast die Besinnung verlieren. Er sah kaum noch, wohin
er seine Schritte lenkte.
    An der nächsten Straßenecke wäre er beinahe mit
einem Mann zusammengestoßen, der aus einer dunkelgrün gestrichenen Doppeltür kam
– Dr. Monterey!
    Â»Doktor!« Es war wie ein Schrei. »Kommen Sie –
schnell! Meine Frau … Das Kind …«, stammelte Ben. Seine Knie zitterten, er war
so erleichtert, den Arzt getroffen zu haben, dass er befürchtete, sich nicht
mehr auf den Beinen halten zu können.
    Â»Gehen wir!« Der Arzt wies auf seine Tasche. »Ich
habe alles dabei. Die junge Frau, zu der ich gerufen wurde, hat ihr Kind schon
ohne meine Hilfe zur Welt gebracht.«
    Mit langen Schritten hasteten sie durch den
Abend. Im letzten Moment wich Ben einem Fuhrwerk aus, als er die Straße vor dem
Haus der de Havelbeers überquerte, ohne nach rechts oder links zu schauen.
    Â»Beruhigen Sie sich, Ruhland«, brummte er. »Sonst
muss ich erst Sie verarzten, bevor ich mich um Ihre Frau kümmern kann.«
    Die barschen Worte verfehlten ihre Wirkung nicht
– Ben zwang sich zur Ruhe und führte den Arzt wenig später zu Charlottes Zimmer.
Die junge Frau lag mit hochrotem Gesicht und schweißnassem Haar, das ihr in
Strähnen um den Kopf lag, in den Kissen. Die Spitze der weißen dünnen Decke, die
Sina über sie gebreitet hatte, war völlig zerdrückt, und Charlotte stöhnte nur
auf, als Dr. Monterey sich über sie beugte und sie ansprach.
    Â»Schnell – noch mehr heißes Wasser. Und Tücher.«
Er wedelte kurz mit der Hand und scheuchte Josy, die mit verstörtem Gesicht im
Türrahmen erschien, wieder fort. »Und dann hinaus mit euch. Bis auf dich.« Er
wandte sich an Sina. »Hast du schon mal eine Geburt mitgemacht?«
    Â»Ja, Doktor. Ich war bei Missis Charlottes ersten
beiden Entbindungen dabei.«
    Ernst sah der Arzt Sina an. Plötzlich bäumte die
Gebärende sich auf, die Augen weit aufgerissen, und stieß einen unterdrückten
Schrei aus. »Sina!«
    Â»Ich bin da.« Sina nahm Charlottes Hände und
drückte sie beruhigend. »Keine Angst, alles wird gut werden. Ich weiß es.«
Eindringlich sah sie Dr. Monterey an. »Das Kind kann nicht heraus«, flüsterte
sie. »Es ist höchste Zeit. Sie müssen es drehen und holen.«
    Â»Mhmm«, brummte Dr. Monterey und begann,
Charlotte behutsam zu untersuchen. Er sah deutlich, dass sie am Ende ihrer
Kräfte war. Die Schwarze hatte recht behalten – das Kind lag in Steißlage, das
hatte er ertasten können. Jetzt war höchste Eile geboten, denn das Baby drohte
noch im Mutterleib zu ersticken.
    Draußen vor der Tür ging Ben mit langen
Schritten auf und ab. Das Glas Portwein, das Zita ihm anreichte, trank er in
einem Zug leer, ohne ein Wort zu sagen. Immer wieder sah er zur Tür, durch die
nur leises Gemurmel drang, hin und wieder ein unterdrückter Schrei von
Charlotte.
    Â»Ich gehe hinein.« Zita, die ebenso mitgenommen
wirkte wie Ben, holte noch einmal heißes Wasser, das sie in das Zimmer der
Gebärenden trug.
    Dr. Monterey winkte sie zu sich. »Komm, hilf
mir.« Er hatte Charlottes Unterleib höher gelagert, versuchte alles, um das Kind
gesund aus dem Mutterleib zu holen. Es zerriss Charlotte fast vor Schmerz, als
er das Baby zu drehen versuchte – aber es

Weitere Kostenlose Bücher