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Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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aufgeschreckt
nach jahrelanger Ungestörtheit, flogen dicht an seinem Kopf vorbei. Ein paar
Ratten huschten mit hohem Quieken davon.
    Spinnweben zogen sich von der niedrigen Decke bis
zu dem wackeligen Tisch in der Mitte des einzigen Raums. Ben sah ein Regal an
der Wand, in dem immer noch einige Teller standen. Drei gesprungene Becher
fristeten ein tristes Dasein neben einem irdenen Krug, der ebenfalls zwei tiefe
Risse aufwies. Eine alte Öllampe stand auf dem Boden, doch Bens Hoffnung, dass
er sie entzünden könnte, erfüllte sich nicht. Auch fand sich keine Kerze. Durch
die schmalen Fenster drang noch das letzte Licht des frühen Abends herein, und
er ließ die Tür offen stehen, damit er sich weiter umsehen konnte.
    Was er entdeckte, machte ihm keine großen
Hoffnungen darauf, dass man die Hütte rasch wohnlich herrichten könnte: Es gab
kein Bett, nicht einmal einen Schemel, auf den man sich hätte setzen können. Der
Tisch wackelte, und als er den Krug hochhob, brach dieser endgültig entzwei.
Seufzend schaute Ben nach oben. Durch das schadhafte Dach konnte er den Himmel
sehen. Wahrhaftig kein behaglicher Schlafplatz.
    Ich werde Bretter kaufen müssen. Werkzeug. Ein
paar Decken. Und etwas Geschirr. Sonst können wir hier nicht einmal für eine
Woche hausen, ging es ihm durch den Kopf. Es ist im Grunde eine
menschenunwürdige Behausung. Aber wo sonst sollen wir hin?
    Sina trat ein. Obwohl sie nicht besonders groß
war, musste sie sich bücken, um nicht an den Türstock zu stoßen. »Viel Arbeit!
Aber das wird wieder.« Sie sah Ben aufmunternd an, und ein kleines Lächeln
spielte um ihre Lippen.
    Â»Das wird nie ein gescheites Haus«, meinte Ben
niedergeschlagen. »Ich kann nur versuchen, es notdürftig instand zu setzen,
damit wir wenigstens ein festes Dach über dem Kopf haben, wenn’s regnet. Aber
ich fürchte, es lohnt nicht, viel Arbeit hineinzustecken.«
    Â»Ich helfe.« Sina ging in eine Ecke und hob einen
alten Lappen auf, an dem Ratten und Mäuse genagt hatten. Mit Schwung fegte sie
ein paar Spinnweben fort, ebenso die dicke Staubschicht, die den Tisch
bedeckte.
    Â»Lass es, Sina«, winkte Ben ab, der aufs Neue von
tiefer Niedergeschlagenheit erfasst wurde. »Das bringt doch nichts. Am besten
vergesse ich all meine Pläne.«
    Â»Welche Pläne?« Ihre großen dunklen Augen sahen
ihn fragend an. Jetzt, da der ängstliche Ausdruck aus ihrem Gesicht gewichen
war, bemerkte er erneut, wie ebenmäßig und zart ihr Gesicht war. Diese Wimpern,
die die dunklen Augen umkränzten …
    Â»Ach, alles Unsinn. Träumereien.« Er trat über
die Türschwelle vor das Haus und lehnte sich dann ermattet an das Fuhrwerk. Auf
einmal spürte er jeden Knochen im Leib. Seine Augen brannten, Sand und Staub
machten ihm das Atmen schwer, klebten auf der Zunge und knirschten zwischen den
Zähnen.
    So viel Mühsal. Jahre voller Entbehrung – alles
umsonst. Hier gab es nichts, auf das er aufbauen konnte. Die Bretterhütte war
morsch, die Weinstöcke waren zum größten Teil abgestorben, im Brunnen gab es nur
Brackwasser. Nein, das waren keine guten Voraussetzungen für einen Start in
diesem fremden Land. Wenn er sich überlegte, was er alles anschaffen müsste, um
auch nur halbwegs menschenwürdig hier leben zu können, senkte sich die dunkle
Wolke noch viel tiefer über ihn. Seine Ersparnisse würden rasch zur Neige gehen,
und seine wenigen mitgebrachten Reben würden das trockene Klima nicht lange
überstehen, denn tagsüber brannte die Sonne heiß vom wolkenlosen Himmel, die
Nacht kam fast ohne Übergang, es wurde kühl und windig. Erst jetzt wurde ihm
bewusst, dass er fror. Aber es waren eher die innere Kälte und das Gefühl der
Verlassenheit, die ihm zusetzten.
    Ach, Großvater, jetzt verstehe ich dich, dachte
Ben und musste sich beherrschen, um ein trockenes Schluchzen zu unterdrücken.
Jetzt begreife ich, warum du nach Hause zurückgekommen bist. In diesem Land
konntest du nicht leben – erst recht nicht als alter, kranker Mann.
    Gedankenverloren sah er sich um. Ein paar
Rebstöcke standen zu seiner Überraschung in vollem Laub, und es hingen sogar
schon einige Trauben daran. Wie von einer unsichtbaren Macht gezogen, ging Ben
hinüber, zupfte eine Traube ab, kostete – und zuckte beinahe zusammen. Die
Beeren waren von unerwarteter Süße. Klein,

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