Im Herzen der Feuersonne
Röcke, lief
zu einem Hauseingang und brachte sich in Sicherheit.
»Nein!« Ben war nicht bewusst, dass er selbst es
war, der voller Panik aufschrie. Mit einem langen Satz war er bei der blonden
Fremden, stieà sie zur Seite â und wurde selbst von dem sich wie rasend
gebärdenden Pferd an der Schulter gestreift und zu Boden geworfen. Der Schmerz
nahm ihm für ein paar Augenblicke den Atem. Dunkle Punkte tanzten vor seinen
Augen.
Als er wieder zu sich kam, lag er im StraÃenstaub
â und blickte in sorgenvoll geweitete Augen von einem dunklen Blau, das an
Veilchen erinnerte. Die junge Dame hatte sich über ihn gebeugt.
»Seid Ihr verletzt?«, fragte sie. »Ich ⦠ich muss
Euch so sehr danken. Wenn Ihr nicht so beherzt eingegriffen hättet â¦Â« Sie biss
sich auf die Lippen. Es waren sanft geschwungene Lippen von zartem Rot, und ihre
Mundwinkel zitterten, das war das einzige Zeichen, das ihre Erregung
verriet.
»Keine Sorge.« Mit ein wenig Mühe kam er wieder
auf die Beine und klopfte sich den Staub von den Kleidern. »Macht Euch keine
Gedanken, mir ist nichts geschehen.« Als er bemerkte, dass seine Mütze noch auf
der Erde lag, bückte er sich â und stieà aus Versehen mit der jungen Frau
zusammen, die sich ebenfalls ein wenig vorgebeugt hatte.
»Ich ⦠es tut mir leid â¦Â«, stammelte er und
spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss.
»Aber ich bitte Euch â ich bin es, die dieses
unsanfte Zusammentreffen bedauern muss. Wobei ich Euch unendlich dankbar bin,
denn Ihr habt mich vor einem Unglück bewahrt. Dieses Pferd â¦Â« Sie sah sich nach
dem durchgegangenen Gaul um, den einige Männer inzwischen am Zaumzeug gepackt
und zur Seite geführt hatten. »Jedenfalls stehe ich tief in Eurer Schuld.« Sie
lächelte ihn an, und Ben spürte seinen Herzschlag. Was ist nur mit mir los?,
fragte er sich. Nie zuvor hatte er so empfunden. Nicht einmal damals, als er das
erste Mal mit Katrin zusammen gewesen war und sie sich ihm ganz hingegeben
hatte. In einem kleinen Schuppen auf dem elterlichen Hof war es gewesen, und für
lange Zeit war diese Nacht in der Erinnerung die schönste seines Lebens gewesen.
Aber jetzt ahnte er, dass es noch ein ganz anderes, noch gröÃeres Gefühl gab
â¦
»Ãbrigens, ich bin Charlotte de Havelbeer.« Wider
jede Etikette reichte ihm die schöne blonde Frau die Hand.
»Benjamin Ruhland.« Er wagte es nicht, ihre
Finger zu ergreifen, die in einem gehäkelten weiÃen Handschuh steckten.
»Verzeiht, meine Hände sind nicht sauber«, murmelte er entschuldigend und hatte
Mühe, seine Verlegenheit zu verbergen. »Ich habe Ware aufgeladen.« Mit einer
knappen Geste wies er zu seinem Fuhrwerk hin.
»Das macht doch nichts.« Sie lächelte, und
fasziniert sah er, dass sich ein kleines Grübchen in ihrer linken Wange bildete.
»Nochmals Dank, Mijnheer .« Ein leichtes Kopfnicken,
dann ging sie hinüber zu ihrer Begleiterin, von der sie gleich mit einem
Wortschwall überschüttet wurde. Mit klopfendem Herzen beobachtete Ben, wie
Charlotte den Kopf schüttelte und sich dann noch einmal nach ihm umsah. Ein
knappes, nur flüchtig angedeutetes Winken, dann verschwanden die beiden Frauen
in einem Hutmacherladen. Dort war auÃer den schlichten Hauben, die zu jeder
Tageszeit getragen werden konnten, aparter Kopfschmuck aus StrauÃenfedern, Tüll
und Seidenblumen ausgestellt. Dazu Pompadours, Handschuhe aus gehäkelter
Baumwolle und Seide, Haarkämme aus Schildpatt mit kostbarer Verzierung.
Ben versuchte noch, einen Blick ins Innere des
Geschäftes zu erhaschen, doch hinter den vielfältigen Waren im Schaufenster war
dies schwierig, konnte er kaum etwas erkennen. Ihr Name klang in ihm nach:
Charlotte de Havelbeer.
Ben wollte gerade seinen Platz am Schaufenster
verlassen, da sah er, dass Charlotte sich zum Fenster wandte. Als sie ihn
entdeckte, lächelte sie ihm zu, dann aber wandte sie rasch und mit zartem
Erröten den Kopf ab.
Auch Ben wurde verlegen. Noch einmal verbeugte er
sich leicht, dann ging er rasch zu seinem Fuhrwerk. Mit einem Satz war er auf
dem Kutschbock und gab den Pferden die Zügel wieder frei. Er kaufte bei einer
alten Frau noch zwei Hennen, damit sie Eier hatten. Sie band sie an den FüÃen
zusammen, und sie stieÃen ein lautes Gegacker aus. Die Alte warnte ihn noch, er
solle achtgeben, dass sie nicht
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