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Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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bereits
gepflastert worden, und hin und wieder sah Ben Arbeiter, die Steine von
Lastkarren abluden und damit die staubigen Wege ebneten. Die Abwässer flossen in
diesem Viertel in kleinen gemauerten Rinnsalen in der Mitte des Weges, und an
den beiden Hauptstraßen waren bereits Gehwege eingerichtet worden. Die vornehmen
Damen konnten so flanieren, ohne befürchten zu müssen, dass der Saum ihrer
kostbaren Kleider schmutzig wurde.
    Wie merkwürdig sind Städte wie diese, dachte Ben.
Gerade bin ich noch in einer anderen Welt gewesen, laut, voller Schmutz und
Lärm, und ein paar Straßenzüge weiter ist es so ruhig und so friedvoll.
    Auch war es in den vornehmen Straßen längst nicht
so stickig wie in den ärmeren Vierteln. Ben atmete tief durch. Wenn man hier
leben könnte!
    Eines der prachtvollsten Häuser, das drei
Stockwerke hoch aufragte und dessen Mauern von strahlendem Weiß waren, gehörte
Willem de Havelbeer, einem holländischen Kaufmann, der schon lange am Kap lebte
und hier höchst erfolgreiche Geschäfte gemacht hatte. Als die Holländer noch die
Herrschaft über diese Region gehabt hatten, war er einer der bedeutendsten
Männer der Gegend gewesen. Er besaß mehrere Segelschiffe, die bis ins ferne
Indien und in die Neue Welt fuhren, und er handelte mit allem, was einträglich
war – mit Gewürzen, Getreide, Holz, Stoffen und sogar mit Kautschuk, den er aus
dem südamerikanischen Urwald bezog, wie man sich voller Ehrfurcht erzählte. De
Havelbeer war ein großer, breitschultriger Mann mit dichtem weißem Haar. Seine
Gestalt allein wirkte achtunggebietend. Ben wusste viel über ihn durch die
Händler, mit denen er zu tun hatte, und so bildhaft, wie die Schilderungen
waren, hatte er den Kaufmann sofort erkannt, als er ihn einmal auf der Straße
gesehen hatte.
    Ben hatte sich auch nach dessen Tochter Charlotte
erkundigt. Er hatte sogar von ihr geträumt, als Sina zu ihm ins Bett geschlüpft
war. Er hatte es nicht gewollt, aber Sinas Körper hatte seine Leidenschaft
geweckt und jeden Gedanken an ein schlechtes Gewissen zum Schweigen
gebracht.
    Jetzt fuhr er an dem prachtvollen Haus vorbei, in
dem Charlotte lebte und in das gerade einige Lieferanten drängten. Er sah, dass
Blumengestecke gebracht wurden; ein Bäckerbursche hob ein paar große Körbe von
einem Handkarren. Drei Dienstboten – zwei Frauen in schwarzem Kleid, über dem
sie eine weiße, mit Rüschen verzierte gestärkte Schürze trugen, und ein Mann in
einer farbenprächtigen Uniform, die ein wenig an die der Franzosen erinnerte –
gingen zu einer Kutsche und holten Körbe und Kisten heraus. Ein großer Schwarzer
schleppte einige Fässer ins Haus.
    Schon hob Ben die Zügel an, um weiterzufahren,
als Charlotte unerwartet aus dem Haus trat. Das blonde Haar wurde am Hinterkopf
mit einem hellblauen Band zusammengehalten und fiel ihr weich bis weit über den
Rücken. Hellblau war auch das Musselinkleid, das sie trug. Der Ausschnitt war
dezent, unter der Brust hielt ein dunkelblaues Band, das mit einer großen Gemme
geschmückt war, den Stoff so zusammen, dass er ihr in leichten Falten bis zu den
Knöcheln fiel.
    Charlotte rief den Bediensteten etwas zu, das Ben
nicht verstehen konnte. Dann drehte sie den Kopf in seine Richtung, erkannte ihn
und lächelte.
    Â»Guten Tag!« Er tippte sich an die Stirn. »Hier
herrscht ja reger Betrieb!«
    Mit leichten Schritten kam die junge Frau näher.
»Mein Vater feiert seinen sechzigsten Geburtstag«, sagte sie. »Wir geben einen
Empfang und abends einen Ball.« Ein kurzes Zögern, einen Wimpernschlag lang nur,
dann fügte sie hinzu: »Habt Ihr nicht Lust, auch zu kommen? Ich würde mich
freuen.«
    Â»Aber …« Ben schüttelte bedauernd den Kopf. »Das
geht nicht. Ich … ich passe nicht in Eure Gesellschaft.«
    Charlottes helles Lachen erklang. »Meint Ihr
nicht, das zu entscheiden solltet Ihr lieber mir überlassen? Also, am Samstag um
siebzehn Uhr. Ich erwarte Euch!«
    Mit einem Satz sprang er vom Kutschbock und fuhr
sich nervös durchs dunkle Haar. »Charlotte … wisst Ihr, was Ihr da tut? Ich bin
nur ein armer Winzer, der sich etwas aufbauen will. Ich habe nicht mal …« Er
stockte. Nein, er würde ihr nicht gestehen, dass er nicht mal einen gescheiten
Anzug besaß! Bis Samstag würde sich etwas Angemessenes auftreiben lassen.

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