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Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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vielleicht
noch Peter, den Erstgeborenen, der ihm so ähnlich war. Ihm verzieh er alles.
    Aber Ben konnte, Ben durfte diese Reben, die ein
kleines Vermögen darstellten, nicht vernichten. Immerhin waren sie ein weiterer
Schritt auf dem Weg zum Erfolg von Hopeland .
    Im Hafen herrschte, wie erwartet, fieberhaftes
Treiben. Da das Wetter immer schlechter wurde, waren die Kapitäne besorgt um
ihre Schiffe. Oft schon war es vorgekommen, dass der Sturm das Meer so
aufgepeitscht hatte, dass leichtere Boote ans Ufer gespült worden waren wie
Zündholzschachteln. Eine neue, sichere Hafenanlage war schon lange geplant, doch
sie war immer noch nicht fertiggestellt worden.
    Im Schankraum des Rheinfels erfuhr er, dass Hanne mit Fieber zu Bett lag, doch ihre
junge Magd hatte in ihrem Auftrag alle Lieferungen angenommen und sicher im
Schuppen untergestellt.
    Â»Ich sag der Hanne noch rasch guten Tag«, meinte
Ben, nachdem er alles aufgeladen hatte. Erschöpft wischte er sich über die Stirn
und trank mit großen Schlucken das frische Wasser, das die blonde Magd ihm
reichte. Eine Suppe lehnte er ab, er hatte keinen Hunger. Ein Stück Brot sollte
ihm genügen.
    Â»Geht heute lieber nicht zu Hanne. Sie ist sehr
elend und schläft die meiste Zeit«, riet sie ihm und sah scheu zur Seite.
    Â»War ein Arzt bei ihr?«
    Â»Nein.« Das Mädchen, es sah aus, als wäre es
höchstens siebzehn, schüttelte den Kopf. Ihre kleine graue Haube, deren einziger
Schmuck ein schmaler Volant war, verrutschte ein wenig dabei. Sie errötete und
rückte sie sich rasch zurecht.
    Â»Dann hol einen. Mit Fieber ist nicht zu spaßen.
Hanne hat schon beim letzten Mal stark gehustet.« Er drückte der Magd einige
Münzen in die Hand. »Los, beeil dich. Ich warte hier.«
    Die alte Wirtin hatte ihn auf ihre raue Art ins
Herz geschlossen. Vielleicht, so dachte Ben manchmal, sieht sie in mir so etwas
wie den Sohn, den sie nie gehabt hat. Zumindest hatte sie nie von irgendwelchen
Verwandten erzählt. So wie sie auch darüber schwieg, warum sie vor mehr als
zwanzig Jahren in dieses Land gekommen war. Ben wusste nur, dass sie sich erst
als Landarbeiterin auf einigen großen Gütern durchgeschlagen hatte, ehe sie und
ihr Mann selbst einen Weinberg bestellt hatten. Diesen hatte er durch seine
Trunksucht durchgebracht, und sie hatten ihn verkaufen müssen. Mit dem Geld aus
dem Verkauf hatte sie diese Schenke eröffnet und führte sie mit strenger
Hand.
    Hanne war eine patente Person, die sich mit den
Jahren in der Hafengegend offenbar eine gewisse Achtung erworben hatte. Ben
hatte sie sehr gern, nicht zuletzt, weil sie ihm immer ein Gefühl von Heimat
gab, wenn er bei ihr war. Schon allein dass er mit ihr in seiner Muttersprache
reden konnte, tat der Seele gut.
    Es dauerte nicht lange, dann kam der Arzt, Dr.
van Hooven, ein Holländer. Er stellte bei Hanne eine Lungenentzündung fest. »Sie
braucht Ruhe. Ich hab ihr Medizin und ein paar Kräuter dagelassen.« Er schloss
seine Tasche. »Morgen komme ich wieder.«
    Ben sah ihn eindringlich an. »Wird sie es
schaffen?«, fragte er mit einem bangen Gefühl in der Brust.
    Â»Ich denke schon. Sie ist zäh.« Der Arzt, ein
kleiner, schmächtiger Mann, der etwas gebeugt ging, nahm seine Tasche und seinen
langen grauen Mantel, nickte Ben zu und verließ das Wirtshaus. Er war seit Tagen
kaum zur Ruhe gekommen, denn das Fieber, an dem auch Hanne litt, raffte immer
mehr Menschen in der Umgebung dahin. Doktor van Hooven war der einzige Arzt weit
und breit, der auch zu den Ärmsten der Armen ging. Niemand, der Hilfe brauchte,
klopfte vergebens bei ihm an.
    Erleichtert sah Ben dem alten Holländer nach. »In
zwei Wochen komme ich wieder«, erklärte er Nelly, der Schankmagd. »Kümmere dich
um Hanne. Ich verlasse mich auf dich.«
    Der Wind hatte aufgefrischt, die feuchte Luft vom
Meer zog ihm in die Knochen, als er nach draußen trat, und er beschloss, nicht
länger in der Stadt zu bleiben, sondern gleich wieder nach Hopeland aufzubrechen. Mit ein wenig Glück war er noch vor Einbruch
der Dämmerung zurück.
    Aber dann fuhr er doch nicht auf dem kürzesten
Weg heim, sondern machte einen Umweg zum vornehmsten Teil der Stadt mit seinen
eindrucksvollen Bauten – er wusste nicht, warum. Je mehr er sich dem Stadtkern
näherte, umso sauberer wurden die Straßen. Immer mehr Straßenzüge waren

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