Im Herzen der Feuersonne
Und
wenn er seinen letzten Golddukaten dafür ausgeben musste!
Ich weiÃ, warum er zögert, schoss es Charlotte
derweil durch den Kopf. Meine Einladung hat ihn verlegen gemacht, und er würde
sie gerne annehmen, aber er wagt es nicht. Was wird nur Papa dazu sagen?
Irgendetwas an diesem Ben Ruhland hat mir das Herz geöffnet. Er ist offen,
ehrlich, ganz anders als die Herren der Gesellschaft. Aufrichtig. Jedes
geschnörkelte Gehabe scheint ihm fremd zu sein. Und er ist ein hübscher Bursche.
Daran ändern nicht mal das billige Wams und die zerschlissene Hose etwas!
»Also, Ben Ruhland«, sagte sie mit verstecktem
Lächeln und wunderte sich selbst über ihren Wagemut. »Kann ich mit Euch
rechnen?«
»Ja.« Seine Stimme klang heiser, aufgeregt. »Ja,
ich werde kommen. Habt Dank für die Einladung.«
»Dann freue ich mich ganz besonders auf das
Fest.« Charlotte errötete und lächelte ihm noch einmal zu, dann drehte sie sich
um und ging zurück zu den Dienstboten, die neugierig zu ihr und Ben
hinübergestarrt hatten. Doch ein paar knappe Anweisungen der Tochter des Hauses
bewirkten, dass sie sich rasch wieder an ihre Arbeit begaben.
Die Wolken schoben sich immer stärker zusammen,
bald würde es zu regnen beginnen. Doch für Ben schien die Sonne an diesem Tag
heller als jemals zuvor. Bald würde er Charlotte wiedersehen, vielleicht sogar
beim Tanz ihre Hand berühren.
Es fuhren noch zwei weiter Fuhrwerke vor, die mit
Kisten und Fässern beladen waren. Es gab viel zu tun vor dem Fest, für
Getratsche war keine Zeit.
Allerdings hatte auch Charlotte kaum Zeit, ein
wenig zu träumen. Dabei wäre sie am liebsten hinauf in ihre Räume gegangen,
hätte sich ans Fenster gestellt und in Richtung Osten geschaut, dorthin, wo Ben
Ruhlands Weingut lag.
»Liebes, kommst du? Wir müssen noch das Leinen
sichten â und die Kerzen werden auch nicht reichen.« Die Stimme ihrer Tante
Helene holte Charlotte in die Wirklichkeit zurück.
»Ich komme schon!«, rief sie und beeilte sich,
hinüber in die kleiner Halle zu gehen. Dort, in dem Druchgang zum
Dienstbotentrakt, saà Helene Kreuvert, hielt eine Liste in der Hand und sprach
mit drei Hausmädchen, die noch einmal das Leinen bügeln, das Silber putzen und
ihre eigenen weiÃen Schürzen stärken sollten.
»Du bist zu streng, Tante«, lächerlte Charlotte.
»Es ist doch alles perfekt.«
»Noch lange nicht.« Helene schüttelte den Kopf.
»Komm und hilf mir bei der Tischordnung.«
Charlotte nickte. Und sie überlegte heimlich, wie
sie es schaffen sollte, Ben Ruhland in ihrer Nähe zu platzieren â¦
***
Â
»Wo wart Ihr so lange? Ich hab mir schon Sorgen
gemacht!« Sina, den bodenlangen Rock an der Seite hochgebunden, trat aus dem
Gemüsegarten. »Das Wetter schlägt um, es wird Regen geben.« Ja, die Wolken
schoben sich immer stärker zusammen, bald würde es zu regnen beginnen. Doch er
hatte gar nicht darauf geachtet, er musste an Charlotte denken und an die
Einladung und daran, dass er sie wiedersehen und dass er vielleicht sogar mit
ihr tanzen würde.
Als er heimkehrte, war es in der Stunde des
Tages, da sich die Sonne gen Westen neigte, erst den Tafelberg mit goldenem
Glanz einhüllte, um dann, in einem Meer von Gold und Rot im Wasser des Ozeans
unterzugehen. Durch die Wolken war es dunkler als sonst, die Luft war schwül und
schwer, doch ein letzter rotgoldener Schein lieà die Hütte auf seinem Land nicht
mehr ganz so armselig aussehen. Das Dach hatte inzwischen ordentlich
aufgenagelte Schindeln, das neue Fenster blinkte und blitzte im letzten
Sonnenlicht. Und die Reben ringsum ⦠sie trugen fast alle prachtvolles
dunkelgrünes Blattwerk, die alten Stöcke trugen sogar Trauben, die schon jetzt
von verheiÃungsvoller SüÃe waren.
»Hoffentlich regnet es nicht allzu heftig«,
murmelte Ben gedankenverloren. »Das wäre fatal für die Setzlinge. Hier, sieh
mal!« Er wies auf die Ladefläche, die fast vollständig mit den jungen Reben
bedeckt war.
»So viele neue Weinstöcke! Das ist sehr, sehr
gut, Master Ben! Wir werden den Hügel drüben zu Ende roden müssen. Dort wuchert
immer noch die Macchia.«
»Bei uns gibt es einen Landstrich im Norden, die
Heide. Dort blüht ganz viel Erika, auch Heidekraut genannt. Die Gegend sieht so
ähnlich aus wie die Landschaft da
Weitere Kostenlose Bücher