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Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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möglich sei, den kleinen Will zur
Schule zu schicken.
    Â»Hier in der Gegend?«, hatte die Schankwirtin
gemeint. »Willst du ihn zum Gespött der anderen Kinder machen? Die sich so viel
auf ihre weiße Haut einbilden und meinen, sie wären was Besseres?« Hanne hatte
sich bei diesen Worten in einer für sie typischen Geste eine graue Haarsträhne
aus dem Gesicht gepustet. Es schien, als sei das ihre Art, ihre Verachtung
auszudrücken.
    Fast drei Stunden dauerte es, dann hatte Ben sein
Ziel erreicht. Sein verletzter Arm begann wieder zu schmerzen, doch er achtete
nicht darauf. Sina hatte ihn gestern noch einmal verbunden, das Übrige würde die
Zeit besorgen.
    Er sah sich um. Dort, wo vor vier Monaten noch
Fynbos geblüht hatte und wo ein kleiner Agavenhain die ersten Hütten von Cape
Town schützte, standen neue, weiß gekalkte Steinhäuser in drei akkuraten Reihen.
Sie waren nur einstöckig, gehörten also nicht den reichen Kaufleuten oder den
englischen Diplomaten. Gewiss hatten sich neue Siedler hier niedergelassen.
    Langsam fuhr Ben weiter, dem Hafen zu. Jetzt, wo
es Sommer war, konnten die kleineren Schiffe in der Nähe des Castle of Good Hope landen. Im Winter war das kaum
möglich, dann mussten die Kapitäne versuchen, in Simons Town vor Anker zu gehen.
Die schweren Stürme, die um diese Jahreszeit um das Kap tobten, hatten schon
manches Schiff zerstört. Da war das Anlegen in Simon’s Town ungefährlicher.
    Eine Weile sah Ben dem geschäftigen Treiben zu.
Er entdeckte drei Schoner, die er kannte; etwas weiter draußen ankerten zwei
Kriegsschiffe der Englischen Marine. Soeben wurden einige Offiziere mit
Beibooten an Land gebracht und dort von einigen anderen Uniformierten mit
militärischem Gruß willkommen geheißen. Ben sah sich weiter um und bemerkte
einige Dutzend Hafenarbeiter, die die schweren Lasten von den Schiffen in
Lagerhäuser oder auf große Ochsenfuhrwerke schleppten; sie arbeiteten meist mit
nacktem Oberkörper. Die meisten von ihnen waren dunkelhäutig. Die breiten
Schultern und der muskulöse Brustkorb waren schweißbedeckt. Einige Weiße standen
dabei und trieben die Männer an. Als einer der Sklaven unter der Last eines
Sackes zusammenbrach, schlug einer der Weißen auf den am Boden Liegenden
ein.
    Ben war versucht, vom Kutschbock zu springen und
einzuschreiten, doch im letzten Moment bemerkte er einen der Offiziere, der mit
gezogenem Degen auf den Sklaventreiber zuging und etwas sagte. Ben konnte die
Worte nicht verstehen, aber gleich darauf ließen zwei Schwarze ihre Lasten
fallen und halfen dem Mann auf.
    Und dann bemerkte er, dass von einem Dreimaster
hohe Tannen abgeladen wurden. Es waren wohl ein Dutzend der Nadelbäume. Sie
waren mit Stricken zusammengebunden, und doch … es waren heimische Tannen!
    Ja, daheim ist jetzt Winter, schoss es Ben durch
den Kopf. Sicher liegt schon allenthalben Schnee. Er dachte an die Winter seiner
Kindheit. Im Ofen schmurgelten Bratäpfel, an den Sonntagen gab es Lebkuchen …
wenn der Vater es erlaubte! Ach, wie oft hatte die Mutter Ben heimlich etwas
zugesteckt, weil er doch so gern Süßes aß …
    Wieder einmal wollte das Heimweh in ihm
aufflammen, doch er schüttelte diese Empfindung ab. Hier, am Kap der Guten
Hoffnung, war jetzt seine Heimat! Die afrikanische Erde, die gerade in diesem
Landstrich wie geschaffen war für den Weinanbau, würde ihn – und vielleicht auch
seine Nachkommen – ernähren! Die Heimat seiner Kinderzeit, die gab es für ihn
nicht mehr!
    Rasch wandte er den Blick von den Tannen ab, die
soeben auf ein besonders breites Lastfuhrwerk geschleppt wurden. Er wendete
seine Pferde und beschloss, erst einmal zu Hanne zu fahren, bevor er einige
Einkäufe tätigte.
    Aus einer kleinen Gasse, die berüchtigt dafür
war, dass es hier besonders billige Huren und gepanschten, mit Absinth
versetzten Schnaps gab, torkelte eine Gestalt, die Ben nur zu gut kannte –
Olivier, der bärenstarke Matrose von der Parisienne .
Aber er hatte das Schiff nicht gesehen. Ob Olivier auf einem anderen Kahn
angeheuert hatte? Möglich war es, denn in der letzten Zeit, als Ben noch auf dem
Schiff gewesen war, hatte Olivier häufiger Auseinandersetzungen mit Henry
Gardener, dem Zweiten Offizier, gehabt. Der Zweite hatte Olivier mehrmals beim
Saufen erwischt, er hatte die Wache verschlafen und sich einmal gar an einem
Fass

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