Im Herzen der Feuersonne
nichts
Ernstes«, murmelte er dann. »Sie steht so viel höher als ich ⦠So reich, so
schön, so klug ⦠Wir gehören nicht zusammen. Mir ist das sehr wohl bewusst.«
Hanne tätschelte seinen Arm. »Ich bin mit der
Zofe von Helene Kreuvert recht gut bekannt«, erzählte sie. »Von ihr weià ich,
was im Haus der de Havelbeers los ist. Dass die schöne Charlotte nur noch von
dir spricht. Und dass sie böse auf ihren Vater ist, weil er ihr das Zusammensein
mit dir verbieten will.« Sie zwinkerte ihm zu. »Du hast dir ein Goldfischchen
geangelt, Jungchen!«
Ben winkte ab. »Nein. Ihr Reichtum hindert mich
ja gerade daran, mich ihr zu nähern. Dieses Vermögen ⦠es steht zwischen uns.
Glaubt mir, mir wäre wohler, Charlotte wäre von meinem Stand. Dann gäbe es auch
nicht diese Zwistigkeiten mit ihrem Vater.«
»Ach, mein Jungchen!« Hanne sah ihn mit einem
fast mütterlichen Lächeln an. »Aber jetzt komm mit, es wird Zeit, dass wir uns
auf den Weg machen.« Sie wandte sich an die Schankmagd. »Geh wieder runter und
hilf dem Kleinen. Ich komme schon zurecht.«
Auf der StraÃe bot Ben ihr den Arm und führte sie
ein paar Ecken weiter bis zu der kleinen Kirche, die sich kaum von den anderen
Häusern in dieser Gegend unterschied. Zwei Stockwerke hoch war das Gebäude. Es
besaà keinen Turm, nur einen kleinen Aufbau, auf dem ein Kreuz angebracht worden
war. Zwei bunte Fenster lieÃen gedämpftes Licht in den Raum, in dem zu dieser
Messe Dutzende von Kerzen brannten und ein sanftes Licht verströmten.
Ben zögerte. Er war schon eine Ewigkeit nicht
mehr in der Kirche gewesen â es konnte nicht schaden, den Herrgott um weiteren
Beistand zu bitten. Er blieb ganz hinten an der letzten Bank stehen, während
Hanne in ihrem Sonntagsstaat bis ganz nach vorn ging.
Am Altar brannten schon zwei Kerzen an einem
groÃen Adventskranz, der mit dicken roten Schleifen geschmückt war. Und wieder
stieg in Ben die Erinnerung an zu Hause auf. Welten lagen zwischen seiner Jugend
im Rheingau und dem Leben, das er jetzt führte! Wie viel hatte er erlebt in
diesen letzten Jahren! Es hatte harte Monate auf dem Meer gegeben, Tage voller
Freude und Lust in den verschiedenen Häfen. Dann gab es Nächte, in denen er mit
seinem Los gehadert hatte â vor allem dann, wenn die Erinnerung an Katrin ihn
wieder einmal quälte. Katrin, die ihn so schändlich hintergangen hatte, indem
sie sich mit seinem Bruder einlieà und sich mit ihm, dem Hoferben, verlobte.
Und immer, immer war es um Geld und um Macht
gegangen! So wie vor einigen Tagen, als er diesen üblen Zusammenstoà mit Albert
Lammersburg gehabt hatte. Macht. Besitzgier. Reichtum und Anerkennung â dafür
waren die Menschen bereit, alles zu tun. Einige schreckten nicht einmal vor Mord
zurück. Ob Lammersburg zu diesen skrupellosen Menschen gehörte? Das, was er
bisher durch ihn erfahren hatte, lieà darauf schlieÃen.
Ben straffte sich.
Ich will reich werden. Unabhängig und mächtig.
Aber ich will auch gerecht bleiben, nahm er sich vor. Nie soll jemand vor mir
zittern müssen â was immer ich in diesem Land noch schaffen und bewegen
werde!
***
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»Himmel, was soll das denn? Seid ihr nicht ganz
gescheit?« Sina sah händeringend zu, wie zwei schwerbeladene Fuhrwerke vorfuhren
und die zwei schweren Kaltblüter des ersten Gespanns und die beiden Ochsen, die
vor das zweite Fuhrwerk gespannt worden waren, mit dampfenden Leibern stehen
blieben.
»Hör auf zu keifen, du dummes Ding. Ruf lieber
rasch deinen Herrn her, der hat das alles bestellt!« Der Kutscher des
Ochsengespanns, ein alter Fuhrknecht mit langem grauen Bart und schütterem
Haupthaar, sprang vom Bock und legte ein paar Holzklötze hinter die Räder des
Lastkarrens. »Gleich kommen noch zwei Fuhren, bis dahin muss das hier abgeladen
sein.«
»Ach, Ihr seid schon da!« Ben kam aus dem
ältesten Teil des Weinbergs, wo er gerade nach den neuen Trieben geschaut hatte.
Spätestens in zehn Tagen würden sie so weit gewachsen sein, dass er sie
hochbinden musste. »Ich hatte Euch erst am Nachmittag erwartet.«
»Dann wird es zu spät, um noch alles abzuladen.«
Der alte Fuhrmann sah Ben fragend an. »Wohin soll denn alles?«
Ben wies zu einem Plateau etwa zweihundert Meter
entfernt. »Dort hab ich schon alles gerodet und so weit geebnet,
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