Im Herzen der Feuersonne
einzutreten.
Zita klopfte kurz an und öffnete im selben
Augenblick weit die Tür. »Mister Ruhland ist da«, meldete sie.
»Ben! Wie gut, dass Ihr da seid! Kommt herein!«
Helene Kreuvert, die in einem Sessel neben Charlottes Bett gesessen hatte, stand
auf und streckte ihm die Hand entgegen.
Unsicher machte Ben einige Schritte ins Zimmer.
Er hatte kaum einen Blick für die Eleganz, mit der der Raum ausgestattet war, er
sah nur das Bett und die zarte Gestalt mit den fieberheiÃen Wangen und den
langen blonden Haaren, die über die beiden spitzenbesetzten Kissen fielen.
»Charlotte!« Er griff nach der heiÃen Hand und
zog sie an die Lippen. »Sieh mich an, liebste Charlotte! Ich binâs â Ben.«
Drang seine Stimme überhaupt zu ihr? Spürte sie
seine Nähe?
Hilflos drehte Ben sich zu Helene um, die hinter
ihm stand. »Was soll ich tun?«, fragte er leise.
»Sprecht mit ihr, lasst sie spüren, dass Ihr in
ihrer Nähe seid.« Helene legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich weiÃ, dass
Charlotte Euch liebt, und die Angst, Euch zu verlieren, hat sie krank gemacht. â
Nein«, sagte sie nach einer kleinen Pause, »das allein ist es wohl nicht, sie
hat sich erkältet und hat dann noch in den feuchten Sachen geschlafen.« Ein
kleiner Seufzer begleitete diese Worte. »Das dumme Kind! Sie hat so wenig
Vertrauen in die Liebe! Aber das wird sie noch lernen, glaubt mir!«
»Ich werde immer zu ihr stehen!«, versicherte Ben
voller Inbrunst. »Wenn es nach mir geht, gibt es nichts, das uns trennen kann.«
Ben beugte sich wieder zu der Kranken nieder, streifte mit den Lippen ihr Haar
und flüsterte: »Charlotte, wenn ich hoffen dürfte, Euch für immer an meiner
Seite zu haben, wäre ich der glücklichste Mensch auf der Welt.« Wieder zog er
ihre Hand an die Lippen. »Schau mich an, Charlotte, Liebes ⦠Bitte, öffne die
Augen.« Wieder war er ins vertraute Du übergegangen.
Doch nur ein Zucken ihrer Finger war zu spüren,
Charlotte zeigte keine Regung.
Nachdem er fast eine Stunde so bei ihr gesessen
hatte, fielen ihm Sinas Kräuter ein. Verlegen nahm er das billige Leinensäckchen
und die Paste aus der Jackentasche und reichte es Helene Kreuvert. »Wenn der
Arzt mit all seinem Wissen nichts ausrichten konnte â vielleicht versucht Ihr
das. Sina, eine junge Frau, die mir auf dem Gut hilft, hat die Kunst,
Heilkräuter zusammenzustellen, von ihrer GroÃmutter gelernt. Brüht einen Tee
auf, dann soll Charlotte alle drei Stunden davon trinken.«
Misstrauisch sah Helene Kreuvert ihn an. »Glaubt
Ihr wirklich, dass diese Kräutermischung mehr bewirken kann als die Medizin
unseres Arztes?«
Ben zuckte knapp mit den Schultern. »Ich weià es
nicht. Ich weià nur, dass Sinas Trank mir sehr geholfen hat. Und auch die Salbe
hat groÃe Heilkraft. Die Wunden entzünden sich nicht, das hab ich selbst
erlebt.«
Zita hatte das kleine Säckchen schon an sich
genommen und wandte sich zur Tür. Helene sah ihrer Zofe nach, die in der offenen
Tür stehen blieb.
»Wir viel wissen, Madame«, sagte Zita und roch an
den Kräutern. Dann zog sie die Tür leise hinter sich zu.
Helene Kreuvert selbst übernahm es wenig später,
der Kranken die erste Tasse einzuflöÃen. Drei Stunden später, der Abend hatte
sich über die Stadt gesenkt, gab Benjamin ihr davon zu trinken. Helene war in
einem der Sessel eingeschlafen. Dicht neben ihr hockte Zita auf einem Schemel
und wandte den Blick nicht von Charlotte und Ben.
Der junge Winzer hielt immer noch Charlottes Hand
in der seinen, streichelte die heiÃe Haut und wartete verzweifelt auf eine
Regung. Doch Charlotte wand sich nur weiter im Fieberwahn. Sie stieÃ
unterdrückte Schreie aus. Doch zu Bewusstsein kam sie nicht.
Es war kurz vor Mitternacht, als es herrisch an
der Tür klopfte, und im nächsten Augenblick stand Willem de Havelbeers breite
Gestalt im Türrahmen. »Ich hab gehört, dass Ihr es gewagt habt, mein Haus zu
betreten«, stieà er grollend hervor und ging drei Schritte auf das Bett zu.
Ben war aufgestanden, er fühlte sich hilflos und
schuldig zugleich. Doch noch ehe er etwas sagen konnte, war Helene Kreuvert
neben ihn getreten.
»Ich habe ihn holen lassen, Willem«, erklärte sie
mit gedämpfter Stimme, doch mit entschlossener Miene. »Dein einziges Kind kämpft
mit schwerstem
Weitere Kostenlose Bücher