Im Herzen der Feuersonne
Fieber, und wenn sich nicht bald eine Besserung einstellt, müssen
wir mit dem Schlimmsten rechnen!« Willem zuckte zusammen, doch sie fuhr
ungerührt fort: »Da der Arzt mit seiner Weisheit am Ende ist, müssen wir zu
anderen Mitteln greifen, um Charlottes Lebenswillen zu stärken. Und das kann nur
ein Mensch: Ben Ruhland.«
Willem senkte den Blick, widersprach aber
nicht.
Helene Kreuvert wies auf die Kranke, die sich
wieder unruhig in ihren Kissen hin und her warf. »Jetzt ist nur eines wichtig:
Charlotte. Deine albernen Vorurteile und dieser Standesdünkel, den ich bislang
gar nicht an dir kannte, interessieren nicht.« Sie sah ihren Bruder eindringlich
an. »Ich warne dich, Willem, setze nicht das Leben deines Kindes aufs
Spiel.«
Nie zuvor war es vorgekommen, dass Helene die
Autorität ihres Bruders im Beisein von Domestiken untergraben hatte. Doch jetzt
störte sie sich weder an Zitas Anwesenheit noch daran, dass Ben im Grunde ein
Fremder war. All ihr Trachten war darauf ausgerichtet, Charlottes Gesundheit
wiederherzustellen.
»Was wagst du â¦Â« Willem wollte aufbegehren, doch
in diesem Moment bäumte sich Charlotte auf. »Ben!« Ihr unterdrückter Schrei lieÃ
jeden im Raum zusammenzucken.
Sofort war der junge Winzer bei ihr und legte die
Arme schützend um die schlanke Gestalt. »Ich bin da«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Und ich verlasse dich nicht mehr, mein Liebes.« Beinah beschwörend klangen
diese Worte, wirklich â Charlotte atmete ruhiger, lieà sich in die Kissen
zurückgleiten und schlug sogar kurz die Augen auf. Sie sah nur Ben an, lächelte
auf so wehe Weise, dass Zita, die dies beobachtete, Tränen in die Augen stiegen.
Dann schlief Charlotte wieder ein.
Diesmal jedoch war es ein ruhiger Schlaf, der ihr
Genesung schenken sollte.
***
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»Ihr müsst zusehen, dass Ihr bis morgen alles
aus der Hütte hinausgeschafft habt, Mister Ruhland.« George Greenfield, der
Erste Zimmermann, wies hinüber zu Bens kleinem Haus. »Dort soll ja Euer neuer
Weinkeller entstehen.«
»Ja, Ihr habt recht, wir müssen endlich alles von
dort ins neue Haus räumen.« Ben blickte voller Stolz zu dem zweistöckigen
Gutsgebäude hin, das bereits seiner Vollendung entgegensah. Seit zwei Monaten
wurde daran gebaut. Das Fundament war aus Stein, ebenso der untere Teil und das
erste Stockwerk. Danach kam ein zweites Stockwerk aus Holz, das war günstiger,
hatte Ben errechnet.
Er hatte sich zunächst gescheut, das Darlehen
anzunehmen, das Helene Kreuvert ihm angeboten hatte. Doch dann sah auch er ein,
dass Charlotte unter keinen Umständen in einer ärmlichen Hütte leben konnte,
wenn sie eines Tages seine Frau geworden war. Sie brauchte eine elegante
Umgebung, sie brauchte Räume, die groà und hell waren, die sie nach eigenem
Geschmack einrichten und wo sie eines Tages auch Gesellschaften geben konnte,
so, wie sie es von daheim gewohnt war.
Und so war ein Gutshaus gebaut worden, das zwar
nicht an die Pracht von Groot Constantia oder Stellenbosch heranreichte, und auch mit den eindrucksvollen
Steinhäusern der reichen Handelsherren in Kapstadt konnte es sich nicht messen,
aber es war weitläufig, besaà zehn Zimmer, einen Anbau zur Westseite hin, wo
sich die Küchenräume befanden, und eine Terrasse nach Osten und nach Süden; drei
Stufen sollten einmal in den Garten hinabführen. Jetzt war dieser Garten nichts
als Wildnis, Unkraut wuchs hier, Disteln und Wildblumen. Aber auch das würde
bald anders werden.
Am nördlichen Ende des Besitzes, dort, wo die neu
angelegten Weinberge begannen, standen schon zwei Hütten, die sich die Schwarzen
selbst gezimmert hatten. George wollte ihnen aber mit seinen Leuten drei weitere
kleine Häuser bauen. »Ihr werdet noch mehr Leute einstellen müssen, denke ich«,
hatte er zu Ben gesagt. »Und da wir schon mal da sind und da auch noch
Baumaterial vorhanden ist, könnten wir alles gleich aufbauen.«
Im Geist hatte Ben seine Barschaft überschlagen â
ja, es war noch etwas übrig von dem Geld der groÃzügigen Helene Kreuvert. Also
konnten auch diese kleinen Häuser noch gebaut werden! Manchmal schwindelte ihn,
wenn er sich auf seinem Land umsah. Wie sehr sich alles verändert hatte! Das
Wohnhaus war noch nicht geweiÃelt, das Dach noch nicht ganz abgedichtet. Drei
von Georges Männern kletterten gerade auf den
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