Im Herzen der Feuersonne
Charlotte wissen. »Wo
habt Ihr bisher gearbeitet?«
Als Thabo kurz zögerte, ergriff Ben das Wort.
»Das erkläre ich dir später«, meinte er. »Für jetzt nur so viel: Thabo hat
einiges erlebt, was nicht sehr angenehm war. Er hat für Lammersburg gearbeitet
und â¦Â«
»Das erklärt einiges«, warf Charlotte ein. »Nun,
geh doch erst einmal mit Sina in die Küche und lass dir dort eine Erfrischung
geben.«
Ben nahm sein Pferd kürzer am Zügel, dann winkte
er einen der jungen Burschen, die gerade vorübergingen, zu sich. »Kofi, kümmere
dich um die Pferde. Gut abreiben und langsam saufen lassen. Dann gib ihnen Heu
und etwas von dem Hafer, der vorige Woche geliefert wurde.«
»Ja, Master Ben.«
»Sina, ist noch Zitronenlimonade da?«, fragte
Ben.
»Natürlich. Soll ich euch eine Karaffe
bringen?«
»Wir nehmen sie gleich mit. Kümmere du dich um
Thabo.« Ben nickte dem neuen Mitarbeiter zu. »Lass dir von Sina was Ordentliches
zu essen geben. Ich komme gleich zurück.« Er nahm den Krug mit Limonade, den
Sina aus dem Vorratsschrank geholt hatte, und stieg mit Charlotte in den ersten
Stock hinauf, wo er sich im Wohnzimmer aufseufzend in einen der mit blauem
Chintz bezogenen Sessel fallen lieÃ.
»Dieser Lammersburg ⦠man sollte ihn vor Gericht
bringen«, knurrte er, bevor er einen tiefen Schluck von der Limonade nahm, die
Sina nach einem Rezept von Charlottes Tante zubereitete. »Thabos Mutter musste
schon bei seinem Vater schuften; der hat sie dann an einen versoffenen Iren
verschachert, und der hat sie sogar geheiratet. Als sie zum dritten Mal
schwanger war, hat er sie beim Kartenspiel verloren â wieder an den alten
Lammersburg. So ist Thabo dort aufgewachsen, und wenn auch nur die Hälfte von
dem stimmt, was er mir erzählt hat, muss er die Hölle auf Erden erlebt haben.
Vor einigen Wochen hat er ein Pferd gestohlen und ist geflohen.« Er strich sich
über die Stirn. »Du weiÃt, was das heiÃt â er ist vogelfrei und so gut wie tot,
wenn man ihn findet.«
»Und trotzdem willst du ihn hier arbeiten
lassen.«
»Gerade weil er ein so grausames Schicksal hinter
sich hat. Ich werde ihm Lohn zahlen wie jedem anderen auch, der auf Hopeland arbeitet.« Er straffte sich und legte die
Hand zärtlich an Charlottes Wange. »Vielleicht erkennt ihn ja auch niemand. So
viel Besuch bekommen wir ja nicht.«
»Ach Ben ⦠das glaubst du doch selbst nicht!
Dieser Thabo fällt auf! Er ist groà und recht hellhäutig, das unterscheidet ihn
von den anderen Gutsarbeitern.«
»Wir werden sehen. Aber jetzt lass uns nicht mehr
darüber reden. Zeig mir, was du alles geschafft hast, während ich fort war.«
Charlotte lachte und schmiegte sich an ihn.
»Willst du die Schränke durchsehen? Ich hab nur Wäsche eingeräumt. Und ein paar
Kleider natürlich.«
»Ein paar Kleider«, neckte sie Ben. »Du hast mehr
als alle Frauen zusammen, die ich je getroffen habe.«
»Schlimm?« Sie legte lächelnd den Kopf
schräg.
»Aber nein. Ich hab nur immer noch Angst, dass du
hier auf Hopeland nicht glücklich wirst. Du bist
etwas Besseres gewohnt â¦Â«
»Nicht schon wieder! Ich liebe dich, Ben Ruhland!
Das hab ich dir bei unserer Hochzeit zu Ostern geschworen. Und auch, für immer
an deiner Seite zu sein!«
»Ich liebe dich!« Er zog sie an sich und küsste
sie lange und leidenschaftlich.
Lachend entwand sich Charlotte schlieÃlich seinen
Armen. »Wir müssen hinunter zu Sina und zu diesem Thabo. Du hast doch sicher
auch Hunger.«
»Ich hab Appetit«, raunte Ben ihr ins Ohr. »Aber
nicht auf das Essen von Sina.«
***
Â
»Schnell, Sina, lass Wasser aufsetzen. Und â¦Â«
Charlotte biss sich auf die Lippen, als eine neue Wehe sie zu zerreiÃen drohte.
»Lass Tante Helene herrufen.« Charlotte griff nach Sinas Hand. »Tut es immer so
weh?«
Sina, inzwischen siebenundzwanzig Jahre alt,
lachte leise. »Ich weià nicht, ob es immer so weh tut. Mich hatâs damals
förmlich zerrissen. Ich hab meinen Will ganz allein gekriegt, nur eine fast
blinde Sklavin hat mir geholfen. Sie hatte schon vier Kinder und wusste, was zu
tun war.«
»Arme Sina«, presste Charlotte mühsam hervor.
»Ach was, ich habâs überlebt. Das tun wir alle â
meistens«, fügte sie leise hinzu. »Schrei
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