Im Herzen der Feuersonne
ruhig«, mahnte sie dann. »Das tut dir
gut. Schrei den Schmerz hinaus, sonst platzen noch alle Adern in deinem Gesicht
und in den Augen.«
Charlotte Ruhland lag seit vier Stunden in den
Wehen. Ihre Schwangerschaft war ohne Zwischenfälle verlaufen; der Arzt war
zufrieden mit der Entwicklung des Kindes. Gerade war einer der Gutsarbeiter nach
Kapstadt geritten, um Dr. Monterey zu holen und um Helene Kreuvert darüber zu
informieren, dass die Geburt des ersten Kindes von Charlotte und Ben kurz
bevorstand. Ben hatte darauf bestanden, einen Arzt zu Rate zu ziehen, obwohl
Sina und Zita, Charlottes Zofe, der Ansicht waren, sie würden allein mit der
Situation fertig werden.
Zita hatte schon alles vorbereitet. Die Wiege,
ein wunderschön geschnitztes Stück, das Willem de Havelbeer bereits vor drei
Monaten gekauft hatte und das ganz mit weiÃem Batist ausgekleidet war, stand an
der Fensterseite des groÃen Schlafraums. Saubere Tücher, zwei groÃe Schüsseln
mit heiÃem Wasser â¦
»Das Wasser kannst du wieder auskippen«, meinte
Sina nach einer weiteren Stunde, als die Wehen immer noch nicht rascher
aufeinanderfolgten. »Es ist schon ganz kalt geworden.« Mit einem kleinen
Schulterzucken fügte sie hinzu: »Beim ersten Mal kann es dauern.«
Charlotte presste die Lippen aufeinander, um
nicht laut aufzustöhnen, als eine weitere Wehe sie überrollte. Wieder griff sie
nach Sinas Hand und presste sie so fest, dass es schmerzte.
Aber Sina lächelte nur und tupfte Charlotte den
Schweià von der Stirn. »Das wird schon«, meinte sie. »Bald hast du es
überstanden. Du musst tief durchatmen. Denk an etwas Schönes.«
»Hmm ⦠ich â versuchâs.« Und Charlotte dachte an
ihren Vater, der seine ablehnende Haltung Ben gegenüber aufgegeben hatte, seit
er wusste, dass er GroÃvater werden würde. Zwar verband die beiden Männer nicht
gerade ein freundschaftliches Verhältnis, doch ihr Vater war bereits dreimal auf Hopeland gewesen und hatte sich wohlwollend
umgesehen. Gesagt hatte er allerdings nichts, doch ein Lob aus seinem Munde zu
hören wäre wohl zu viel erwartet.
»Ben â¦Â« Charlotte sah zur Tür.
»Der sitzt unten und hat schon das dritte Glas
Wein getrunken«, meinte Sina lächelnd. »Lass ihn â das hier ist nichts für
Männer.«
»Aber Tante Helene ⦠Sie wollte doch kommen.«
»Sie ist gewiss schon auf dem Weg«, versicherte
Sina und stützte die Gebärende, als die sich aufbäumte vor Schmerz.
Kaum hatte Helene Kreuvert eine halbe Stunde
später den Schlafraum betreten, begannen die Presswehen. Als der Schmerz allzu
groà wurde, krallte sich Charlotte mit aller Macht in die Kissen. Sina knotete
ihr ein Stück Leinen zusammen, doch sie kam damit zu spät: Die Gebärende hatte
die kostbare Spitze schon zerrissen.
Der Arzt aus Kapstadt war noch immer nicht
eingetroffen, als die Geburt vorbei war. Erschöpft, aber mit einem glücklichen
Lächeln lag Charlotte in ihrem Bett. Das Kind war da â ein gesunder Junge, groÃ
und kräftig. Sein Stimmchen drang laut und unüberhörbar durch den Raum.
Eine Viertelstunde später ging Sina hinunter, um
Ben zu holen.
»Es ist ein wundervoller kleiner Kerl!« Sie
lachte und umarmte Ben. »Der Erbe für dein Gut!« Dann lieà sie ihn endlich ins
Zimmer, wo Charlotte ihm erschöpft, aber mit strahlendem Lächeln
entgegensah.
Zita und Sina hatten sie gewaschen, ihr ein
frisches Nachthemd angezogen und versucht, die feuchten Haare ein wenig zu
kämmen.
Zita hatte die Wiege gleich neben das Bett
geschoben. Und so lag das Neugeborene links von Charlotte, rechts lieà sich Ben
aufs Bett sinken, hob die Hände seiner Frau an die Lippen und küsste sie
andächtig. »Gott sei Lob und Dank«, flüsterte er. »Du bist gesund. Und â der
Junge auch?« Nur kurz sah er in die Wiege.
»Aber ja!« Charlotte lachte leise. »Es geht uns
beiden prächtig.« Sie schmiegte ihre Wange in Bens Hand, die rau und rissig war,
die jetzt aber zärtlich ihr Gesicht liebkoste. »Schau ihn dir an, er ist ein
Prachtkerl!«
»Stimmt. Aber was anderes hab ich von meinem
Patensohn auch nicht erwartet«, warf Tante Helene ein. »Ich werde doch Patin,
oder?«
»Sehr gern«, stimmte Ben rasch zu.
Helene nahm das Baby auf den Arm. »Na, mein
Kleiner, dann schau dir mal
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