Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
trug er hochgezwirbelt wie der Kaiser. Noch während sie überlegte, ob sie womöglich knicksen musste, ergriff der Baron ihre Finger zu einem angedeuteten Handkuss.
»Ich bin entzückt, Fräulein Maritz.«
»Sehr erfreut«, murmelte sie befangen. Wie hatte Herr von Faber gesagt? »Euer … Hochwohlgeboren.«
»Ach je, lassen Sie bloß diese unsinnige Anrede weg«, gab der Baron jovial zurück. Er verströmte einen schwachen, würzigen Geruch nach Zigarre. »Baron de Wolff reicht vollkommen.«
Dann wandte sich Berthold von Faber an den Herrn hinter ihm, einen schmalen rothaarigen Mann mit sommersprossigem Gesicht. »Und das ist Herr Konings aus Niederländisch-Indien, Baron de Wolffs Kompagnon.«
»Bent Konings.« Auch er beugte sich über Isabels Hand. »Zu Ihren Diensten, juffrouw .«
» Aangenaam , mijnheer Konings.«
Er hob erfreut die Brauen. » Spreekt u Nederlands?« Sie sprechen Holländisch?
»O nein, nein«, wehrte sie ab. »Nur einige wenige Floskeln. Aber da die Hälfte Neuguineas den Niederländern gehört, wollte ich vorbereitet sein.«
»Kennen Sie Stephansort, Fräulein Maritz?«, fragte Berthold von Faber. »Es wurde vor zwei Jahren gegründet und liegt ungefähr hundert Kilometer nördlich von hier an der Küste. Die beiden Herren besitzen dort eine große Tabakplantage.«
»Wir sind hier wegen Geschäfte.« Herrn Konings’ Deutsch hatte einen leichten holländischen Akzent, den Isabel durchaus charmant fand. »Wir möchten einige der Kanaker hier als Arbeiter – wie sagt man? – erwerben?«
»Anwerben«, korrigierte Isabel lächelnd.
»Danke.« Herr Konings lächelte zurück.
Baron de Wolff wandte sich an Bruder Lorenz. »Was meinen Sie, Pater: Wann können wir mit den Männern reden? Ich habe einiges an Tauschwaren für sie dabei.«
»Wozu die Eile?« Bruder Lorenz lachte gezwungen. Es war ihm anzusehen, dass er von den Plänen der beiden Herren nicht eben begeistert war. »Außerdem brauchen wir dafür unseren Dolmetscher. Für die Feinheiten der Jabim-Sprache reichen meine bescheidenen Kenntnisse nämlich nicht.« Er sah sich suchend um. »Wissen Sie zufällig, wo Noah steckt, Schwester Maritz?«
Isabel musste verneinen – sie hatte ihn zuletzt heute Morgen gesehen.
Bruder Lorenz runzelte die Stirn. »Er weiß doch, dass ich ihn hier brauche«, murmelte er so leise, dass nur Isabel ihn hören konnte. Und dann, etwas lauter: »Er wird sicher jeden Moment auftauchen. Darf ich Ihnen allen in der Zwischenzeit eine Erfrischung anbieten und unsere Mission zeigen?«
Dr. Weinland nutzte die Gelegenheit, um sich mit Isabel für eine kurze ärztliche Untersuchung in Conrads Hütte zurückzuziehen, wobei er natürlich alle Erfordernisse der Schicklichkeit beachtete und sie lediglich durch die Kleidung hindurch untersuchte. Das Ergebnis war zufriedenstellend: Bis auf eine leichte Malaria, die sie weiterhin mit der regelmäßigen Einnahme von Chinin behandeln sollte, fehlte ihr nichts. Auch die Stiche des Seeigels verheilten ohne Komplikationen.
Als sie kurz danach die Hütte verließen, trat Berthold von Faber auf sie zu, gerade so, als hätte er auf sie gewartet.
»Fräulein Maritz?« Er wirkte eigenartig befangen. »Dürfte ich Sie zu einem kleinen Spaziergang einladen?«
»Herzlich gern«, sagte Isabel erfreut, wenn auch leicht irritiert, und verabschiedete sich von Dr. Weinland.
Eine Weile gingen sie langsam und schweigend nebeneinander am Strand entlang – nah am Strandgebüsch, da es sich auf dem puderfeinen Sand, dessen Helligkeit geradezu blendete, nicht gut laufen ließ.
»Ich hoffe, Doktor Weinland ist mit Ihrer Gesundheit zufrieden?«, brach von Faber schließlich die Stille.
»Ja, das ist er.«
Sie tauschten ein paar weitere Höflichkeiten aus, bewunderten das leuchtend türkisfarbene Wasser sowie eine angeschwemmte farbenprächtige Koralle und sprachen kurz über die Arbeit der Missionare. Als das Strandbuschwerk bis dicht ans Wasser wuchs und sie wieder kehrtmachen mussten, blieb er stehen.
»Es ist wunderschön hier, nicht wahr?« Er fuhr sich mit einem Taschentuch über das schweißnasse Gesicht. »Verzeihen Sie, Fräulein Maritz, aber wäre es sehr indiskret, wenn ich Sie fragte, ob Sie schon Pläne bezüglich Ihrer Zukunft haben?«
»Nein, fragen Sie nur. Allerdings fürchte ich, Ihnen keine zufriedenstellende Antwort geben zu können. Ich versuche noch, mir über einiges klarzuwerden.«
»Sie haben also nicht vor, in nächster Zeit abzureisen?«
Sie
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