Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
zögerte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, ich denke nicht. Wieso fragen Sie?«
»Nun, weil …« Er wirkte immer fahriger. »Ich … Isabel – darf ich Sie so nennen, Fräulein Maritz?«
»Aber gerne.«
Er knetete sein Taschentuch, steckte es in seine Westentasche, um es sogleich wieder hervorzuholen. »Sie … Sie sind eine wundervolle Frau …«, brach es schließlich aus ihm heraus.
»Herr von Faber, ich bitte Sie …«
»Nein, nein, Isabel, lassen Sie mich weiterreden. Und nennen Sie mich Berthold.« Er atmete tief durch. Ein Schweißtropfen lief an seiner Schläfe entlang. »Seit Sie nach Simbang aufgebrochen sind, habe ich täglich befürchtet, dass Sie sich entschließen würden, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Aber nun, da Sie sich offenbar entschieden haben, noch eine Weile hierzubleiben … Ich weiß, dass es noch zu früh ist, schließlich haben Sie gerade erst Ihren Verlobten verloren und sind in Trauer, aber … ich kann einfach nicht mehr warten.« Er griff mit der unversehrten Rechten nach ihrer Hand, dann sank er langsam vor ihr auf die Knie. »Liebste Isabel, wollen Sie meine Frau werden?«
Für einen Moment konnte sie kaum atmen, so überrascht war sie.
»Bitte, Herr von Faber, stehen Sie auf!«, murmelte sie dann. Ihr schwindelte. Das alles war ganz und gar – unwirklich.
»Isabel, so sagen Sie doch etwas! Lassen Sie mich nicht im Ungewissen.« Berthold räusperte sich, und seine nächsten Worte klangen etwas weniger flehentlich. »Sie würden nicht die schlechteste Wahl treffen. Ich habe eine gute Position hier, und der Sold ist reichlich. Und wissen Sie, ich dachte … Sie waren ja noch gar nicht verheiratet, das heißt … möglicherweise könnten wir sogar auf das Trauerjahr verzichten.«
Sie blickte auf seine rechte, schweißfeuchte Hand, die die ihre hielt, auf die drahtigen schwarzen Härchen auf seinem Hand-und Fingerrücken, auf seine kräftigen, kurzen Finger. Eine starke, zupackende Hand, die sie beschützen und sie umsorgen würde.
»Warum zögern Sie? Ist es wegen meines fehlenden Arms? Finden Sie mich etwa … abstoßend?«
Sie hob den Blick, sah in sein rundes, offenes Gesicht mit der etwas zu groß geratenen Nase. »O nein, Berthold, ganz und gar nicht. Es ist nur …« Sie brach ab.
»Oder ist es wegen Henriette? Darüber müssen Sie sich keine Sorgen machen, Isabel. Ich bin sicher, dass sie sich von Herzen freuen wird, wenn ihr jüngerer Bruder endlich in den Hafen der Ehe einläuft.« Er sah sie erwartungsvoll an.
Isabel rang nach Worten. »Ich fühle mich zutiefst geehrt«, presste sie schließlich mit steifen Lippen hervor. »Und ich bringe Ihnen die allergrößte Sympathie entgegen. Aber … Sie haben recht: Das ist alles … zu früh. Conrad ist gerade erst gestorben. Ich … ich kann mich dazu noch nicht äußern. Bitte, Berthold, geben Sie mir Zeit.«
Ein zaghaftes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Dann darf ich also hoffen?«
»Wie ich schon sagte, Berthold, ich brauche Zeit … Und bitte, stehen Sie auf!«
Endlich ließ er ihre Hand los und erhob sich schwerfällig. An seinen Hosenbeinen haftete feinkörniger Sand.
»Sie machen mich sehr glücklich, Isabel. Ja, ich weiß, Sie haben sich noch nicht entschieden. Aber ich kann warten. Die Hoffnung wird mich tragen.« Er lachte verlegen auf. »Wissen Sie, ich hatte schon befürchtet – als er Sie so angesehen hat – und dann habe ich Sie auch noch lachen hören – da dachte ich schon, ich käme zu spät.«
Die Hitze schoss ihr in die Wangen. Meinte er etwa Noah? Aber nein, der war ja noch gar nicht aufgetaucht. »Von wem sprechen Sie, Berthold?«
»Von Doktor Weinland natürlich«, gab er leicht verwirrt zurück. »Und es ist ja auch nur verständlich. Er ist ein attraktiver junger Mann, mit zwei gesunden Händen und in einer verantwortungsvollen Position. Es hätte mich nicht gewundert, wenn Sie sich für ihn entschieden hätten.«
»Aber … ich kenne Doktor Weinland doch kaum.«
Berthold hob die Schultern in einer verschämten Geste, die diesen großen, ungelenken Mann plötzlich wie einen Schuljungen wirken ließ.
»Lassen Sie uns zurückgehen«, sagte er schließlich. »Nicht dass Pater Lorenz sich noch Sorgen um Sie macht.«
*
»Haben Sie jemals ein besseres Blatt gesehen?«, fragte Baron de Wolff, während er über ein großes Tabakblatt strich, das im Feuerschein golden schimmerte. »Keine großen Adern, von wunderbarer Elastizität, eine seidige Oberfläche.« Er
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