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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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aufgeregt.
    »War das Ihr Name? Hoe heet u? «, wiederholte sie leise.
    »Ik heet Jeroen« , sagte Noah mit dieser fremden Kinderstimme. »Wat … Wat hebt u met mama gedaan?«
    Dann krümmte er sich zusammen und begann leise zu schluchzen.
     

10.
    Während Isabel an einer geschmacklosen Wurzel knabberte, die ihr Frühstück darstellte, schärfte Noah mit dem Buschmesser das Ende eines mannshohen, schlanken Bambusstocks zu einem einfachen Speer. Er wirkte heute Morgen ungewohnt schweigsam und geistesabwesend. Erinnerte er sich an das, was heute Nacht vorgefallen war?
    Im Licht des erwachenden Tages erschienen Isabel die Ereignisse der Nacht unwirklich, als hätte sie alles nur geträumt oder sich eingebildet. Noah hatte bald wieder fester geschlafen und nicht mehr gesprochen. Isabel dagegen hatte noch lange wach gelegen und gegrübelt. Was hatte er bloß auf Holländisch gesagt? Irgendetwas mit seiner Mutter?
    Auch jetzt noch war ihr Kopf so voller Fragen, dass er schier zu platzen schien. Es ging nicht anders – sie musste Noah darauf ansprechen.
    »Sie haben heute Nacht im Schlaf geredet.«
    Er ließ Messer und Bambus sinken und hob den Kopf. Ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht. »Habe ich etwas Unanständiges gesagt?«
    »Das weiß ich nicht. Sie sprachen Holländisch.«
    »Ich spreche kein Holländisch.«
    »Heute Nacht schon. Erinnern Sie sich denn gar nicht?«
    Er nahm den Bambusstock wieder auf. »Sie müssen sich irren. Sie hatten Fieber, da kann man sich schon mal etwas einbilden.«
    So kam sie nicht weiter. Sie beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. Ihr Herz pochte laut.
    »Jeroen?« Sie sprach es genau so aus wie er gestern Nacht. Jerún .
    Er zuckte zusammen wie unter einem Schlag, ließ den halbfertigen Speer erneut sinken und sah sie an, als wäre sie ein Geist.
    »Was?« Seine Stimme klang plötzlich leicht krächzend.
    »Ich glaube, das war früher Ihr Name. Jeroen.«
    »Mein … Name?« Nur langsam gewann er seine Fassung zurück. »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Ich habe Sie gefragt. Heute Nacht.« Sie beugte sich vor und sah ihm in die Augen. »Sagt Ihnen dieser Name etwas?«
    Er wich ihrem Blick aus und starrte vor sich auf den Boden. Sie spürte, wie es in ihm arbeitete.
    »Woran erinnern Sie sich?«
    Er antwortete nicht.
    »Jeroen?«
    »Nennen Sie mich nicht so!«, fuhr er sie an. Erschrocken wich Isabel ein Stück zurück. »Das ist nicht mein Name. Mein Name ist Noah!«
    »Wollen Sie denn gar nicht wissen, was damals passiert ist?«
    »Vielleicht hat es einen Grund, dass ich es vergessen habe.«
    Meinte er das ernst?
    »Ein Satz ist mir noch im Gedächtnis geblieben«, sagte sie leise, dann bemühte sie sich, die Worte so genau wie möglich zu wiederholen. » Wat hebt u met mama gedaan . Ja, so haben Sie das gesagt. Wat hebt u met –«
    »Hören Sie auf! Hören Sie auf damit!«
    Er hatte das Messer fallen gelassen und presste sich die Hände auf die Ohren. Wie ein kleines Kind. Dann schlug er plötzlich eine Hand auf den Mund und verschwand zwischen den Büschen, die ihren Lagerplatz umgaben. Gleich darauf vernahm sie ein krampfhaftes Würgen. Als wäre ihm die Erinnerung auf den Magen geschlagen. Das war nicht geschauspielert.
    Sie stand auf. »Noah? Ist alles in Ordnung?«
    Er kam schon bald zurück, sichtbar mitgenommen.
    »Woran haben Sie sich erinnert?«
    Er antwortete nicht, sammelte nur wortlos ihre wenigen Sachen ein. Dann brachen sie auf.
    *
    Isabels Haut juckte vor Schweiß, jede Falte schien wundgerieben zu sein, und die Trageschnur des bilums , in dem sie ihren kärglichen Proviant trug, kratzte. Sie hielt sich dicht hinter Noah. Er hatte sie heute nicht mehr angebunden – entweder hatte er es vergessen, oder es war ihm nicht mehr wichtig. Und so schweigsam und gereizt, wie er heute Morgen war, wagte sie nicht, ihn anzusprechen.
    Er hatte abgestritten, Holländisch zu können, und doch hatte die Frage, die Isabel wiederholt hatte, bei ihm geradezu körperliche Schmerzen und Unwohlsein verursacht. Wie hatte die Frage genau gelautet? Sobald sie darüber nachdachte, drängte sich beharrlich das Bild von Herrn Konings vor ihr inneres Auge. Der arme Herr Konings mit seinem liebenswürdigen holländischen Akzent, der auf so furchtbare Weise gestorben war.
    Wieso musste sie nur immer wieder an den toten Pflanzer denken?
    Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, und überrumpelt von der plötzlichen Erkenntnis blieb sie stehen.
    Es war nicht nur die Frage

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