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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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geblieben. »Ich werde den Kâte einen Besuch abstatten.«
    »Die Kâte?« Diesen Namen hatte er doch vorhin bereits erwähnt. »Wer ist das?«
    »Ein Bergstamm, der nicht weit von hier lebt. Ich habe schon öfter mit ihnen gehandelt. Dabei kann ich Sie leider nicht mitnehmen. Aber es dauert nicht lange.«
    »Was soll das heißen – Sie können mich nicht mitnehmen?«
    Er ging um den Baum herum, an dem sie lehnte. »Dass Ihnen nicht gefallen wird, was ich jetzt tun muss.«
    Noch bevor sie verstehen konnte, was er damit meinte, hatte er ein Band aus Pflanzenfaser um ihren Körper geschlungen und sie an den Baum gefesselt. Dann packte er ihre Hände und band sie vor ihrem Körper zusammen.
    »Nein – nein, bitte nicht! Lassen Sie mich nicht …« Vielleicht konnte sie von diesen Kâte Hilfe bekommen. »Hallo!«, schrie sie. » Help! Hil–«
    Noahs Hand verschloss ihren Mund. Er sah sie mit einem schwer zu deutenden Ausdruck an, sein Gesicht ganz nah vor ihrem. »Sie sollten sich besser ruhig verhalten. Die Kâte mögen Menschenfleisch.«
    Schlagartig verstummte sie. Meinte er das ernst? Sie schmeckte salzigen Schweiß von seiner Handfläche.
    »Werden Sie nun ruhig sein, oder muss ich Sie auch noch knebeln?«
    Sie nickte hektisch und versuchte gleichzeitig den Kopf zu schütteln. Langsam nahm er die Hand von ihrem Mund.
    »Bitte«, bat sie, sie weinte fast. »Lassen Sie mich nicht allein!«
    »Ich bin bald zurück«, sagte er, dann griff er nach dem Hemd mit der sich schwach windenden Schlange darin und verschwand im Urwald.
    »Noah, nein, warten Sie, ich …«
    Panisch zerrte sie an ihren Handfesseln und dem Band um ihre Taille, versuchte, sich zu befreien, aber es ging nicht. Noch ein paar Mal versuchte sie es, dann gab sie es auf. Zumindest hatte er ihre Hände vorne gebunden, so dass sie sich den Schweiß abwischen und die allgegenwärtigen Moskitos verscheuchen konnte. Dennoch war es unbequem. Aber das war nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war, dass er sie tatsächlich allein gelassen hatte. Gefesselt an einen Baum, in der Nähe eines Stammes von Menschenfressern! Das würde sie ihm niemals verzeihen! Niemals, solange sie lebte.
    Sofern er überhaupt zurückkam. Was, wenn dieser kannibalische Stamm ihn nicht wieder gehen ließ, sondern ihn verspeisen wollte? Nein, Noah hatte gesagt, er habe schon öfter mit ihnen Handel getrieben.
    Wenn er sie nicht schon wieder angelogen hatte.
    Das Herz blieb ihr fast stehen, als ihr ein neuer Gedanke durch den Kopf schoss: Vielleicht gab es diesen Stamm ja gar nicht, und Noah hatte entschieden, sich ihrer auf diese Weise zu entledigen. Sie einfach hierzulassen, wo sie niemand finden würde, und sich selbst in aller Ruhe aus dem Staub zu machen.
    Sie schreckte zusammen, als ein blau schillernder Schmetterling sie wie trunken umflatterte und schließlich auf ihrem Rock landete. Tränen stiegen in ihr auf und rannen ihr über das Gesicht. Würde sie hier enden, allein in dieser Wildnis?
    »Komm zurück«, flüsterte sie. »Bitte.«
    *
    Als sie Noah nach einer endlosen Zeit aus dem schattigen Halbdunkel des Waldes auftauchen sah, schossen ihr erneut die Tränen in die Augen, aber diesmal war es vor Erleichterung. Und vor Wut. Er hatte sein Hemd wieder angezogen und hielt ein langes, metallisch glänzendes Messer in der Hand. Über der Schulter trug er ein mit mehreren Blätterpäckchen gefülltes bilum , das geknüpfte Tragenetz der Eingeborenen. Mit einem schnellen Schnitt durchtrennte er ihre Fesseln.
    »Geht es Ihnen gut?«
    Sie rieb sich die Handgelenke. »Sie … Sie …! Tun Sie das nie, nie wieder! Ich dachte, Sie kämen nicht mehr zurück und ließen mich hier verrotten!«
    »Aber ich hatte es doch versprochen.«
    Sie biss sich auf die Zunge, um nicht loszuschreien, und atmete drei Mal tief durch. »›Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht‹«, zitierte sie dann mühsam beherrscht den alten Spruch.
    Er ging nicht darauf ein. »Ich habe die Schlange gegen ein Buschmesser eingetauscht, das irgendwann einmal einem weißen Kolonisten gehörte. Und etwas zu essen habe ich auch mitgebracht.« Er zog ein Blätterpäckchen aus dem bilum und wickelte es aus.
    »Was ist das?«, fragte sie beim Anblick der gebratenen Fleischstücke misstrauisch.
    »Wildschwein«, erklärte er. »Eingetauscht gegen eine Handschelle. Ich habe ihnen erzählt, das sei ein besonders wertvoller Eisenschmuck.«
    Vorsichtig probierte sie. Es schmeckte

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